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Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Verhalten gewichen. Er wusste, wie mit ihr umzugehen war, wie Streit und größere Auseinandersetzungen vermieden werden konnten, versuchte auch jetzt, erst gar keine Ungereimtheiten entstehen zu lassen. »Du weißt doch, dass ich mich auf Frau Dr. Ohlrogges Geburtstag freue«, versicherte er deshalb.
    »Auf die Feier«, korrigierte sie. »Ihr Geburtstag ist schon längst vorbei. Sie hatte am 28. März. Leider war damals zu viel zu tun, ich habe es dir erklärt.«
    Er erinnerte sich nicht mehr daran, gab es aber nicht zu erkennen. »Du hast es erzählt, ja. Ihr seid mitten in den Vorbereitungen?«
    »Das kannst du laut sagen. Wir erwarten über hundert Gäste.«
    Braig holte tief Luft, versuchte, auf ein anderes Thema zu kommen. »Venedig ist wunderschön. Nächstes Jahr fährst du mit uns.« Er hatte sie am Abend der Rückfahrt noch angerufen, ihr außerdem eine Ansichtskarte geschickt. »Du hast unsere Grüße schon erhalten?«
    »Du hast geschrieben?«
    »Nur an dich.«
    »Du kannst dir doch denken, wie langsam die Italiener sind.«
    »Hauptsache, die Karte kommt an.« Er berichtete ihr von den Ausflügen, die sie unternommen hatten, versuchte, seinen Unfall vom Vorabend außen vor zu lassen.
    Sie hörte eine Weile zu, erinnerte dann an ihre Arbeit. »Ich muss noch zwei Berichte zusammenstellen. Dr. Ohlrogge will sie drucken lassen. Bis Freitag.«
    Braig verabschiedete sich, sicherte ihr nochmals zu, an der Feier teilzunehmen. Was auch immer an gesundheitlichen Problemen oder beruflicher Belastung in den nächsten Tagen auf ihn zukommen mochte; die Zeit musste er sich nehmen. Allein des Verhältnisses zu seiner Mutter wegen.
    Er verließ den Zug in Göppingen, lief die paar Schritte zur Geislinger Straße, deren Lage ihm Felsentretter erklärt hatte. Die Luft hatte weder an Temperatur noch an drückender Schwüle verloren; schon nach wenigen Metern lief ihm wieder der Schweiß von Stirn und Nacken. Er spürte die Schmerzen in seinem Kopf, kam von einem Schwindelanfall verursacht ins Taumeln, klammerte sich an der nächsten Hauswand fest. Sein Herz hämmerte, die Umgebung schien sich vor ihm zu drehen. Braig atmete tief durch, wartete, bis sich sein Kreislauf wieder beruhigt hatte. Es half alles nichts, er musste nach Hause, die Folgen des Unfalls auskurieren.
    Als er das Haus in der Geislinger Straße fast erreicht hatte, hörte er den heftigen Donnerschlag. Er schaute in die Höhe, sah eine dunkle Wolkenwand am westlichen Himmel. Höchste Zeit, überlegte er, vielleicht bringt das Gewitter Abkühlung.
    Braig betrachtete das Klingelbord des mehrstöckigen Hauses, fand den Namen
Demski
, drückte den entsprechenden Knopf. Der Türöffner wurde umgehend betätigt. Er stieg ins erste Obergeschoss, sah Felsentretter an der geöffneten Wohnungstür stehen.
    »Alles paletti«, empfing ihn der hoch aufgeschossene Kollege. Er streckte den Kopf leicht gebückt nach vorne, hatte Schwierigkeiten, unversehrt durch die Tür zu gelangen. »Beide haben unterschrieben.«
    Er klopfte Braig zur Begrüßung auf den Rücken, führte ihn in einen kleinen Raum, der von einem massigen halbrunden Sofa und einem überdimensionierten Fernseher fast vollkommen ausgefüllt wurde. Zwei etwa dreißigjährige Männer in knallbunten T-Shirts und kurzen Hosen lehnten auf dem Polster. Sie hatten das Zimmer noch nicht betreten, als der eine der beiden Männer, eine etwas klein gewachsene, auffallend dünne Gestalt, aufsprang und Braig im breitesten Schwäbisch begrüßte: »Mir hent nix mit dere Sache zu do.«
    Er verzichtete darauf, sich vorzustellen, da Felsentretter ihn offensichtlich angekündigt hatte, fragte stattdessen: »Mit welcher Sache?«
    »Hano, was der Wangbiehler wieder verbroche hat.«
    »Könnten Sie das bitte genauer erklären?«
    »Erkläre? Was soll i erkläre? I sag Ihne doch, i woiß nix davo.«
    Braig betrachtete den Mann skeptisch, hatte Mühe, den Geruch nach Schweiß, Bier und ungewaschenen Füßen, der mit stechender Schärfe in dem Zimmer lag, zu ertragen. »Was hat Wangbiehler getan?«, fragte er.
    »Mir wisset nix davo«, bekräftigte der Mann, aufgeregt mit den Händen durch die Luft wedelnd, »mir hent koi Ahnung, was Sie von dem wellet.«
    Braig erinnerte sich, die Stimme schon beim Anruf Felsentretters gehört zu haben, gab sich nicht zufrieden. »Wangbiehler war am Sonntag bei Ihnen. Was hatte er anschließend vor?«
    »Mir wisset’s net«, kreischte der Mann, »wie oft soll i des wiederhole?«
    Felsentretter

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