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Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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schob sich an Braig vorbei, reichte ihm ein handbeschriebenes Blatt. Er nahm es in die Hand, überflog den Text.
    Erklärung
    Ich, Sven Demski, erkläre in Übereinstimmung mit meinem Freund Nils Markert: Johannes Wangbiehler tauchte am Samstagabend, dem 8. Mai, in der Bahnhofskneipe, unserem Stammlokal, auf und blieb dann wie Nils Markert über Nacht bei mir in der Geislinger Straße. Wir tranken bis in den Morgen, schauten Videos, schliefen dann bis gegen 12 Uhr. Wangbiehler blieb bis gegen 13.30 Uhr, fuhr dann mit meinem Auto, einem Ford Escort, weg. Sein Ziel ist weder mir noch Nils Markert bekannt. Er versprach nur, in ein paar Tagen wieder von sich hören zu lassen. Weil Wangbiehler schon mehrfach bei uns auftauchte und uns später reichlich Geld dafür gab, hielten wir diesen Vorgang für völlig normal. Wir wissen wirklich nicht, was er anschließend plante. Sein Vater ist steinreich, er zahlt ihm alles
.

    Braig reichte seinem Kollegen das Blatt zurück, musterte die dünne Gestalt Demskis, der aufgeregt vor ihm hin und her lief. »Das soll ich glauben?«, fragte er. Er spürte seine Kopfschmerzen, hatte Schwierigkeiten, sich auf das Gespräch zu konzentrieren.
    »Es ist so, Herr Kommissar«, erklärte der andere Mann. Er trug ein grellgelbes T-Shirt, dazu giftgrüne Bermuda-Shorts, drückte sich leicht von der Lehne des Sofas weg, starrte zu Braig hoch. »Wir haben nichts zu verbergen. Warum sollten wir Sie anlügen?«
    »Um Ihren Freund Wangbiehler zu schützen. Sie geben doch zu, dass er sie gut bezahlt.«
    »Aber nicht dafür, dass wir etwas verschweigen. Dazu wären wir nicht fähig.« Er hob seinen Kopf, wies auf seinen Begleiter. »Oder glauben Sie im Ernst, der könnte auch nur eine Sekunde das Maul halten?«
    »Ich kenne weder Sie noch Ihren Freund. Vielleicht sind Sie gute Schauspieler?«
    »Wir?« Der Mann lachte laut auf, schüttelte den Kopf. »Danke für das Kompliment. Aber da liegen Sie völlig daneben. Nein, es stimmt wirklich. Wangbiehler war bis gegen eins, halb zwei am Sonntag hier, fuhr dann weg. Wohin, wissen wir nicht. Wir sprachen nicht einmal darüber, was er plante.«
    »Karl Herzog«, fragte Braig, »sagt Ihnen der Name etwas?«
    »Er wurde ermordet, in Stuttgart, oder?«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Aus den Nachrichten im Fernsehen, woher wohl?«
    »Wangbiehler sprach nicht davon, sich rächen zu wollen?«
    »Rächen? Wofür?«
    »Weil ihm der Führerschein entzogen worden war. Vor ein paar Jahren.«
    »So lange kennen wir ihn nicht. Seine Vergangenheit ist uns nicht bekannt, mir jedenfalls nicht.«
    »Wie kamen Sie zusammen?«, fragte Braig.
    »Wir waren total besoffen«, antwortete Nils Markert, »Demski und ich. Vorletzten Herbst, in Cannstatt auf dem Volksfest. Wangbiehler ebenfalls. Er nahm uns mit seinem dicken Schlitten mit, schlief dann hier seinen Rausch aus. Wie er es schaffte, hierher zu gelangen, ist mir bis heute nicht klar.«
    »Er fuhr selbst?«
    Der Mann schwieg einen Moment, winkte dann mit der Hand ab. »Mein Gott, das wissen Sie doch sowieso. Der kann sich alles erlauben, sein Alter kauft ihn doch ständig frei. Aber dass er sich rächen will, er selbst, das kann ich mir nicht vorstellen. Der doch nicht. Dazu ist er viel zu feige.«
    »Wangbiehler?«
    »Der macht sich selbst die Hände nicht schmutzig, garantiert nicht. Große Töne spucken, ja, das Maul aufreißen – okay, wie kein anderer. Aber jemandem etwas antun, selbst, mit eigenen Händen, dazu ist er nicht fähig.«
    Braig sah erstaunt zu seinem Gesprächspartner hinunter, der etwas steif auf dem Sofa saß.
    »Der kauft sich alles mit dem Geld seines Vaters«, fuhr Markert fort. »Aber selbst was unternehmen, nein! So gut kenne ich ihn …« Ein gewaltiger Donnerschlag ließ ihn mitten im Satz abbrechen. Die Scheiben des Fensters vibrierten, der Horizont hatte sich mit grauem Dämmer überzogen.
    Braig starrte überrascht nach draußen, spürte das heftige Pochen hinter seinen Schläfen. Ein leichter Schwindel machte ihm zu schaffen. Er hatte Schwierigkeiten, ruhig stehen zu bleiben, trat ein paar Schritte zurück, suchte Halt am Türrahmen. Der Raum schien sich im Kreis um ihn zu bewegen. Er massierte seine Schläfen, atmete tief durch. Draußen verhallte das Grollen des Donners.
    »Auch das noch«, schimpfte Felsentretter, »ein Gewitter.«
    Braig fühlte sich außerstande, die Vernehmung weiterzuführen, erinnerte sich an das Protokoll des Kollegen. Felsentretter schien den Aussagen der Männer

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