Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
Vom Netzwerk:
Spülbecken ein benutzter Teller, dazu ein mit Fett verschmiertes Messer und zwei Gläser mit Schmutzrändern. Braig nahm sie vorsichtig hoch, bat Rauleder, sich darum zu kümmern. »Zwei Gläser«, sagte der, »vielleicht hatte er Besuch von seinem Mörder. Wir müssen sie auf jeden Fall untersuchen.« Der Techniker packte sie sorgfältig in Plastik.
    »Seit wann wird der Mann vermisst?«, fragte Braig.
    Neundorfs Antwort kam aus einem der anderen Räume. »Gestern Abend hätte er fliegen sollen. Sie versuchten, ihn per Handy und Festnetz zu erreichen, nichts.«
    »Er ist Pilot?«
    »Chefpilot, wenn ich es richtig verstanden habe. Auf jeden Fall ein ziemlich wichtiger Mann für die Firma.«
    »Und wann hätte er seinen Dienst antreten sollen?«
    »Danach müssen wir noch fragen, das weiß ich nicht.«
    Braig verließ die Küche, schaute in das Schlafzimmers, sah, dass hier dieselbe penible Ordnung herrschte. Ein mit einem bunten Tuch abgedecktes Doppelbett, ein breiter, weißer Spiegelschrank, unter dem Fenster eine schmale Kommode.
    Braig kam ans Ende der Diele, betrat den größten Raum der Wohnung, der von einer weißen Ledergarnitur dominiert wurde. Mitten im Zimmer ein niedriger Glastisch, von einer sich nach vorne beugenden nackten Frauenstatue gehalten, an der Rückwand ein großes Fernsehgerät mit Video und HiFi-Anlage, dazu ein Computer samt Monitor auf einem breiten, weißen Schrankbord. Alles war sauber aufgeräumt, nirgendwo ein Hinweis, dass hier jemand zu Hause war.
    »Was war das für ein Mensch?«, fragte Neundorf. »Wer kann so leben?«
    »Vielleicht war er selten hier«, überlegte Rauleder. »Als Pilot?«
    »So hinterlässt man keine Wohnung«, erwiderte sie. »Auch wenn du selten zu Hause bist, irgendwelche Gebrauchsgegenstände lässt du liegen.«
    Braig stimmte ihr zu, konnte sich nicht erinnern, bewohnte Räume jemals in einem solchen Zustand gesehen zu haben.
    »Steril«, sagte Neundorf, »in jedem Leichenschauhaus geht es lebendiger zu.«
    Er fand den Vergleich nicht ganz passend, widersprach ihr trotzdem nicht. »Könnte es sein, dass die Wohnung so hergerichtet wurde? Nach seinem Tod?«
    Neundorf schaute ihn ratlos an. »Weshalb?«
    »Vielleicht war sein Mörder auf der Suche nach etwas Bestimmtem und wollte durch die penible Ordnung davon ablenken.«
    »Und deshalb gibt er sich solche Mühe?« Sie schüttelte zweifelnd den Kopf, öffnete die Schubladen des Bords unter dem Computer. »Das glaubst du nicht wirklich.«
    »Ich weiß es nicht. Dürfen wir eine Theorie von vornherein ausschließen?«
    »Nein, natürlich nicht. Aber ich neige immer mehr der Auffassung zu, dass es sich tatsächlich um die Erpresser handelt. Erst der Beauftragte des Autokonzerns, dann ein Pilot. Hundertmillionen sind irre viel Geld. Mit den Morden an den beiden Männern zeigen die Erpresser, dass sie keinen Spaß verstehen. Kann man seine horrenden Geld-Forderungen besser bekräftigen?« Sie zog einen Stapel Landkarten, Hefte und Bilder aus der Schublade, betrachtete sie.
    »Am besten, ihr rührt jetzt nicht viel an«, mischte sich Rauleder ins Gespräch, »wir untersuchen alles. Vielleicht stoßen wir auf verdächtige Spuren.« Er machte sich am Computer zu schaffen, überprüfte den Inhalt der Festplatte.
    »Krakau, wo liegt das?«, fragte Neundorf, gab sich selbst die Antwort. »In Polen, ja?«
    »Im Süden von Polen«, sagte Braig, »was ist damit?«
    »Er scheint ein Faible dafür gehabt zu haben«, erklärte sie, »ein halber Schrank voller Bilder, Hefte, Bücher, alle über Krakau und Umgebung.«
    »Vielleicht war er im Urlaub dort.«
    Sie nickte, legte die Hefte zurück, schloss die Schubladen.
    »Hier habe ich ein Adressbuch mit mehreren Einträgen«. Braig hatte es in einem schmalen Fach neben dem Computer entdeckt, blätterte es durch. Es enthielt in alphabetischer Reihenfolge verschiedene Namen mit Adressen und Telefonnummern, den Ortsnamen nach über ganz Europa verstreut. »Der Mann war wirklich viel unterwegs«, ergänzte er, »die Adressen stammen aus mehreren Ländern.«
    »Wahrscheinlich haben das Piloten so an sich«, meinte Neundorf. »Wie sieht es aus mit Verwandten oder Bekannten in der Nähe?«
    Er sah die Seiten vollends durch, fand nur zwei Einträge, die dafür infrage zu kommen schienen. »Wulf gibt es nur einmal, Henriette und Wolfgang, beide in Hannover unter derselben Anschrift. Vielleicht seine Eltern. Und hier in der Nähe? Bisher habe ich nur einen Namen aus unserer Gegend

Weitere Kostenlose Bücher