Schwaben-Wahn
entdeckt: C. Hund in Asperg.«
»Dann kümmern wir uns zuerst um seine Firma. Vielleicht können die uns weiterhelfen«, schlug Neundorf vor. »Ich habe unseren Besuch dort bereits angemeldet. Gehst du mit?«
»Sie haben ein Büro in Stuttgart?«
»In der Innenstadt. Zweihundert Meter vom Rotebühlplatz.«
Braig nickte, packte das Adressbuch in Plastikfolie, reichte es seiner Kollegin. »Du kommst allein zurecht?«, fragte er, an Rauleder gewandt.
Der Techniker nickte. »Viel verspreche ich mir nicht«, sagte er. »Die Wohnung scheint wirklich so steril wie die Sektionsräume der Pathologie.«
15. Kapitel
Das Büro der Fluggesellschaft bestand aus einem einzigen, der Größe eines mittleren Wohnzimmers entsprechenden Raum. Ein smarter, frisch gegelter und mit einer zitronengelben Jacke gekleideter Mann Mitte zwanzig empfing sie, von einer Wolke intensiv duftendem Rasierwasser umgeben. Er erwartete sie vor dem Fahrstuhl im vierten Stock mit strahlender, sonst nur im Werbefernsehen präsenter Miene, stellte sich als Kevin Lauter, Fly-Cheap-Manager vor und führte sie in sein über und über mit bunten Postern geschmücktes Büro. Der Raum enthielt kaum Mobiliar, nur einen großen Schreibtisch samt Computer, Bildschirm und Telefon, dazu fünf schlanke, um einen winzigen Tisch gruppierte Metallstühle. Braig zögerte, sich auf einem der Stühle niederzulassen, weil er um dessen Belastbarkeit fürchtete, tat es dann aber doch seiner Kollegin nach und akzeptierte das freundliche Angebot ihres Gastgebers, sie mit Mineralwasser zu versorgen. Der junge Mann verschwand hinter einer schmalen Tür am Ende des Zimmers, kehrte mit drei Gläsern und zwei Wasserflaschen zurück. Neundorf wartete, bis er die Gläser verteilt und das Wasser ausgeschenkt hatte, fragte dann nach Christoph Wulf.
»Natürlich kennen wir uns«, erklärte Lauter, zog einen Stuhl her, setzte sich zwischen die beiden Kommissare, »er fliegt schon seit fast zwei Jahren für uns.«
»Sie haben persönlich Kontakt mit ihm?«
»Ab und an, wenn es sich ergibt. Der größte Teil unseres Austauschs erfolgt per Telefon.«
»Dann ist Ihnen sein Privatleben weniger bekannt.«
Lauter milderte sein Strahlemann-Lächeln etwas ab. »Das ist richtig, ja. Sie dürfen nicht vergessen, dass unser Flugpersonal fast ständig unterwegs ist. Privatleben am Wohnort findet da nur in beschränktem Ausmaß statt.«
»Seit wann wird Wulf vermisst?«
»Sie wissen immer noch nicht, wo er sich aufhält?«
Neundorf ging nicht auf Lauters Frage ein, wartete auf seine Antwort.
»Gestern Abend kam er nicht zum Dienst.«
»Wann gestern Abend? Könnten Sie mir bitte die genaue Uhrzeit sagen, wann er hätte antreten sollen?«
Kevin Lauter sprang von seinem Stuhl auf, eilte zum Computer, holte die gewünschten Daten auf den Bildschirm. »Um achtzehn Uhr hätte er sich melden sollen«, erklärte er dann.
»Er hatte den Mittag frei?«
Der junge Mann starrte auf den Monitor, hatte die Antwort parat. »Gestern, ja. Er war aber erst spät in der Nacht zurück.«
»Dann nutzte er den Morgen, um sich auszuschlafen«, sagte Braig, trank von seinem Wasser.
Lauter schaute ihn nachdenkend an. »Wahrscheinlich. Ich weiß es nicht.«
»Wo sollte er gestern Abend hinfliegen?«
»Krakau und zurück. Und dann heute Morgen nach Budapest und heute Mittag wieder retour.«
»Deshalb die vielen Hefte und Karten«, sagte Neundorf. »Wulf fliegt öfter nach Krakau?«
Lauter verließ den Platz am Bildschirm, nickte. »Das ist einer unserer Standardflüge.« Er griff nach seinem Glas, trank. »Krakau, Budapest, diese Touren sind fest in Wulfs Hand. Mal am Tag, manchmal auch über Nacht. Nach Italien, unserem zweiten Schwerpunkt, fliegt er nur selten.«
»Er hat eine wichtige Position in Ihrem Unternehmen?«
Der junge Mann nickte. »Er ist unser Chefpilot. Deshalb ist es umso unverständlicher, dass er nichts von sich hören lässt.«
»Was heißt das: Ihr Chefpilot?«, insistierte Braig. »Herr Wulf hat in Ihrem Unternehmen eine Führungsposition inne?«
»Allerdings. Er ist der Chef unseres Flugpersonals. Herr Wulf bestimmt, wer wann wohin fliegt und welche Maschine dabei eingesetzt wird. Das ist der wichtigste Job in unserer Firma, was Deutschland angeht. Glauben Sie, wir hätten Sie sonst sofort alarmiert, wenn es sich nur um einen untergeordneten Mitarbeiter gehandelt hätte? Wenn Herr Wulf nicht bald auftaucht, gibt es ein Fiasko.«
Neundorf legte ihre Stirn in Falten, warf Braig einen
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