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Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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das war?«
    Die junge Frau überlegte nicht lange. »Kurz nach halb sieben. Fünf bis zehn Minuten etwa. Wir liefen fünf vor halb los. Lange dauert es nicht bis hierher.«
    Er nickte zustimmend, machte sich Notizen. »Sie liefen bis ans Wasser vor?«
    Martina Merkle mischte sich wieder ins Gespräch. »Es ist meine Schuld. Ich dachte mit keiner Faser daran, dass wir Spuren zerstören. Wer konnte auch ahnen, dass da ein Toter drin sitzt. Ihre Kollegen haben die Abdrücke unserer Schuhe aufgenommen. Ich hoffe, sie haben keine zu großen Probleme damit.«
    Braig erinnerte sich an die Bemerkung Rössles, schüttelte den Kopf. »Das geht in Ordnung. Die Techniker können Ihre Spuren deutlich von denen des Täters unterscheiden.«
    »Es gibt einen Täter?«, fragte Christina Seibert aufgeregt. »Es handelt sich tatsächlich um Mord?«
    »Wahrscheinlich. Genau wissen wir es noch nicht.« Er bemühte sich, dem Gespräch eine andere Richtung zu geben. »Sie liefen bis zu dem Auto vor?«
    »Wir glaubten, es handele sich um einen Unfall«, erklärte Martina Merkle. »Obwohl Autos hier nicht fahren dürfen. Darüber dachten wir in dem Moment nicht nach. Wir liefen ans Wasser, bemerkten plötzlich den Toten. Da wurde uns ganz anders.«
    »War sonst niemand unterwegs? Andere Sportler, irgendeine auffällige Person?«
    Beide Frauen schüttelten den Kopf. »Tut mir Leid«, antwortete Martina Merkle, »aber das können wir nicht genau sagen. Ihr Kollege hat uns auch danach gefragt. Wir achteten nicht darauf, waren zu aufgeregt. In dem Moment, als wir den toten Mann in dem Auto sahen ...« Sie hielt inne, wies mit den Armen von sich. »Wir spurteten von dem Auto weg bis zur Brücke. Das war wie ein Reflex. Dann nahm ich mein Handy und wählte den Notruf. Kurze Zeit später kamen Ihre Kollegen.«
    »Wie war es vorher? Ich meine, auf dem Weg hierher? Kam Ihnen niemand entgegen?« Braig sah die nachdenklichen Mienen der Studentinnen, spürte ihre Bemühungen, ihm zu helfen.
    »Ein alter Mann mit seinem Hund«, sagte Christina Seibert, »aber der geht jeden Morgen spazieren. Wir kennen ihn. Der wohnt gleich neben unserem Wohnheim.«
    »Glauben Sie, dass er hier am See war?«
    »Bestimmt nicht. Der läuft oben zu den Gartenhäusern. Der kommt nicht einmal bis zur Landstraße.«
    Braig nickte, wiederholte seine Frage nach weiteren Passanten, wurde abschlägig beschieden. Er merkte, dass er den beiden jungen Frauen Zeit geben musste, darüber nachzudenken, reichte ihnen seine Visitenkarte und bat, ihn zu informieren, sobald ihnen etwas einfiele. Er verabschiedete sich, sah ihnen nach, wie sie zum Zaun liefen und dann den Weg Richtung Favoritepark hoch sprinteten. Sie schienen erleichtert, den Ort, der ihnen eine solch schreckliche Überraschung beschert hatte, verlassen zu können.
    Braig folgte ihnen, bog bei der Steinpyramide noch einmal zum Fundort ab. Markus Schöffler sah ihn von weitem, winkte ihm aufgeregt zu.
    »Wir haben etwas gefunden«, rief er mit lauter Stimme, »es wird dich interessieren.« Er hielt eine durchsichtige Plastiktüte in die Höhe, gab sie dem Kommissar.
    Braig erkannte sofort, um was es sich handelte. Er spürte den Schock wie einen Messerstich in seinen Körper dringen. Hatte es bisher auch nur den Hauch eines Zweifels gegeben, ob es einen Zusammenhang mit Karl Herzogs Tod gab, war es jetzt endgültig damit vorbei. Es handelte sich um denselben Mörder wie am Bärensee. »Wo habt ihr es her?«, fragte er.
    »Aus der Hosentasche des Toten«, sagte Schöffler.
    »Ist es die gleiche Kette?«
    »Das müssen wir erst noch überprüfen. Es sieht aber danach aus.«
    Braig nahm die Plastiktüte in die Hand, betrachtete den Schmuck, wunderte sich wieder, wie wenig er wog. Es war die Kette, zumindest das gleiche Material wie das, was sie in Karl Herzogs Hosentasche gefunden hatten: Drei aneinander geheftete, je etwa zehn Zentimeter lange, vergoldete Metallplättchen, die gewaltsam vom Rest der Kette abgetrennt worden waren. Billiger, fast wertloser Tand.
    »Und das hier steckte auch in der Tasche«, fügte der Techniker hinzu. »Leider ist es ziemlich nass.« Er reichte Braig eine weitere Plastiktüte, sah zu, wie der Kommissar den Inhalt betrachtete. »Jetzt ist der Zusammenhang endgültig da«, erklärte Schöffler, »oder hast du noch Zweifel?«
    »Nein«, antwortete Braig, »Nein.«
    Er starrte auf das kleine, an zwei Rändern eingerissene Blatt, dessen Beschriftung von Feuchtigkeit beeinträchtigt, leicht zerflossen

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