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Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Ein Mann, der es gewohnt war, Anweisungen zu erteilen und andere für sich springen zu lassen.
    Braig spürte die Aggressionen in sich, versuchte, sachlich zu bleiben. »Um was geht es?«
    Wangbiehlers Antwort ließ nicht lange auf sich warten. »Ich verfüge über interessante Informationen zu Vorgängen unmittelbar vor Karl Herzogs Tod.«
    Er glaubte nicht richtig zu hören. »Wie kommen Sie dazu?«
    »Das muss ich Ihnen persönlich erklären, nicht am Telefon. Wann haben Sie Zeit?«
    »Hören Sie, wir werden mit angeblich wichtigen Informationen zu Verbrechen aller Art dermaßen überhäuft, dass wir ...«
    »Ich fragte, wann Sie Zeit haben? Sie können mich nicht mit irgendwelchen Idioten vergleichen, die bei Ihnen mit Belanglosigkeiten hausieren gehen. Ich denke, ich kann Ihnen wichtige Hinweise auf den zeitweiligen Aufenthaltsort Ihrer Erpresser liefern.«
    Braig griff an seine Wunde, die mit heftigen Schmerzen auf sich aufmerksam machte, versuchte, einen klaren Kopf zu bewahren. Hatte Wangbiehler jede Bodenhaftung verloren? Wie dreist wollte der neureiche Emporkömmling noch auftreten, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen?
    »Hat es Ihnen die Sprache verschlagen?«, tönte es aus dem Apparat.
    Er wusste nicht, was er antworten sollte. »Sie wollen mir mitteilen, wo die Leute zu finden sind, die zur Zeit von der Hälfte aller Fahnder dieses Landes gesucht werden. Habe ich das richtig verstanden?«
    »Wenn diese Verbrecher Karl Herzogs Tod zu verantworten haben, haben Sie das richtig verstanden, ja.«
    »Und Sie kennen die Leute persönlich.«
    »Sind Sie verrückt? Das hat doch nichts mit mir zu tun«, bellte Wangbiehler ins Telefon. »Wann haben Sie Zeit? Ich bin heute in Stuttgart. Treffen wir uns um zwölf Uhr in der Alten Kanzlei auf ein gemeinsames Mittagessen?« Er erklärte Braig, dass er fest mit seiner Anwesenheit rechne, beendete das Gespräch.
    Als der Kommissar aufsah, trat Neundorf in sein Büro.
    »Du siehst etwas bedeppert aus«, sagte sie, »mit wem hast du telefoniert?«
    »Wangbiehler«, antwortete er und berichtete vom Inhalt des Gesprächs.
    »Will er von seinem Sohn ablenken? Dass dieses Schwein die Gesundheit des Kindes auf dem Gewissen hat?«
    »Ich weiß es nicht. Mir wird nichts anderes übrig bleiben, als zu Kreuze zu kriechen, wenn ich vermeiden will, dass mich der Präsident des Amtes persönlich zu sich zitiert.«
    »Das ist zu befürchten«, bestätigte Neundorf, »so wie die Verhältnisse in diesem Ländle funktionieren. Auch wenn uns das Gespräch mit dem Kerl keinerlei Nutzen bringt.«
    Braig spürte wieder seine Wunde, fuhr sich über die Schläfe.
    »Schade, dass ich heute Morgen nicht zur Stelle war. Rössle hat mich informiert.«
    »Du hast Probleme mit Johannes?«
    »Eher mit meiner Mutter.«
    Er wusste nicht, wovon sie sprach, schaute sie fragend an.
    »Manchmal bringt sie mich zur Weißglut.«
    »Weil Johannes krank wurde.«
    »Das war nur der aktuelle Anlass. Sie hat einen Tick. Manchmal denke ich ...« Sie hielt mitten im Satz inne, winkte mit der Hand ab.
    »Du arbeitest zu viel«, warf er ein, »vielleicht solltest du ...«
    Neundorf ließ ihn nicht ausreden. »Nein«, erklärte sie, »daran liegt es nicht. Meine Mutter ist das Problem, nicht meine Arbeit.« Sie schüttelte energisch den Kopf. »Ich weiß nicht, ob man es noch als Tick bezeichnen kann. Wahrscheinlich treffe ich den Sachverhalt wesentlich besser, wenn ich sage, dass sie zeitweise spinnt.«
    Braig schaute sie betroffen an, ließ sie weitersprechen.
    »Sie glaubt, in die Zukunft sehen zu können.«
    »In die Zukunft?«
    »›Das Kind wird sterben. Ich habe es genau gesehen. Der Arzt täuscht sich, es ist keine harmlose Sache. Der Junge muss ins Krankenhaus.‹ So ging es gestern den ganzen Tag.«
    »Weil Johannes sich übergeben musste.«
    »Sie hat mich schon am Telefon vollgelabert. ›Das Kind wird sterben. Ich habe es genau gesehen.‹ Heute Morgen habe ich sie aus der Wohnung geworfen. Ich hoffe, sie fuhr nach Hause. Die nächsten Wochen darf sie mir nicht mehr unter die Augen kommen, sonst ...« Sie machte eine abweisende Handbewegung, atmete tief durch. »Lassen wir dieses Thema. Jetzt bin ich wieder hier.«
    »Wer kümmert sich um Johannes?«
    »Die Tochter meiner Nachbarin. Sie hat heute ausnahmsweise keine Schule.«
    »Und die nächsten Tage?«
    »Ich hoffe, er kann wieder in den Kindergarten. Es muss ohne meine Mutter gehen, ich kann das Theater nicht länger ertragen. Sie hat diesen Tick

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