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Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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ein, das war gut zu erkennen. Sie fuhren nach Stuttgart. Leider kam es auf der Cannstatter Straße in Höhe des Unteren Schlossgartens zu einem Stau und ich verlor sie aus den Augen. Das war zwischen 20 und 21 Uhr. Sie können sich vorstellen, wie überrascht ich war, als ich am nächsten Tag hörte, dass Herzog in dieser Nacht ermordet wurde
.
    Johannes Wangbiehler
    Braig legte das Blatt zur Seite, betrachtete sein Gegenüber. »Wo haben Sie das her?«, fragte er.
    »Ich habe es Ihnen doch erzählt. Mein Sohn diktierte es meiner Sekretärin.«
    »Hatte er schon immer so viel Phantasie?«
    »Glauben Sie etwa, er hat das erfunden?«
    Braig zuckte mit der Schulter, griff nach seiner Tasse, gab Milch in den Kaffee. »Warum soll ich das für wahr halten? Ihr Sohn wird von meinen Kollegen gesucht. Ihm ist jedes Mittel recht, Aufsehen zu erregen, um von seinen Vergehen abzulenken.«
    Wangbiehlers Miene lief rot an. Er wollte gerade zu einer heftigen Gegenrede ansetzen, als die Kellnerin kam und ihm sein Essen servierte. Er drückte seinen Oberkörper zurück, schob sein Glas zur Seite, griff dann nach Messer und Gabel. »Mein Sohn ist ein Idiot, weil er mir das erst heute Morgen berichtet hat«, sagte er, »aber er lügt nicht. Wenn Sie sich vergegenwärtigen, dass seine Beobachtungen vom vergangenen Sonntag Abend stammen, wird Ihnen wohl klar, welche Brisanz dahinter steckt.« Er wandte seinen Blick abrupt ab, nahm sich ein Stück Fleisch vom Teller, steckte es in den Mund.
    »Was machte Ihr Sohn in Fellbach vor Herzogs Haus? Er kochte vor Wut und verfolgte den Mann, um ihm heimzuzahlen, dass er so lange auf den Führerschein verzichten musste, richtig?«
    Wangbiehler stockte mitten im Kauen, starrte sein Gegenüber mit zorniger Miene an. »Sie haben kein anderes Thema, wie? Begreifen Sie immer noch nicht die Tragweite dieser Beobachtungen?«
    »Er war rein zufällig in Fellbach, als Herzog aus seinem Haus kam. Rein zufällig.«
    »Das spielt doch keine Rolle!« Der Unternehmer warf ihm die Worte mit solcher Vehemenz entgegen, dass mehrere der an den Nachbartischen Sitzenden erstaunt zu ihnen hersahen.
    Braig war sich darüber im Klaren, dass er, trotz aller Skepsis gegen diesen Vater und seinen Sohn, nicht umhin kam, die angeblichen Beobachtungen zu überprüfen, auch wenn es sich dabei um ein primitives Ablenkungsmanöver handeln sollte. Die Stellung Wangbiehlers ließ ihm keine andere Wahl. Er griff nach seiner Tasse, trank von dem Kaffee. »Wir sprechen vom letzten Sonntagabend«, vergewisserte er sich.
    »Kurz danach wurde Herzog ermordet, ja! In seinem Wagen. In Stuttgart.«
    »Und Ihr Sohn ist bereit, diese Aussage zu beeiden?«
    Wangbiehler nahm ein weiteres Stück Fleisch auf, nickte dann. »In den nächsten Tagen«, erklärte er. »in Ihrem Büro.«
    Braig spürte den Druck in seinem Kopf, hatte keine Lust, noch mehr Zeit in der Gegenwart des Mannes zu verbringen. Er gab sein Einverständnis zu erkennen, trank die Tasse leer, winkte der Bedienung. »Ich werde die Sache überprüfen. Sie garantieren, dass Ihr Sohn bei uns erscheint?«
    Der Unternehmer nickte nur kurz, widmete sich wieder seinem Essen. Braig zahlte die Rechnung, verabschiedete sich. Er nahm das Schreiben an sich, schlüpfte in seine Jacke, eilte aus dem Lokal. Die kalte Luft draußen ließ ihn langsam wieder zur Besinnung kommen.
    Johannes Wangbiehler behauptete, wenige Stunden vor dem Mord Karl Herzog im heftigen Streit mit seiner Mutter und einer jungen Frau beobachtet zu haben. Dichtung oder Wahrheit? Natürlich war es möglich, dass diese Auseinandersetzung stattgefunden hatte, aber war das wirklich von Belang für die Suche nach dem Mörder des Psychologen? Wangbiehler lag in erster Linie daran, von dessen kriminellen Taten abzulenken – und dafür war ihm garantiert jedes Mittel Recht. Braig durfte sich nicht dazu verleiten lassen, der Aussage des Unternehmer-Sohnes allzu große Bedeutung zukommen zu lassen.
    Er lief über den ungewohnt leeren Schlossplatz, gab die Telefonnummer Emilie Herzogs ein. Die Frau meldete sich nach kurzem Läuten, zeigte sich zu einem Besuch des Kommissars bereit.
    Er behielt sein Handy in der Hand, informierte Neundorf über Wangbiehlers angebliche Beobachtungen.
    »Du glaubst ihm?«, fragte sie.
    »Ich muss es zumindest überprüfen.«
    »Das ist richtig. Auch wenn es nur der Phantasie des jungen Pinkels entspringt.«
    »Dieses Risiko muss ich eingehen.«
    Sie ließ einen Moment mit ihrer Antwort warten, kam

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