Schwaerzer als der Tod Thriller
gesehen, wie Mütter ihre Kinder betrunken gemacht oder ihnen Crack zu rauchen gegeben haben …«
»Wie furchtbar!«
»Dagegen ist Mrs Crane eine richtige Vorzeigemutter.«
Anne Navarre verdrehte die Augen und ging zu einem der Fenster. »Wahrscheinlich wurde ihr der Mutterorden bereits verliehen, neben dem für die Immobilienmaklerin des Jahres, Ehrenamtliche des Jahres und Geschäftsfrau des Jahres.«
»Das Image ist eben alles«, sagte Mendez.
Er war froh, dass sie auf der Seite der Kinder war und die Kinder sie mochten. Vielleicht vertrauten sie ihr etwas an,
das sie weder ihren Eltern noch ihm erzählten. Vorausgesetzt natürlich, dass sie überhaupt etwas zu erzählen hatten.
Peter Crane hatte wahrscheinlich recht mit seiner Annahme, dass der Mörder sich schon lange verdrückt hatte, bevor die Kinder sein grausames Werk entdeckten. Andererseits hatte Vince Leone, einer seiner Lehrer an der National Academy und einer der ersten professionellen Fallanalytiker beim FBI, davon gesprochen, dass Mörder immer wieder an den Tatort zurückkehrten, entweder weil sie ihre Tat noch einmal durchleben oder weil sie der Polizei bei der Arbeit zusehen wollten.
Einige von ihnen fanden Selbstbestätigung, wenn sie die Polizei dabei beobachteten, wie sie nach Spuren suchte, und sich diesen dummen Tölpeln weit überlegen fühlen konnten. Andere empfanden Erregung dabei, den Tatort noch einmal aufzusuchen. Widerliche Schweine.
»Erzählen Sie mir von Tommy.«
»Tommy?« Anne Navarre drehte sich um, lehnte sich gegen das Fensterbrett und verschränkte die Arme vor der Brust - aber nicht mehr ganz so angespannt wie noch eben. Ein Schritt in die richtige Richtung. »Er ist ein intelligenter, gewissenhafter, ruhiger, lieber Junge.«
»Er ist in Sie verknallt.«
Sie hob die Augenbrauen und schüttelte den Kopf.
»Ganz sicher«, sagte Mendez bestimmt. »Er hat Sie immerzu angesehen.«
»Das macht er bei jedem. Das ist seine Art. Er beobachtet eine Situation, und dann entscheidet er, was er tut. Vielleicht hat er mich auch deshalb nicht aus den Augen gelassen, weil er sich bei mir sicher fühlt.«
Mendez lachte kurz auf. »Glauben Sie mir. Sie mögen sich ja auskennen mit dem, was in den Köpfen von Kindern vor sich geht, aber ich war selbst einmal ein zehnjähriger Junge.«
»Dem kann ich vermutlich nicht widersprechen.«
»Was meinen Sie, warum hat er uns nicht erzählt, dass der junge Farman die Tote angefasst hat?«
»Angst vor Rache. Dennis Farman ist ein Schläger.«
Es klopfte an der Tür, und ein uniformierter Polizist trat ein.
»Farman kommt nicht.«
»Was soll das denn heißen?«, fragte Mendez.
»Er kommt nicht. Er sagt, er nimmt die Aussage seines Jungen selbst auf. Es wäre reine Zeitverschwendung, herzukommen und mit Ihnen zu sprechen.«
»Arschloch!« Mendez zuckte zusammen und warf Anne Navarre einen Blick zu. »Tut mir leid.«
»Ich könnte Mrs Farman anrufen«, bot die Lehrerin an. »Vielleicht wäre sie ja bereit, mit Dennis zu kommen.«
»Sie müssen sowieso los«, sagte der Deputy zu Mendez. »Gerade kam eine Frau und hat eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Könnte unser Opfer sein.«
Die Frau in Sheriff Dixons Büro war Anfang vierzig, groß und schlank und trug verdreckte Jeans und ein knallgrünes T-Shirt, über das sie ein viel zu großes Jeanshemd geworfen hatte. Ihre langen blonden Haare waren zu einem strubbeligen Pferdeschwanz zusammengebunden, aus dem sich einzelne Strähnen gelöst hatten, die ihr in das schmale blasse Gesicht fielen. Sie stand vor dem Besucherstuhl und hatte schützend die Arme um sich gelegt. Sie machte einen besorgten Eindruck.
Als Mendez hereinkam, lehnte Carl an seinem Schreibtisch und sprach leise auf die Frau ein.
Dixon sah auf. »Tony, gut, dass Sie zurück sind. Ich möchte Ihnen Jane Thomas vom Thomas Center for Women vorstellen. Ms Thomas, das ist Detective Mendez. Er leitet die Ermittlungen in dem Fall.«
Mendez schüttelte ihr die Hand.
»Jane befürchtet, dass das Mordopfer jemand ist, den sie kennt.«
»Eine unserer Klientinnen«, sagte sie. »Karly Vickers. Sie ist seit letzten Dienstagabend von niemandem mehr gesehen worden.«
»Und das haben Sie erst jetzt bemerkt?«, fragte Mendez. »Ich dachte, Sie wüssten immer, wo sich die Frauen aufhalten?«
Viele der »Klientinnen« des Thomas Center waren Frauen, die vor Misshandlungen geflohen und nach wie vor gefährdet waren. Mendez hatte gehört, dass das Center wie eine Festung geführt
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