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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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mal.
    Also in absehbarer Zeit, warf Stanjic ein.
    Danke, David. Ist einfach nett von dir. Mein Vater jedenfalls findet, niemand ist schwierig, aber mitunter sind es die Umstände. Niemand ist an sich schwierig. Außer mein Opa. Aber auch nur, weil mein Vater findet, dessen Umstände wären doch glänzend gewesen, es gab also keine Entschuldigung, so schwierig zu sein. Gut und Geld gingen auf alle Fälle an meine Oma. Mir hat er auch was vermacht, ich bin sein einziger Enkel, aber das liegt festgefroren auf der Bank, das ist an irgendwelche Klauseln gebunden.
    Was für Klauseln, Glaser drehte sich zu ihm um.
    Das wird erst frei, wenn ich was Sinnvolles gründen will, ein Geschäft zum Beispiel, aber ein sinnvolles, dann kann ich darauf zugreifen. Wenn ich eine größere und sinnvolle Investition tätigen will. Sinnvoll, das ist eine windige Formulierung, was sinnvoll ist oder nicht, das befindet dann immer der Anwalt. Oder meine Oma. Also meine Oma. Vermutlich kriege ich Geld, weil es sinnvoll ist, wenn ich einen verdammten Wald pflanzen will oder –
    Job. Haus. Baum. Kind. Frau. Glaser grinste, drehte sich wieder zum Haus, er ist eindeutig der Vater seines Sohns.
    Das stand nie außer Frage. Ob ich je der Vater von irgendwem werden würde und ihm dann was einfrieren könnte auf der Bank, das wird über die Generationen hin offensichtlich bezweifelt. Insofern sind sowohl mein Vater als auch mein Opa schwierige Menschen, meine Oma eigentlich auch.
    Es sind die Umstände, die schwierig sind, berichtigte ihn Glaser.
    Mein Vater und mein Opa sind meine schwierigen Umstände, schloss Sydow die Debatte, und meine Oma. Meine schwierige Oma ist nun Alleinerbin von Haus, Hof und hektarweise Land und wenn sie nicht da ist, kommt immer ein Bauer aus der Gegend und kümmert sich um das Nötigste. Das ist auch, was die Ländereien angeht, größtenteils verpachtet. An Jäger zum Beispiel, die machen hier Treibjagd und so, das bringt gut Geld ein.
    Sie schauten auf die Schemen des Hauses, das in der Finsternis zurückzuweichen schien, es regnete auf ihre Schirme, ein Waldkauz schrie, über allen Gipfeln war Ruh und tiefer Friede herrschte und –
    Moment mal, sagte Stanjic irritiert. Wie hieß dein Opa?
    Hartmut.
    Im Nachnamen natürlich.
    Im Nachnamen? Sydow, wie denn sonst.
    Ich denke, der war Franzose, so heißt doch kein Franzose, von Sydow? Das ist kein bisschen französisch, wie sollte man das bitte aussprechen, auf Französisch, Artmüt de Südoo? Deine Oma erzählt doch immer –
    Meine Oma erzählt viel, wenn der Tag lang ist, meine Oma erzählt auch von der französischen Besatzung im 19. Jahrhundert, diese Campingsache und der Plausch im Zelt, als sie ein junges Mädchen war, wie soll das hinkommen. Sie ist einfach schwierig, ein schwieriger Mensch, meine Oma.
    Sie erzählt das einfach? Und warum?
    Keine Ahnung, sie findet das vermutlich romantisch. Vielleicht ist es auch Alzheimer, so genau lässt sich das immer nicht unterscheiden, nicht wahr, der Hang zur Romantik ist im Hirn auch direkt nebenan.
    Und wo haben sie sich wirklich kennengelernt?, fragte Glaser.
    In Paris, in den Tuilerien, sie war dort als Kindermädchen und er machte gerade das große Geld, in Strümpfen, wenn ich mich recht erinnere. Oder auch nicht in Strümpfen, ich kann mich irren. In irgendwas machte er richtig guten Zaster, wie gesagt, seine Umstände waren glänzend.
    Aber das ist doch wahnsinnig romantisch, rief Stanjic begeistert, sie führt gerade so einen adretten kleinen Jungen aus, der diese Reifen vor sich hertreibt, wie man das so hatte damals, und trägt eine – eine Tournüre! Er mit gewichstem Schnauz und Zylinder spaziert gerade mit einem Strumpfmodell, aber rein geschäftlich –
    Wie gesagt. Meine Oma mag alt sein, aber nicht so. Du denkst in der Zeit der französischen Besatzung! Das waren aber die Fünfzigerjahre, diese Reifensache war da schon längst passé, Tournüre! Diese ausgepolsterten Hintern? Meine Oma doch nicht, meine Oma hat sich immer, wenn ihr der Hintern zu voluminös wurde, eine Diät verordnet, die wird sich freiwillig ein Kissen unter den Rock stopfen! Der Schnauz war passé und der Zylinder war passé und die adretten Kinder erst recht, in der Regel sind das ja verzogene Gören. Und du denkst so was, weil du so romantisch veranlagt bist vermutlich, ich weiß das alles nur von meinem Vater. Meine Oma kann sich an nichts erinnern, nur an die Sache mit der Besatzung.
    Jungs, sagte Katharina Fitzwilliam, wollt ihr

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