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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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ausgeschlafen und verjüngt, seit es kleinteilig wurde und die gute Landluft seine Gehirnzellen auffrischte, weilte er wieder unter ihnen.
    Ja, sag ich doch, die verteilen hier verflüssigte Kuhpupse, Simon, mach sofort das Fenster zu!
    Das ist genau der Punkt, rief Stanjic, der Österreicher mag ordinär sein, ihr seid infantil!
    Was meinst du damit, sagte Glaser.
    Ich möchte das jetzt nicht ausführen, sagte Stanjic, das ist mir zu ordinär, aber: Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen.
    Ja, sagte Glaser, das hast du mir schon des Öfteren mitgeteilt, ich verstehe es aber noch immer nicht.
    Ich möchte das jetzt nicht näher erört–
    Fens-ter-zu!, rief Sydow.
    Glaser kurbelte, es polterte. Er kurbelte ein paar Runden weiter, nichts passierte. Er spähte in den Fensterschacht, das Fenster ist weg, sagte er.
    Oje, sagte Stanjic.
    Wie, oje, rief Sydow, was heißt denn oje!
    Das Fenster ist in die Tür gefallen, sagte Stanjic, das ist mir schon mal passiert, ist so eine Schwachstelle beim Golf.
    Sie saßen stumm im Auto, bald würde es Abend.
    Dieses Auto, sagte Frederik Sydow unzufrieden, wird irgendwie immer weniger.
    Ja, ist auch nur ein Auto, sagte Glaser, der Fahrtwind kämmte ihm einen verwegenen Mop, soll es Kinder kriegen oder was.
    Bloß nicht, Autos mit solchen Schwachstellen sollten sich überhaupt nicht vermehren, es sollte ihnen per Gesetz unterbunden werden.
    Ich glaube, wenn du dich damit bei den Grünen stark machst, steht einer raketengleichen Karriere in der Politik nichts mehr im Weg, Glaser versuchte unterdessen, die nun merklich kühlere Abendluft mithilfe eines Straßenatlas etwas abzuschirmen.
    Lass den bloß nicht hinausfallen, sagte Sydow vergrämt, sonst finden wir nie wieder zurück in die Stadt und die Politik muss ohne mich klarkommen.
    Katharina Fitzwilliam erörterte den Weg in der Zwischenzeit anhand der akribischen Beschreibung Frau von Sydows – alles im schönsten Sütterlin –, sie knobelte hartnäckig an jedem Wort, sie und Stanjic waren ein klasse Team.
    Sie fuhren einen lauschigen kleinen Kanal entlang.
    Lauschig, sagte Sydow.
    Wo, sagte Glaser, der Straßenatlas fiel aus dem Fenster.
    Was hat da geplumpst, fragte Stanjic von vorne, ist was ins Wasser gefallen? Simon?
    Nein, sagte Glaser, ich bin noch hier.
    Leider, murmelte Sydow verbittert, dann schaute er auf der anderen Seite hinaus und sagte nichts mehr, es stank und es war nun schon fast Abend, er hasste das Land.

87. Väter sind schwierig

    Als sie ankamen, war es Abend. Leichter Regen fiel und sie spannten die Schirme auf, betrachteten das Haus, das in die Dämmerung glitt, mit den Wäldern verschmolz und eingebettet lag in Wiesen und Flure, die sich ringsum dehnten, gestört durch nichts als Seen und Tümpel, lauschige Kanäle und schwarze Äcker.
    Das ist ja riesig, stellte Glaser fest, du hast nie erwähnt, wie riesig es ist, wie viele Zimmer gibt es denn da.
    Keine Ahnung, sagte Sydow, viele. Die meisten einsturzgefährdet.
    Und das steht die ganze Zeit über leer? Muss man sich nicht ab und an darum kümmern? Und Wiese mähen, Zaun reparieren, solche Sachen? Verschlingt so ein Haus nicht Unsummen?
    Doch, aber da gibt es eine Erbschaft dazu, so genau weiß ich das auch nicht. Das gehörte alles einmal meinem Uropa. Dann kam der Krieg und mein Uropa musste schießen gehen, dann kamen die Kommunisten und es gehörte nicht mehr meinem Uropa, dann gingen die Kommunisten wieder weg und es gehörte wieder meinem Uropa. Zumindest theoretisch, leider war er da schon tot, vor Gram über dieses Kommen und Gehen gestorben, über das Leute-Umbringen, zu viel Unruhe.
    Was war er denn für ein Jahrgang, fragte Glaser.
    1896.
    Ich würde sagen, meinte Glaser, Gram hin oder her, er hatte dann auch das Alter, oder nicht. Der Krieg macht einen ja auch nicht jünger.
    Kann schon sein. Hats auf jeden Fall nicht mehr erlebt. Es ging dann an meinen Opa und der hatte eine Menge Geld gemacht, nach dem Krieg natürlich und nicht im Osten natürlich. Wie auch immer, wie er gestorben ist, hat er alles meiner Oma vermacht und meinen Vater weitestmöglich enterbt.
    Gabs Streit mit deinem Vater.
    Mit meinem Vater gibts immer Streit, mein Vater ist ein schwieriger Mensch.
    Findet wer.
    Mein Opa und ich.
    Und dein Vater?
    Der findet meinen Opa einen schwierigen Menschen.
    Und dich?
    Bei mir findet er, ich soll mal erwachsen werden, dann reden wir weiter.
    Woran genau erkennt er denn das Erwachsensein.
    Job. Haus. Baum. Kind. Frau. Denk ich

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