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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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Auffahrt nach Hamburg, David, fahr sofort zurück!
    Zurück? Du hast Nerven, das ist eine Autobahn!
    Frederik! Die Karte!
    Ich kann das machen, sagte Katharina Fitzwilliam, das ist Beifahrersache. Sie nahm die Karte von Sydow entgegen, oder kriegen wir dann einen Ehestreit, sagte sie zu Stanjic.
    Der Motor heulte auf, du musst hochschalten, du Schussel!, rief Sydow von hinten, das ist eine Autobahn!
    Auf der wir im Übrigen nichts zu suchen haben, seufzte Glaser, während er aus dem Fenster schaute, wir fahren gerade nach Hamburg.
    David Stanjic schaltete hoch, der Motor hatte geheult, Sydow hatte gerufen, Glaser hatte geseufzt und er hatte gesagt, ja bitte. Leise, er hatte es gaaanz leihhhse gesagt. Oder kriegen wir dann einen Ehestreit, hatte sie gefragt. Ja! Bitte! Es ist für den Ehelosen der Ehestreit eine derart paradiesische Vorstellung wie das Ausfüllen der Steuer für den, der kein Geld verdient, und das Aufkommen des gemeinen Hauswurms im Fichtendickicht für den, der sich einen Wald wünscht und keinen hat. Er würde gerne mit Katharina einen Ehestreit kriegen, weil sie die Karte verkehrt herum hielt oder sie ihretwegen auf einer Skipiste landeten, weil sie versehentlich die Wanderkarte erwischt hatte. Er würde gerne wegen allem Möglichem mit ihr einen Ehestreit haben, er fand die Ehe wunderbar.

86. Begann alles in Las Vegas?

    Bei der Ankunft vor dem großen Haus fuhren sie nach fünf erschöpfenden Stunden letztendlich in den Hof ein.
    Es hatte alles viel länger gedauert als geplant, Sydow betonte zum dritten Mal, dass sie diese Fahrt normalerweise in anderthalb Stunden bewerkstelligten. Sie, damit meinte er konkret jedwelche Fahrgemeinschaft, die nicht Stanjic zum Chauffeur hatte.
    David Stanjic von der Autobahn nach Hamburg runterzulotsen, war das eine. Ihn dann dazu zu bringen, ein auf der richtigen Autobahn angemessenes Tempo einzunehmen, ja, überhaupt schneller als siebzig zu fahren, das andere.
    Er hatte die enervierende Angewohnheit, sich innerhalb kürzester Zeit in den Windschatten des langsamsten Lastwagens weit und breit zu hängen und dort, hinter ihm herkriechend, in eine Art Autopilot zu schalten, in einen stupiden Trancezustand, der ihn in die Lage versetzte, sich hinterher an nichts, an wirklich gar nichts zu erinnern. Er verlor jegliches Gefühl für die Zeit, jeden Blick für allfällige Abfahrten, er ahnte nichts von der lieblichen Landschaft, die er durchquerte, und leugnete steif und fest, während der gesamten Fahrt auch nur einen Fingerbreit vom Kaffee abbekommen zu haben, dabei hatte er den Inhalt der gesamten Thermoskanne intus.
    Simon hatte ihm, argwöhnisch sein sofortiges Abdriften in die totale Abwesenheit beobachtend, in regelmäßigen Abständen ein gewisses Quantum starken Kaffees eingeflößt, in der Hoffnung, damit zumindest das stetige Langsamerwerden zu unterbinden.
     
    So fährt doch kein Mensch Auto, sagte Olaf, das ist absolut unglaubwürdig, Windschatten des Lastwagens, so ein Blödsinn.
    Dr. Huhn fährt so Auto, sagte ich, Davids Analytiker, das hat er ihm höchstpersönlich einmal erzählt. Ich vermute, dass David seither auch so fährt, läuft irgendwie unter der Rubrik Übertragung. Oder Integration der Vaterimago, keine Ahnung.
    Dr. Huhn, sagte Olaf nachdenklich. Sag mal, ist das überhaupt ein seriöser Arzt? Oder ist es eher ein Projekt Klienten für Klienten ? Wie bei den Anonymen Alkoholikern ? Mir kommt das allmählich nicht mehr koscher vor, was hat denn der sonst so gemacht?
    Ich glaube, sagte ich nach kurzem Überlegen, er war vorher Zauberkünstler in Las Vegas.
    Mein Lektor nickte vor sich hin, na logo, sagte er.
     
    Irgendwann wurde es immer kleinteiliger, die Straßen schmaler, die Bäume mehr, die Häuser schrumpften zu windschiefen Schuppen, dann blieben sie ganz aus, ein gutes Zeichen, behauptete Sydow, die Ankunft stünde also kurz bevor. Hier war es so öd und leer, hier musste es doch gleich sein. Er wusste noch nicht, dass Stanjic sich auch da noch verfahren konnte, wo nur eine Straße langführt, aber so war es. Eine Straße, verfahren.
    Glaser hatte das Fenster hinuntergekurbelt und die gute Landluft wehte herein.
    Sydow hielt sich die Nase zu, macht die Schotten dicht!, rief er, das ist dieser Klimakiller Kuh, die stehen hier auf den Weiden und pupsen, was das Zeug hält, eine ausgewachsene Kuh hat einen CO 2 -Ausstoß von drei Tonnen, die toppt jedes Auto, Fenster zu!
    Das ist Gülle, was da so riecht, sagte Stanjic, merklich

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