Schwätzen und Schlachten
zusammenscheißen. Verstehst du?
Er stellte die Gießkanne weg, wir haben lange auf Erklärungen gewartet, Erklärungen wären schön gewesen. Es war viel Zeit, für Erklärungen, wir haben uns, in Ermangelung deiner erklärenden Person, selbst viele schöne Erklärungen überlegt, es wäre massenhaft Platz gewesen für viele weitere mögliche Erklärungen deinerseits. Trotz des Zuspätkommens wäre immer noch massenhaft Zeit für Erklärungen gewesen. Du hättest zu spät kommen können, wir hätten dich ein bisschen geschimpft, du hättest dich erklärt, wir hätten geprobt. Alles wäre in bester Ordnung gewesen. Es wäre Zeit für alles gewesen, sogar für schlechte Ausreden. Jetzt nicht. Jetzt sehe ich für Erklärungen keine Zeit mehr, weit und breit, sie ist abgelaufen.
Frederik, ich verstehe das alles absolut, glaub mir, es ist jetzt aber dringend, es geht um was Wichtiges, ich habe da was –
Ist mir alles ganz egal, alles schön der Reihe nach, Multitasking ist wirklich nicht meine Stärke. Bin ich ein Mann? Ja, ich bin ein Mann, du kannst von mir keinesfalls erwarten, dass ich innerhalb eines Telefongesprächs meiner ungeheuren Irritation Herr werde, Simon zu Hause anzurufen und dann dich am Apparat zu haben, deine Erklärungen anzuhören, deine Entschuldigungen anzunehmen und dich zusammenzuscheißen. Es hieße ganz klar, mich als Mann nicht ernst zu nehmen, und ich meine, wir haben eine Männerfreundschaft, täusch ich mich? Oder sind wir beste Freundinnen. Bist du die Freundin meiner Frau?
Deine Frau hat gar keine Freundin.
Willst du mich provozieren?
Nein, war ein Scherz, du hast gar keine Frau.
Danke, Simon.
David.
David. Danke, David, gut, dass du mich daran erinnerst. Ich habe keine Frau. Das ist schlecht. Das ist aber auch gut. Es gibt mir eine gewisse Sicherheit, bezüglich meiner Identität, weißt du, es bestätigt mich indirekt in meiner Männlichkeit. Ein Mann mit Frau ist, auch wenn er keine Frau hat, immer noch ein Mann. Es ist, wie auch das Haben einer Frau, somit ein Zeichen von Männlichkeit. Zugleich bin ich mir dadurch, dass du immer der gleiche blöde Hund bist, der mich immer wieder darauf hinweist, sicher, dass ich auch immer der Gleiche bin.
Ich verstehe, bloß –
Bloß ist das Dumme nun, dass du zwar ein blöder Hund bist. Ich weiß nicht, ob mich nicht mehr erschüttert, dass, egal, mit wem ich mich unterhalte, ob das nun Simon ist oder du, alle so blöd sind. Alle machen mich fertig. Alle trampeln auf mir herum. Anna. Aus dem Tante. Meine Oma. Sogar meine Oma trampelt auf mir herum. Anna, weißt du übrigens, dass Anna Snozzi schwanger ist? Ich habs dir schon mal erzählt, aber ich bin nicht sicher, ob das bei dir angekommen ist, das war, als wir uns noch des Öfteren trafen, du und ich.
Anna?, sagte David erstaunt, kann nicht sein, ich habe Anna erst gestern gesehen, da war sie noch nicht schwanger.
Du bist dumm, natürlich war sie gestern schwanger, vorgestern auch schon. Man hat nicht von heut auf morgen eine Wassermelone unterm Kleid. Oder einen Fußball.
Aber doch zumindest einen Tennisball.
Vielleicht einen Tischtennisball.
Eben. Ich habe gestern nicht einmal einen Tischtennisball gesehen.
Du hast recht, das ist merkwürdig. Ich ruf sie nachher an und klär das ab. Sie kriegt ein Kind, aber nicht von mir.
Wär auch komisch.
Wieso komisch, ich fände das normal.
Wieso normal, sie ist ja nicht deine Frau.
Und warum nicht?
Du hast gar keine Frau, Frederik.
Danke, David.
Gerne.
Kurzum, Anna Snozzi kriegt kein Kind von mir. Mit mir kann mans ja machen. Anna kriegt ein Kind von Wolfgang Snozzi, stell dir vor, mit Wolfgang Snozzi. Man hat sich ja immer schon gefragt, wie jemand wie Wolfgang Snozzi zu Anna kommt, und jetzt kommt er auch noch zu einem Kind.
Ich fand Wolfgang Snozzi immer nett.
Ich auch, bevor er ein Kind bekam, so was verändert die Leute total, man würde es nicht für möglich halten, ist nicht mehr derselbe Mensch.
Wann hast du denn Wolfgang Snozzi getroffen.
Ich habe ihn nicht getroffen, mit solchen Menschen verkehre ich nicht mehr.
Hm.
Anna hat einen Wolfgang Snozzi und bald auch ein Kind und weiß nichts Besseres zu tun, als bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu betonen, dass ich keine Frau habe. Wolfgang Snozzi. Früher mochte ich ihn. Jetzt nicht mehr. Warum haben die einen alles und die anderen nichts? Ich verstehe das nicht. Ich habe keine Frau, kein Kind, niemanden, der für mich mit einem Ball unterm Kleid herumläuft und
Weitere Kostenlose Bücher