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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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drinnen in der Wohnung gekränkelt und kränkelte heraußen auf dem Balkon, er hatte sie gefragt, Topfpflanze, hatte er gesagt, an was kränkelst du? Sie hatte es ihm aber nicht sagen können, entweder weil sie zu kränklich war oder zu verschwiegen, es war sowieso eine eher schweigsame Topfpflanze. David, sagte er.
    Ja.
    Ich fass es nicht.
    Kann ich verstehen.
    Ich war nicht sicher, dass du es bist.
    Kann ich absolut verstehen.
    Wir telefonieren jetzt zusammen.
    Ja.
    Ich habe Glaser angerufen.
    Ja.
    Ich wollte Simon sprechen.
    Kann ich verstehen.
    Nicht, dass ich dich nicht sprechen wollte.
    Ja.
    Wir haben uns lange nicht gesprochen.
    Ja.
    Ich hätte dich des Öfteren gerne mal gesprochen.
    Ich weiß.
    Ich habe des Öfteren auf deinen Anrufbeantworter gesprochen.
    Ich weiß.
    Glaser hat des Öfteren auf deinen –
    Ich weiß, Frederik, weiß ich, hör zu, es ist –
    Wir waren ziemlich angepisst, dann und wann, weißt du? David? Wir hatten ein paar Verabredungen, du und wir.
    Weiß ich doch alles, Frederik, hör zu, es ist so –
    David. Gut, dass ich dich am Apparat habe. Simon und ich haben manchmal auf dich gewartet. Du bist nie gekommen. Wir haben überlegt: Hat er sich womöglich verirrt? Manchmal hattest du dich verirrt, erinnerst du dich?
    Stimmt, Frederik, das stimmt, ich hatte mich anfangs ab und zu verirrt, ich war neu in der Stadt, kann doch vorkommen, oder, ich war zu spät gekommen, es tut mir leid, ich –
    Du hattest dich mitunter verirrt, du warst zu spät gekommen, nun gut. Immerhin. Du bist zu spät gekommen, aber du bist gekommen. Neue Stadt, sicher, neue Wege neue Sorgen. Bloß, du bist dann gar nicht mehr gekommen.
    Ich weiß, es tut mir leid, ich habe –
    Hattest du dich so schlimm verirrt?
    Natürlich nicht, ich –
    Natürlich nicht, oder, ich meine, so groß ist die Stadt nun auch wieder nicht.
    Nein, wirklich nicht, es war ganz anders, es –
    Dann dachten wir, du machst sinnlose Umwege.
    Umwege?
    Ja, über Polen zum Beispiel, da muss nur einmal einer, den du um den Weg fragst, sich einen blöden Jux machen und dir einreden, über Polen gehts am schnellsten und du fällst auch auf alles herein.
    Also wirklich, für was haltet ihr mich, Polen, ich war noch nie –
    Für was wir dich halten? Wir wissen es auch nicht. Lieber David. Wir wissen es einfach auch nicht. Du kommst aus einem ungenauen Land. Wir schauen eure Kunst an und verstehen sie nicht, diese Kleiderständer fürs Heu, die mutlosen Bauern mit Hut, dann dieses schauerliche Instrument, du sagst, es ist ein Cello, kann schon sein, kann gut sein, dass ihr so was ein Cello nennt, wenn Glaser aber darauf spielt, klingt es wie ein Kleiderständer fürs Heu, der zurück in seine Heimat will. Wir verstehen von all dem wenig und wissen gar nichts. Wir wissen genau genommen nur, dass wir verabredet waren, dass du nicht gekommen bist.
    Ich will mich ja auch entschuldigen, bloß –
    Ich will keine Entschuldigungen hören, weil ich gar nichts entschuldigen will. Ich habe nicht das geringste Bedürfnis, irgendwas zu entschuldigen. Du bist einfach nicht gekommen. Die letzten zwanzig Mal.
    So oft nicht, ganz sicher und es tut mir aufrichtig –
    Hör deinen Anrufbeantworter ab, sicher sind da mindestens zwanzig Nachrichten von zwanzig geplatzten Verabredungen.
    Ja, aber nur, weil du jedes Mal fünf Mal anrufst und Simon auch immer noch einmal anruft.
    Weil ich, sagte Sydow, er begann, die welken Blätter von der Topfpflanze zu zupfen, weil ich nicht begreifen kann, dass man dich nie erreicht. Dass du nie kommst und man dich nie erreicht. Du hast ein Telefon zum Herumtragen, nicht wahr? Ein mobiles Telefon für maximale Mobilität und zugleich maximale Erreichbarkeit.
    Sicher, ich –
    Du bist nie gekommen und hast immer dein Telefon zum Herumtragen mit dir herumgetragen, warst maximal mobil und maximal erreichbar und bist nie drangegangen und hast nie zurückgerufen, richtig?
    Das stimmt schon alles, aber Frederik, hör zu, ich wills dir doch eben erklären –
    Erklären? Sydow hatte die letzten welken Blätter von der Topfpflanze gerupft, es war eine nicht so gute Idee gewesen, die welken Blätter von der Topfpflanze zu rupfen, sie hatte jetzt gar keine mehr, sie hatte kränklich ausgesehen, sicher, jetzt sah man, dass sie schon längst gestorben war.
    Ich will, sagte Sydow, er duschte die Pflanze trotzdem ein bisschen, man weiß ja nie, ich will, sagte er, nichts erklärt kriegen, ich will nichts entschuldigen, ich will dich

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