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Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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undefinierbare Gefühlsregung unterdrücken zu müssen. »Nun, Sir«, begann er mit einem verlegenen Seitenblick auf den Polizeichef, »es tut mir leid, aber ich habe wohl Ihren Namen nicht verstanden …«
    »Das ist Adam Langley«, sagte Fen undeutlich durch ein Handtuch hindurch, »der in den Meistersingern die Partie des Walther singt.«
    »Der einzige erstklassige Tenor in ganz Europa«, fügte Elizabeth stolz hinzu, »der eine passable Figur hat.«
    »Sie haben also Ihre Brieftasche geholt, Sir. Sehr schön. Wann war das ungefähr?«
    »Ach … zwanzig oder fünfundzwanzig Minuten nach elf, schätze ich.«
    »Und Ihre Garderobe liegt …?«
    »Ein Stockwerk tiefer.«
    »Genau.« Mudge nickte vielsagend. »Und – haben Sie noch irgendetwas anderes gemacht, während Sie im Theater waren?«
    »Ich bin mit dem Aufzug« – Adam klang ein wenig unschlüssig – »spazieren gefahren.«
    »Wie bitte, Sir?«
    »Ich bin mit dem Aufzug spazieren gefahren«, wiederholte Adam mit festerer Stimme. »Ich mag Aufzüge. Da bekomme ich immer so ein komisches Gefühl in der Magengrube.«
    »Man sollte doch meinen, dass aus genau diesem Grund …«
    »Ich meinte natürlich ein angenehmes Gefühl.« Adam legte dar, was er getan hatte. »Ich sprach mit Furbelow«, schloss er, und fügte dann aus einer Laune heraus hinzu: »Anscheinend sitzt er den ganzen Abend mit geöffneter Tür da, weil seine Elektroheizung Gase absondert.«
    »So ein Quatsch«, sagte Sir Richard, auf seinen gesunden Menschenverstand hörend.
    »Haben Sie während Ihres Besuches hier außer Furbelow jemanden getroffen?«, wollte Mudge wissen.
    »Niemanden. Nach meiner Vergnügungsfahrt bin ich direkt nach Hause gegangen … Ach, aber eine Sache ist mir doch aufgefallen. Als ich ging, habe ich ein Auto gesehen, das vorm Bühneneingang hielt. Aber ich nehme an, das war der Arzt.«
    Fen schien sich für diese zusammenhanglosen Erinnerungen nicht zu interessieren. »Genug davon«, unterbrach er barsch. »Lassen Sie uns noch einmal auf Shands Ankunft und die Entdeckung der Leiche zurückkommen.«
    Mudge hüstelte und nahm eine Haltung an, die an einen Teilnehmer eines Rhetorikseminars erinnerte. »Dr. Shand öffnete die Tür« – er machte eine bedeutsame Pause – »und sah Shorthouse von der Stelle herunterhängen, die ich Ihnen schon gezeigt habe.« Er zeigte noch einmal darauf. »Er rief sofort nach Furbelow, der sich, wie wir wissen, gegenüber in seinem Schlafzimmer aufhielt. Gemeinsam holten sie den Unglücklichen herunter.
    Nun kommen wir zum springenden Punkt.« Mudge schüttelte seinen Zeigefinger, so als wolle er sie für ihre mangelnde Aufmerksamkeit tadeln. »Zu jenem Zeitpunkt war Shorthouse noch nicht tot, technisch gesprochen. Das soll heißen, dass seine Atmung zwar ausgesetzt hatte, sein Herz jedoch noch schlug. Mir wurde gesagt, dass dies bei Hinrichtungen vorkommen kann. Dr. Shand öffnete« – der Inspektor zog eine Art geistiges Schaubild zu Rate – »eine Speichenschlagader und sah, dass der Blutkreislauf noch funktionierte. Selbstverständlich konnte der Mann nicht wiederbelebt werden. Das Herz hörte wenige Momente, nachdem man ihn heruntergeholt hatte, auf zu schlagen. Und soviel ich weiß, schlägt das Herz nach Eintreten des Todes nur wenige Minuten weiter – höchstens .«
    Niemand sagte etwas. Sir Richard entzündete seine Pfeife mit einem Streichholz, dessen Lichtschein nervös auf seinem gebräunten, faltigen Gesicht, seinem stahlgrauen Haar und seinem Schnurrbart zuckte. Fen hatte mit dem Herumgezappel aufgehört und sich auf die Kante des Schminktisches gesetzt. Seine blassblauen Augen wirkten aufmerksam, und von der sonst für ihn so typischen, verstiegenen Naivität war im Moment keine Spur zu bemerken. Elizabeth hatte sich gesetzt, während Adam sich an der Lehne ihres Stuhles festhielt. Neben der Tür trat Furbelow von einem Bein aufs andere. Der Inspektor stand mitten zwischen ihnen wie ein Unterteufel, der beim Hexensabbat einer Gruppe von besonders begriffsstutzigen Hexen die Benimmregeln der Hölle aufzählt.
    »So weit, so gut«, fuhr er fort. »Und ich möchte Sie im Besonderen darauf hinweisen, dass hier außer Shorthouse niemand anwesend war, als der Doktor eintraf. Da er ein Mann von Verstand ist, überzeugte er sich vorsichtshalber noch einmal davon, aber Sie sehen ja selbst, dass man sich hier nirgends verstecken kann. Darüber hinaus kann man diesen Raum tatsächlich nur durch die Tür verlassen oder

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