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Schwanenschmaus im Porterhouse

Schwanenschmaus im Porterhouse

Titel: Schwanenschmaus im Porterhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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hatte, sollte sich später auszahlen. Sein absolut wahnwitziger Einsatz der Kavallerie im burmesischen Dschungel hatte die Japaner zermürbt und bei der Nennung seine Namens den Gedanken an ein Kamikaze-Element in der britischen Armee aufkommen lassen, von dessen Existenz sie nichts geahnt hatten. Sir Cathcart überstand diesen Feldzug mit zwölf Männern und einem derart lädierten Ruf, daß man ihn zum General beförderte, um die Vernichtung der gesamten Armee sowie den Verlust Indiens zu verhindern. Die frühzeitige Pensionierung und seine Kriegserfahrung, als er versucht hatte, Pferde dazu zu bewegen, das Unmögliche möglich zu machen, hatten Sir Cathcart ermutigt, zu seiner ersten Liebe zurückzukehren, und er hatte mit dem Zureiten von Pferden begonnen. Sein Rennstall in Croft war weltberühmt. Scheinbar mit Zauberhand, die jedoch weitgehend Skullions Gespür fürs Auswechseln zu verdanken war, konnte Sir Cathcart einen kurzatmigen Klepper in einen zweijährigen Sieger verwandeln und war dementsprechend wohlhabend geworden. Das auf einem großzügigen Grundstück gelegene Schloß Coft wurde vor neugierigen Blicken und Kameras durch eine hohe Mauer geschützt und besaß auch einen Ziergarten, wo in einem abgelegenen Winkel die Nebenprodukte aus dem Rennstall des Generals diskret und anonym zu »Cathcarts Katzenfutter in Dosen« verarbeitet wurden. Am Tor stieg Skullion ab und klopfte an die Tür des Pförtnerhäuschens. Ein japanischer Gärtner öffnete das Tor, ein Kriegsgefangener, dem Sir Cathcart die Weltnachrichten sorgfältig vorenthielt, welche dieser sich wegen der Sprachbarriere nicht selbst aneignen konnte. Skullion radelte die Auffahrt zum Haus hoch. Trotz seines Namens hatte Schloß Coft ganz und gar nichts Altertümliches. Der eindeutig aus der Regierungszeit Eduards VII. kurz nach der Jahrhundertwende stammende Backsteinbau zeugte von einer stolzen Gleichgültigkeit gegenüber Stilfragen und einem ausgeprägten Sinn für Komfort. Auf dem Kies vor der Haustür glänzte schwarz der Rolls-Royce des Generals, amtliches Kennzeichen RIP1. Skullion stieg ab und schob sein Fahrrad um die Ecke zum Dienstboteneingang. »Möchte den General sprechen«, gab er dem Koch zu verstehen. Gleich darauf wurde er in den Salon geführt, wo sich Sir Cathcart vor einem großen Kohlenfeuer in einem Sessel räkelte.
    »Nicht Ihr regulärer Nachmittag, Skullion«, stellte er fest, als Skullion mit dem Bowler in der Hand eintrat. »Nein, Sir. Außer der Reihe«, sagte Skullion. Der General wies ihm einen Küchenstuhl an, den der Koch bei diesen Gelegenheiten hereinbrachte; Skullion setzte sich und legte den Bowlerhut auf die Knie.
    »Rauchen Sie nur«, ermunterte ihn Sir Cathcart. Skullion holte seine Pfeife hervor und stopfte sie mit schwarzem Tabak aus einer Dose. Sir Cathcart beobachtete ihn mit grimmiger Zuneigung.
    »Sie schmauchen da wirklich einen üblen Knaster, Skullion«, sagte er, als blauer Rauch in Richtung Kamin zog. »Um so was zu vertragen, brauchen Sie eine Konstitution wie ein Elefant.« Skullion zog zufrieden an seiner Pfeife. In solchen Augenblicken ungezwungener Unterwürfigkeit war er am glücklichsten. Wenn er pfeiferauchend auf dem harten Küchenstuhl in Sir Cathcart D’Eaths Salon saß, fühlte er sich akzeptiert. Er sonnte sich in der leutseligen Überheblichkeit des Generals.
    »Da haben Sie ja ein hübsches blaues Auge«, sagte Sir Cathcart. »Sieht aus, als wären Sie im Krieg gewesen.«
    »Jawohl, Sir«, sagte Skullion. Er war mit dem blauen Auge ganz zufrieden.
    »Also, raus damit, Mann, was führt Sie hierher?« wollte Sir Cathcart wissen.
    »Es ist wegen des neuen Rektors. Er hat gestern abend auf dem Festmahl eine Rede gehalten«, teilte ihm Skullion mit. »Eine Rede? Auf dem Festmahl?« Sir Cathcart richtete sich in seinem Sessel auf.
    »Jawohl, Sir. Ich wußte, es würde Ihnen nicht gefallen.«
    »Eine Schande ist das. Was hat er gesagt?«
    »Er sagt, er will das College verändern.« Sir Cathcart traten die Augen aus den Höhlen. »Das College verändern? Was zum Teufel meint er damit? Der verfluchte Laden ist schon bis zur Unkenntlichkeit verändert. Kann den Schuppen nicht betreten, ohne irgendeinen langhaarigen Flegel zu sehen, der mehr Ähnlichkeit mit einem Mädchen als mit einem Mann hat. Wimmelt dort nur so von Tunten. Das College verändern? Wenn überhaupt verändern, dann zurück zu den guten alten Werten und Traditionen: Den Burschen die Haare abschneiden und sie in den

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