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Schwangerschaft ist keine Krankheit

Schwangerschaft ist keine Krankheit

Titel: Schwangerschaft ist keine Krankheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jael Backe
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dies sollen Sie auf Nachfrage bestätigen können. Sie sollen vermittelt bekommen, dass Häufigkeit und Dauer der Stillmahlzeiten nicht begrenzt sind.
    Fazit: Die Anzahl der Beratungsinhalte, die allein in diesem Zusammenhang vermittelt werden sollen, sprengt jedes Maß. Eine Wöchnerin ist maximal vier bis fünf Tage auf der Wochenstation – in dieser Zeit hagelt es Belehrungen, Schulungen und Überprüfungen. Das ist Stillbevormundung in Reinkultur. Durch den Stilldrill werden junge Mütter vergrault, ihren Kindern die Brust zu geben.
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Neunter Schritt
    Â»Gestillten Säuglingen keine künstlichen Sauger geben.«
    Künstliche Sauger – dazu gehören Schnuller, Fläschchen sowie Still- oder Brusthütchen & Co. – führen laut Richtlinien zur ungünstigen Beeinflussung des Saugverhaltens. Schnuller und Beruhigungssauger gibt es in »babyfreundlichen Krankenhäusern« nicht. Den Müttern werden stattdessen Beruhigungsmethoden für das Baby beigebracht. Falls Sie einen Schnuller für Ihr Baby wünschen, müssen Sie diesen selbst mitbringen. In diesem Fall sollen Sie aufgeklärt werden, dass die Verwendung von Schnullern Risiken in der Neugeborenenzeit mit sich bringt; diese Beratung ist schriftlich zu dokumentieren. Werden Brusthütchen gebraucht, soll auf eine strenge Indikationsstellung geachtet werden; auch dies soll schriftlich dokumentiert werden.
    Fazit: Aufklärung, Risiken, Gefahren, Richtlinien, schriftliche Dokumentationen von »Verstößen« – all das erinnert mich an eine Vollzugsanstalt. Es ist Still-Vollzug.
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Zehnter Schritt
    Â»Die Mütter auf Stillgruppen hinweisen und die Entstehung von Stillgruppen fördern.«
    Das Krankenhaus »muss« Sie bei Ihrer Entlassung auf die Existenz ehrenamtlicher Stillgruppen hinweisen, Ihnen schriftliches Informationsmaterial mitgeben und eine telefonische Stillberatung sowie Stillambulanzen anbieten, denn es wird davon ausgegangen, dass die Teilnahme an Stillgruppen günstige Auswirkungen auf eine längere Stilldauer hat. Außerdem werden Sie vor der Entlassung auf das Angebot von Nachsorgeuntersuchungen durch Hebammen hingewiesen. Sie sollen die Stillempfehlung der WHO kennen, sechs Monate ausschließlich zu stillen und danach unter Beikost mindestens bis zum Alter von zwei Jahren weiterzustillen.
    Fazit: Das Stillen wird hier zum Dogma, zu einer Ideologie, die mit größtem Sendungsbewusstsein propagiert wird – selbst nach der Entlassung aus der Klinik.
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Babyfreundlich ist nicht immer gleich mütterfreundlich
    Erinnern wir uns noch einmal an Andrea M. Sie fühlte sich gestört von den andauernden Belehrungen durch das Personal im »babyfreundlichen Krankenhaus«. Man kritisierte sie fortwährend, korrigierte Stillhaltung und -häufigkeit, man ließ ihr keine Ruhe. Sie begann das Stillen grundsätzlich abzulehnen. Erst als sie ungestört zu Hause war, konnte sie eine echte Bindung zu ihrem Kind eingehen – und es stillen.
    Noch gravierender waren die Erlebnisse bei Angelika K. Sie war nach dem Kaiserschnitt erschöpft und fühlte sich matt. Aufgrund ihrer beiden Wünsche, das Kind einmalig mit Tee zuzufüttern und es eine Nacht von ihr zu trennen, kam es zur Konfrontation mit dem Klinikpersonal. Sie hatte nach dem Kodex der Stillrichtlinien gleich zwei »Sünden« begangen. Deswegen erhöhte man den Stilldruck auf sie. Angelika aber wollte nur ein paar Stunden Ruhe, um schlafen zu können, und weniger Einmischungen von Stillberaterinnen in ihr persönliches und intimes Leben. Dem Krankenhaus hingegen ging es um die Re-Zertifizierung.
    Ganz offensichtlich ist ein »babyfreundliches Krankenhaus« nicht bereit, mütterfreundlich zu sein. Starre Vorgaben verhindern ein menschliches Abweichen von den Richtlinien.
    Angelika und Andrea fühlten sich wie schlechte Mütter und hatten das Gefühl, versagt zu haben, als sie das Krankenhaus verließen. Sie haben heute beide den Eindruck, dass das »babyfreundliche Krankenhaus« beinahe genau das verhindert hätte, was es eigentlich erreichen wollte: das Stillen. Bei beiden hat das Stillen zu Hause – im stress- und beratungsfreien Umfeld – dann doch noch ganz wunderbar geklappt.
    Doch auch die Erlebnisse von Monika T., die sich durch die Bemühungen des »babyfreundlichen Krankenhauses« in positiver Weise beim

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