Schwangerschaft ist keine Krankheit
leiden häufiger unter Nahrungsmittelallergien,
⢠haben häufiger Zöliakie (eine chronische Entzündung der Dünndarm-Schleimhaut),
⢠verpassen eine Phase der Geschmacksentwicklung, in der neue Geschmacksrichtungen erlernt und geprägt werden können, welche für einen späteren gesunden Ernährungsstil wichtig sind (Fewtrell 2010).
Auch in den Medien kommt es gelegentlich zu kritischen Darstellungen. Eine Kritik am Langzeitstillen im WDR führte zu einer Protestnote der Mitgliedsorganisationen des »Runden Tisches zur Stillförderung in Deutschland«. Unterschrieben wurde dieses Protestschreiben von nicht weniger als zwölf Vereinen und Institutionen. Ich möchte sie hier einzeln nennen, um das Ausmaà der institutionalisierten Stillförderung in Deutschland aufzuzeigen:
⢠Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen (AFS)
⢠Deutscher Hebammenverband e. V.
⢠Aktionsgruppe Babynahrung
⢠Ausbildungszentrum für Laktation und Stillen
⢠Fachgebiet Gesundheits- und Krankheitslehre, Psychosomatik der Universität Osnabrück
⢠Europäische LaktationsberaterInnen Allianz (ELACTA)
⢠La Leche Liga Deutschland e. V. (LLL)
⢠Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands e. V. (BfHD)
⢠Europäisches Institut für Stillen und Laktation
⢠Fortbildungszentrum Bensberg
⢠Gesellschaft für Geburtsvorbereitung, Familienbildung und Frauengesundheit e. V. (GfG)
⢠Berufsverband Deutscher Laktationsberaterinnen e. V. (IBCLC) 8
In Deutschland gibt es seit 1994 auÃerdem eine »Nationale Stillkommission«, die seit 2002 dem Bundesinstitut für Risikobewertung zugeordnet wurde. Sie koordiniert MaÃnahmen zur Stillförderung und hilft bei der praktischen Umsetzung von Richtlinien und Empfehlungen bezüglich des Stillens.
Fazit: Das Stillen ist in Deutschland eine institutionalisierte Angelegenheit geworden. Die »Privatsache Stillen« wird vom Staat geschützt.
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Das Untergraben des Stillgedankens durch Hersteller von Babynahrung
Wechseln wir den Blickwinkel und fragen, ob das Stillen wirklich so viel Schutz benötigt. Bereits in den 1970er-Jahren beobachtete das Kinderärzte-Ehepaar Dick und Pat Jelliffe, dass in den Ländern der sogenannten Dritten Welt die Verwendung von künstlicher Babynahrung zu einer hohen Kindersterblichkeit führte. UnsachgemäÃe Werbung führte dazu, dass viele Frauen abstillten, stattdessen künstliche Babynahrung kauften und diese mit Wasser einer sehr schlechten Qualität zubereiteten und zudem zu stark verdünnten. Diese Ergebnisse führten schlieÃlich im Jahr 1974 zum sogenannten Baby-Killer-Skandal der die ganze Welt aufrüttelte und in einen internationalen Boykottaufruf gegenüber der Firma Nestlé mündete (vgl. Chetley 1979).
WHO-Kodex
Eine Folge des Skandals war es, dass die Weltgesundheitsorganisation im Jahr 1981 den »Kodex für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten«, den sogenannten WHO-Kodex, veröffentlichte. Er bezieht sich auf künstliche Milchprodukte für Säuglinge, auf andere Produkte, aus denen künstliche Babynahrung hergestellt wird, sowie auf Babyfläschchen und -sauger. Jegliche Werbung für diese Produkte in der Ãffentlichkeit oder in Einrichtungen des Gesundheitswesens sowie das Verteilen von Gratisproben an Mütter ist laut Kodex verboten. Die Idealisierung von künstlicher Babynahrung durch bildhafte Darstellungen und irreführende Bezeichnungen ist nicht gestattet.
Ziele des Kodex sind der Schutz und die Förderung des Stillens sowie die Eindämmung irreführender Werbung und anderer unlauterer Marketing-maÃnahmen.
Weltweit haben die meisten Staaten MaÃnahmen zur Umsetzung des WHO-Kodex ergriffen. Auch Mitgliedsstaaten der Europäischen Union unterstützen dessen Vorgaben. In Deutschland sind entsprechende Regelungen in der Diätverordnung niedergelegt.
Offenkundige VerstöÃe
Leider gibt es trotz dieser weitreichenden Regelungen immer wieder offenkundige VerstöÃe gegen den Kodex â auch in Deutschland. Ganz aktuell wirbt die Babynahrungsindustrie in Anzeigen und Werbespots für Babyflaschennahrung und verwendet dabei Slogans wie »Nach dem Vorbild der Muttermilch« oder »Nah am Wunder der Natur«. Der Hersteller gibt an, durch Zugabe eines Mehrfachzuckers und von Milchsäurebakterien komme das Produkt der
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