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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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dem man alle lebenswichtigen Organe entnommen
    und nur das Knochengerüst übriggelassen hatte.
    * Der Betrieb eines Schachts zerfällt in die Arbeiten in der Teufe
    (Tiefe), also im Innern der Grube, und die Tagesarbeiten außer-
    halb.
    — 10 —
    Von jenem Material waren nur einige lange Holzleitern
    zurückgeblieben, die den Zugang zur Grube durch den Ya-
    row-Schacht vermittelten. Durch ihn gelangte man jetzt seit
    Einstellung der Arbeiten ausschließlich in die Stollen der
    Grube Dochart.
    Äußerlich verrieten noch die Gebäude, die früher zum
    Schutz der Tagarbeiten errichtet wurden, die Stellen der
    Schächte genannter Grube, die jetzt völlig öde und ebenso
    verlassen war, wie die benachbarten Gruben, die zusammen
    die Kohlenbergwerke von Aberfoyle bildeten.
    Es war ein trauriger Tag, als die Bergleute damals zum
    letzten Mal die Schächte verließen, in denen sie so viele
    Jahre gelebt und gearbeitet hatten.
    Der Ingenieur James Starr hatte die Tausende von Ar-
    beitern, die tätige und mutige Bevölkerung des Kohlen-
    bergwerks, um sich versammelt. Hauer, Wagentreiber, Stei-
    ger, Zufüller, Zimmerer, Wegarbeiter, Schaffner, Sortierer,
    Schmiede, Schlosser, Männer, Frauen und Greise, Werkleute
    von unten und oben, alle traten in dem großen Hof der
    Grube Dochart zusammen, den vormals die Kohlenvorräte
    des Bergwerks füllten.
    Die braven Leute, die jetzt die Sorge um das tägliche
    Brot zerstreuen sollte – sie, die so lange Jahre, ein Ge-
    schlecht nach dem andern, in dem alten Aberfoyle verlebt
    hatten, warteten, bevor sie den Ort verließen, nur noch auf
    einige Abschiedsworte ihres Ingenieurs. Die Gesellschaft
    hatte ihnen als Gratifikation die Erträge des laufenden Jah-
    res zukommen lassen. Im Grunde war das nicht viel, denn
    — 11 —
    die Betriebskosten erreichten nahezu den Ertrag der Aus-
    beute, es gewährte ihnen aber doch die Möglichkeit, sich so
    lange fortzuhelfen, bis sie entweder an den Kohlenbergwer-
    ken der Nachbarschaft, bei der Landwirtschaft oder in den
    Werkstätten der Grafschaft eine neue Stellung fanden.
    James Starr stand vor der Tür des geräumigen Schup-
    pens, unter dem die mächtigen Fördermaschinen so lange
    Zeit hindurch gearbeitet hatten.
    Simon Ford, der Obersteiger der Grube Dochart, der da-
    mals 55 Jahre zählte, und noch mehrere andere Werkführer
    bildeten einen Halbkreis um ihn.
    James Starr entblößte das Haupt, die Bergleute beobach-
    teten, die Mützen in der Hand, das tiefste Schweigen.
    Diese Abschiedsszene trug einen rührenden und doch
    gleichzeitig großartigen Charakter.
    »Meine Freunde«, begann der Ingenieur, »die Stunde
    der Trennung hat für uns geschlagen. Die Gruben von Aber-
    foyle, die uns so lange Zeit zu gemeinsamer Tätigkeit verei-
    nigten, sind erschöpft. Die sorgsamsten Nachforschungen
    haben nicht die kleinste neue Ader mehr ergeben, und das
    letzte Stückchen Steinkohle ist aus der Grube Dochart ge-
    fördert worden!«
    Zur Erläuterung seiner Worte zeigte James Starr den
    Bergleuten ein Stück Kohle, das in einem Förderwagen zu-
    rückgelassen worden war.
    »Dieses Kohlenstück, meine Freunde«, fuhr der Ingeni-
    eur fort, »gleicht dem letzten Blutkörperchen, das früher in
    den Adern von Aberfoyle zirkulierte! Wir werden es aufbe-
    — 12 —
    wahren, ebenso wie das erste Stück Kohle, das vor nun 150
    Jahren aus den Lagerstätten von Aberfoyle zu Tage gebracht
    wurde. Zwischen diesen beiden Stücken Kohle hat sich so
    manche Generation von Arbeitskräften in unseren Gru-
    ben abgelöst! Jetzt ist alles zu Ende! Die letzten Worte, die
    euer Ingenieur an euch richtet, sind Worte des Abschieds.
    Ihr habt euer Leben gefristet von der Grube, die sich un-
    ter euren Händen entleert hat. Die Arbeit war wohl hart,
    aber nicht ohne Vorteil auch für euch. Unsere große Familie
    steht im Begriff, auseinanderzugehen, und es ist kaum vor-
    stellbar, daß sich ihre zerstreuten Mitglieder jemals wieder
    zusammenfinden wie heute. Vergeßt deshalb aber niemals,
    daß wir so lange Jahre miteinander gelebt haben, und daß es
    den Bergleuten von Aberfoyle eine Ehrenpflicht bleibt, sich
    gegenseitig zu unterstützen. Auch eure früheren Vorgesetz-
    ten werden sich dieser Pflicht immerfort erinnern. Die mit-
    einander gearbeitet haben, die können einander nie ganz
    fremd werden. Wir werden auch ferner über euch wachen,
    und wohin ihr als ehrenhafte Leute euch wendet, werden
    euch unsere Empfehlungen begleiten. So lebt wohl,

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