Schwarz-Indien
Rotliegenden,
die Steinkohle eingebettet ist. Darauf folgt die mesozoische
oder sekundäre Formation (mit Buntsandstein, Muschel-
kalk usw.); darüber lagert die känozoische oder tertiäre
Formation und endlich die quaternäre, das Gebiet der älte-
ren und neueren Alluvien.
In jener Kindeszeit der Erde stürzte sich das noch von
keinem Bett eingedämmte und durch die reichliche Ver-
dunstung überall hingeführte Wasser von den kaum gebil-
deten Felsen herab und riß abgewaschene Schiefer-, Sand-
und Kalkgesteine mit sich fort. Diese lagerten sich über den
Torfmoorwäldern ab und bildeten die Elemente, welche die
Steinkohlenschichten überdeckten. Mit der Zeit – aber frei-
lich handelt es sich hier stets um Millionen von Jahren – er-
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härteten diese Schichten und verschlossen die ganze Masse
der gesunkenen Wälder mit einem dichten Panzer von Pud-
dingsteinen, Schiefern, festem oder zerreiblichem Sand-
stein, Sand und Kies.
Was ging nun in jenem Riesenkolben vor, in dem sich
das vegetabilische Grundmaterial in verschiedenen Tie-
fen zusammengehäuft hatte? Es vollzog sich ein wirklicher
chemischer Prozeß, eine Art Destillation. Aller Kohlenstoff
jener Pflanzenmassen sammelte sich darin, und nach und
nach entstand daraus die Steinkohle unter dem zweifachen
Einfluß eines enormen Drucks und einer sehr hohen Tem-
peratur, die von dem damals noch so nahen Feuer des Er-
dinnern herrührte.
So trat infolge dieser langsamen, aber unwiderstehlichen
Reaktion ein Reich an die Stelle des anderen. Die Pflanzen
bildeten sich zu Mineralien um. Alles, was sein vegetatives
Leben dem Nahrungsüberfluß der ersten Tage verdankte,
versteinerte jetzt. Verschiedene, in jenen ungeheuren, noch
unvollkommen veränderten Pflanzenmassen eingeschlos-
sene Substanzen hinterließen ihren Abdruck auf anderen,
schneller erhärteten Produkten, die sie wie eine hydrau-
lische Presse mit unermeßlich großer Gewalt zusammen-
drückten. Zu gleicher Zeit entstanden auf der noch weiche-
ren Steinkohle jene zarten, »wunderbar fein gezeichneten«
Abdrücke von Muscheltieren, Zoophyten, Seesternen, Poly-
pen, Spiriferen, ja selbst von mit dem Wasser hinabgeführ-
ten Fischen und Eidechsen.*
Bei der Bildung von Kohlenlagern scheint besonders der
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darauf lastende Druck eine einflußreiche Rolle gespielt zu
haben. Höchstwahrscheinlich bestimmte dessen Grad die
Bildung der unterschiedlichen Steinkohlensorten, die wir
jetzt verbrauchen. So erscheint in den tiefsten Schichten der
Erde der Anthrazit, dem fast jede flüchtige Substanz abgeht
und der dafür am reichsten an Kohlenstoff ist. In den hö-
heren Lagern tritt dagegen der Lignit und das fossile Holz
auf, Substanzen, die weit weniger Prozente Kohlenstoff ent-
halten. Zwischen diesen beiden äußersten Schichten trifft
man, je nach dem Grad des Drucks, der auf den Ablagerun-
gen lastete, den Graphit, die fetten und die mageren Stein-
kohlen. Man ist auch zu der Annahme berechtigt, daß die
Torfmoore nur wegen Mangels an Druck sich nicht weiter
umbildeten.
Der Ursprung der Steinkohlen, an welcher Stelle der Erde
man sie auch immer finden mag, dürfte also kurz folgender
sein: Versenkung ausgedehnter Wälder der geologischen
Epoche in die Erdrinde, dann Mineralisation der Pflan-
zensubstanz durch die Wirkung von Druck und Wärme bei
gleichzeitigem Einfluß von Kohlensäure.
Die sonst so freigebige Natur hat aber nicht genug Wäl-
* Hierher gehört die Bemerkung, daß alle jene Pflanzen, deren
Abdrücke man findet, jetzt nur im Äquatorialgebiet vorkommen.
Man schließt daraus auf eine damals gleichmäßige Verteilung der
Wärme über der Erdoberfläche, ob diese nun von Strömungen des
Wassers oder von dem Durchdringen derselben durch die porösere
Erdrinde herrührte. So erklärte sich die Entstehung von Steinkoh-
lenschichten unter allen Breiten.
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der untergehen lassen, um einen mehrtausendjährigen Ver-
brauch zu sichern – die Steinkohle wird einmal zu Ende
gehen, da besteht kein Zweifel. Die Maschinen der ganzen
Welt werden einst zu ruhen gezwungen sein, wenn es nicht
gelingen sollte, die Kohle durch ein anderes Heizmaterial
zu ersetzen. In mehr oder weniger entfernter Zeit wird es
keine weiteren Lager geben als diejenigen, die vielleicht in
Grönland oder in der Umgebung des Baffinsmeers eine
ewige Eisdecke begräbt und an deren Ausbeutung selbstver-
ständlich kaum zu denken ist.
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