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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Menschen gekannt, der mit Gefahr seines Lebens Tag für Tag beschränktere Explosionen der schlagenden Wetter hervorrief. Häufig sah er damals dieses sonderbare Wesen, das auf dem Grunde der Gänge dahinkroch, begleitet von einem ungeheuren Harfang, einer Art riesenhafter Nachteule, die ihn bei seinem gefährlichen Geschäfte dadurch unterstützte, daß sie einen brennenden Docht oft da hinauf trug, wohin Silfax’ Arme nicht reichten. Eines Tages verschwand dieser Greis und mit ihm ein kleines Waisenmädchen, das in dem Werke geboren war, und außer ihm, seinem Großvater, weitere Angehörige nicht mehr besaß. Nell war unzweifelhaft dieses Kind. Seit fünfzehn Jahren hatten Beide nun in den finsteren Abgründen gelebt, bis zu dem Tage, da Harry Nell daraus errettete.
    Ebenso von Mitleid wie von Zorn erregt, erzählte der alte Obersteiger nun dem Ingenieur und seinem Sohne, was der Anblick dieses Namens Silfax in ihm an Erinnerungen weckte.
    Jetzt verbreitete sich endlich Licht. Silfax war das geheimnißvolle, in den Tiefen Neu-Abersoyte’s vergeblich gesuchte Wesen.
    »Ihr habt ihn also gekannt, Simon? fragte der Ingenieur.
    – Gewiß, erwiderte der Obersteiger. Der Mann mit dem Harfang! Er war nicht mehr jung; er mochte fünfzehn bis zwanzig Jahre mehr zählen als ich. Ein wilder, menschenscheuer Charakter, der sich mit Niemandem vertrug und weder Wasser noch Feuer fürchtete. Die Beschäftigung als Büßer, der sich nicht Viele unterziehen mögen, wählte er aus Wohlgefallen daran. Die tagtägliche Gefahr schien seine Gedanken zu verwirren. Man hielt ihn wohl für bös, während er vielleicht nur ein Narr war. Dabei hatte er eine ungewöhnliche Körperkraft und kannte die Grube wie kaum ein Anderer – wenigstens so gut wie ich selbst. Man gewährte ihm stets eine gewisse Freiheit. Meiner Treu, ich hätt’ ihn schon seit vielen Jahren todt geglaubt.
    – Was will er aber, fuhr James Starr fort, mit den Worten: »Du hast mir die letzte Ader unserer alten Grube gestohlen!« sagen?
    – Nun, seit langer Zeit schon, antwortete Simon Ford, behauptete Silfax, mit dessen Gehirn es wie gesagt nicht ganz richtig war, einen Anspruch auf das alte Abersoyte zu haben. So ward auch sein ganzes Wesen nur desto scheuer und wilder, je mehr seine Grube Dochart – seine Grube! – sich zu Ende neigte. Es schien, als rissen die Schläge der Häuer ihm die eigenen Eingeweide aus dem Innern. – Du erinnerst Dich dessen, Madge?
    – Recht gut, Simon, bestätigte die alte Schottin.
    – Alles das tritt mir wieder vor Augen, fügte Simon Ford hinzu, seit ich den Namen Silfax auf dieser Thür sah. Doch, ich wiederhole es, den hielt ich längst für todt und kam gar nicht auf den Gedanken, daß jener von uns gesuchte Uebelthäter der frühere Büßer der Grube Dochart sei.
    – Jetzt erklärt sich Alles, meinte James Starr. Ein Zufall hat Silfax das Vorhandensein der neuen Kohlenlager enthüllt. In seiner wahnsinnigen Verblendung hielt er sich zu deren Beschützer berufen. So mag er, da er in der Grube lebte und dieselbe Tag und Nacht durchstreifte, auch Euer Geheimniß, Simon, und dabei die Absicht, mich eiligst nach der Cottage zu bestellen, in Erfahrung gebracht haben. Das erklärt die Absendung jenes, dem Eurigen widersprechenden Briefes, das Herabwerfen jenes Steines nach Harry und mir, sowie die Zerstörung der Leitern im Yarow-Schachte; das erklärt die Verschließung der Spalten in der Zwischenwand nach den neuen Lagerstätten, unsere Einschließung und unsere Erlösung, die wir, gewiß wider Wissen und Willen des alten Silfax, der gutmüthigen Nell verdanken.
    – Ihre Darstellung der Thatsachen, bemerkte Simon Ford, trifft gewiß das Richtige, Herr James. Der alte Büßer ist jetzt unzweifelhaft ganz wahnsinnig.
    – Das ist ein wahres Glück, äußerte Madge.
    – Ich weiß nicht, erwiderte James Starr kopfschüttelnd, ob ich dem zustimmen soll, denn sein Wahnsinn muß wohl entsetzlicher Art sein. O, jetzt begreif’ ich, daß Nell nur mit Schrecken und Abscheu an ihn denken konnte, und verstehe es, daß sie ihren eigenen Großvater nicht denunciren mochte. Welch’ traurige Jahre mag sie in Gesellschaft dieses Greises verlebt haben!
    – Gewiß, sehr traurige! meinte Simon Ford, bei diesem Wilden und seinem nicht minder schrecklichen Harfang. Ganz sicher lebt auch dieser Vogel noch, denn nur er kann damals unsere Lampe ausgelöscht und später das Seil zerhackt haben, an dem Harry und Nell hingen…
    – Und ich begreife

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