Schwarz wie Samt
hatte, aber ich wünschte das Ende dieses Urlaubs herbei, nicht zuletzt weil ich nicht wusste wie es Salman ging, sondern auch weil ich ihn so bald wie möglich wieder sehen wollte.
Abends saßen wir vor unserem Bungalow unter Phönixpalmen mit Blick auf den Kilimandscharo, der bis zum Sonnenuntergang mit seiner weißen Kappe leuchtete. Die Moskitos umschwirrten uns, aber dank guter Prophylaxe und ekelhaft riechenden Schutzölen, mit denen wir uns eingerieben hatten, flogen sie nur um uns herum, ohne uns zu stechen.
Mein Vater war in seine Zeitungen und Nachrichtenblätter vertieft, während meine Mutter ihre geliebten Kriminalromane las. Ich saß nur dabei und döste dem Sonnenuntergang entgegen. Mit meinen Gedanken war ich abwechselnd bei Salman und dann wieder in Berlin.
In der zweiten Woche gab es dann einen Zwischenfall, der uns zur vorzeitigen Abreise bewog. Obwohl mein Vater eine Jagderlaubnis von höchster Stelle erhalten hatte, machten die Aufseher Schwierigkeiten. Sie verboten ihm, auf Springböcke zu schießen, weil diese von einer internationalen Forschergruppe zu aussterbenden Spezies erklärt worden waren. Mein Vater war empört. Er hatte viel Geld für die Jagderlaubnis bezahlt und wollte sein neues Gewehr unbedingt zum Einsatz bringen. Trotzdem war es schon vor unserer Abfahrt klar gewesen, dass die Aufseher wieder Probleme machen würden. Außerdem war ein generelles Verbot der Jagd für diesen Nationalpark zu erwarten. Es war nur den ansässigen Massais zu verdanken, dass es noch nicht dazu gekommen war. Sie lebten von den Tieren hier und deshalb wurden auch einzelne Genehmigungen erteilt.
Es kam wie es kommen musste: Mein Vater legte sich mit den Aufsehern an, die jedoch nicht umzustimmen waren. Sie beriefen sich auf ein Papier der Regierung, das sie schwarz auf weiß vorzeigen konnten. Wir reisten deshalb eine Woche früher ab, als geplant. Meine Mutter war natürlich in schlechter Stimmung, weil sie sich den Aufenthalt als Erholung für uns alle vorgestellt hatte. Aber mein Vater war ohne Jagd nicht an diesem Ort zu halten, er wollte zurück nach Nairobi.
Also ließen wir Onkel Simon verständigen, der uns ohne große Umstände zurückflog. Während des Fluges erzählte er von seinen großen Jagderfolgen und ich sah, wie mein Vater immer grauer im Gesicht wurde. Er konnte es sich nicht leisten, als Botschafter schwarz zu jagen, obwohl er es gerne getan hätte und sicher genau so erfolgreich wie Onkel Simon gewesen wäre.
Ich hatte immer wieder versucht, meine Mutter wegen Ivan auszufragen, aber sie wehrte ab. Obwohl mein Vater seltsame Andeutungen gemacht hatte, wollte sie nicht mit der Sprache herausrücken. Ich hoffte, dass sie es bald nicht mehr aushielt, und mir doch die Wahrheit erzählte.
6. Kapitel
Noch zwei Wochen würde ich in Nairobi bleiben, dann würde ich zurück nach Berlin fliegen. Als wir vor unserem Hause standen, arbeitete Salmans Vater wieder im Garten. Ich hatte ihn sofort in den Rosenbeeten entdeckt. Nachdem meine Mutter in der Küche verschwunden war, verließ ich das Haus über den Wintergarten und ging zu Salmans Vater. Ich begrüßte ihn freundlich, aber er blickte kaum auf. So mürrisch hatte ich ihn noch nie erlebt. Trotzdem musste ich erfahren, wie es Salman ging und ob er noch in dem Haus wohnte, in dem ich ihn besucht hatte. Etwas unsicher fragte ich nach dem Befinden der Familie.
Mr. Martinez blickte weiterhin auf das Rosenbeet und bearbeitete die grobe Erde, als er antwortete: „Meine Schwiegertochter und der Kleine sind gestorben. Salman liegt noch im Krankenhaus.“ antwortete er tonlos. Er vermied weiter den Blickkontakt mit mir, er kam mir noch kleiner als sonst vor. Ich stammelte etwas wie: „Das tut mir schrecklich leid.“, aber Mr. Martinez nahm keine weitere Notiz von mir.
Ich rannte zurück ins Haus. In meinem Zimmer setzte ich mich erst einmal auf das Bett und fühlte, wie mir die Tränen über das Gesicht liefen. Salman war wieder frei. Glück und gleichzeitig Entsetzen über mein Glücksgefühl mischten sich zu einer undefinierbaren Gefühlseinheit. Ich musste sofort zu ihm. Nichts würde mich davon abhalten können. Dass seine Frau und das Kind nicht mehr lebten war schrecklich für ihn, aber vielleicht würde es ihn trösten, wenn ich für ihn da wäre.
In Nairobi gab es nur ein großes Krankenhaus, in dem schwere Fälle behandelt wurden. Ich fuhr am nächsten Morgen mit unserem Chauffeur hin. Meine Mutter verstand, dass ich
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