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Schwarz wie Samt

Schwarz wie Samt

Titel: Schwarz wie Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trump
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Salman nach diesem schrecklichen Verlust seiner Familie besuchen wollte und gab mir sogar ein Geschenk für ihn mit.
    Ich betrat das Hospital durch ein weites Tor, das links und rechts von großen Säulen eingerahmt war. Bei der Anmeldung erfuhr ich, dass Salman in der oberen Etage in der Seuchenabteilung lag. Besuche waren nur Familienangehörigen gestattet. Ich ging trotzdem hinauf, um auf der Station mit dem Arzt zu sprechen. In einem deutschen Krankenhaus hätte ich die Seuchenabteilung sicher nicht betreten dürfen, aber in Nairobi musste man als Weißer kaum Widerstand erwarten. Ich ging deshalb selbstbewusst und hoch erhobenen Hauptes in die Station und fragte nach Salman. Die Schwester stellte keine Fragen, sondern zeigte mit der Hand auf eine geschlossenen Zimmertüre.
    Ich ging ohne Anzuklopfen hinein. Dumpfer Medikamentengeruch schlug mir entgegen. Salman lag mit dem Gesicht zur Wand auf einer heruntergekommenen Liege und war kaum zugedeckt. Auf Zehenspitzen näherte ich mich seinem Bett und blieb vor ihm stehen. Langsam wandte er mir das Gesicht zu. Seine Augen sahen mich mit trübem Blick an, in seinem Gesicht konnte ich keine Regung entdecken. Sein Blick ging durch mich hindurch. Ich nahm seine Hand, die wie ein toter Vogel auf dem Bett lag und sagte: „Salman, erkennst du mich gar nicht? Ich bin es, Arven.“ Aber er sah noch immer ausdruckslos an mir vorbei. Ich holte mir einen Stuhl aus der Zimmerecke und setzte mich vor ihn. Mein Geschenk hatte ich an seinem Bettende abgelegt. Der Geruch in diesem Raum nahm mir fast den Atem. Salman hatte Schweißperlen auf der Stirn und ich wischte sie ihm mit einem Taschentuch ab. Er sah mich nur an, ohne zu sprechen. Mein Hals war wie zugeschnürt und ich konnte kaum atmen. Er war offensichtlich nicht in der Lage, etwas zu sagen, warum, konnte ich nicht erkennen. War es die Krankheit selbst, oder der Tod seiner Frau und seines Sohnes. Ich streichelte ihn über seine borstigen Haare und sprach zu ihm, wie zu einem Kind: „Ich bin bei dir, es wird alles wieder gut!“
    Er blieb stumm. Ich erzählte ihm von unserer Safari und dass ich mir Sorgen um ihn machte. Nach einer Stunde beschloss ich wieder zu gehen. Ich sagte zu ihm: „Salman, morgen komme ich wieder, ich besuche dich, so oft es geht und du wirst bald wieder gesund werden.“
    Nach dem Krankenhausbesuch stieg ich in das klimatisierte Auto und fuhr wieder nach Hause. Meine Mutter sah mich nur an und als ich in Tränen ausbrach, nahm sich mich stumm in die Arme. „Er wird auch sterben“, sagte ich unter Schluchzen. Sie ließ mich wieder los und um mich zu trösten sagte sie: „Du musst da nicht noch einmal hin gehen. Er hat seine Familie.“
    Ich gab ihr keine Antwort. Sie wusste ja nicht, wie wichtig es für mich war, dass Salman wieder gesund wurde. Und dass mich keine Macht der Welt davon abhalten würde, ihn schon morgen wieder zu besuchen. Ich ging auf mein Zimmer, um keine weiteren Erklärungen abgeben zu müssen.
    Am nächsten Tag fuhr ich wieder zu ihm, dieses Mal mit einem Taxi, damit meine Eltern nichts davon erfuhren. Salman lächelte mich an, als ich mich zu ihm setzte. Er hatte sicher auf mich gewartet. Er sah mich an, sprach aber wieder kein Wort. Ich war so glücklich, dass er mich wenigstens wahr nahm. Ich streichelte seine warme samtige Haut und sagte ihm, dass ich ihn liebte. Obwohl mir der Geruch in diesem Zimmer Übelkeit bereitete, nahm ich mich zusammen und blieb bei ihm, bis eine Schwester kam und mich zum Gehen aufforderte.
    Es waren noch 10 Tage bis zu meinem Abflug nach Berlin. Ich hoffte, dass Salman bis zu diesem Zeitpunkt wieder aus dem Krankenhaus entlassen wurde. In den letzten Tagen hatte er gute Fortschritte gemacht.
    Als ich von einem meiner letzten Besuche von Salman nach Hause kam, wartete meine Mutter schon in der Diele auf mich. Sie trat mir in den Weg und nahm mich beim Arm. Mit schriller Stimme schrie sie: „Wo kommst du nun wieder her? Erzähl mir bitte keine Geschichten. Ich weiß alles!“
    Ich versuchte mich von ihr loszumachen, aber sie hielt mich fest. Da antwortete ich trotzig: „Ich war bei Salman, oder was hast du erwartet?“
    Sie ließ mich kurz los, aber nur um mir eine schallende Ohrfeige zu geben. Noch nie hatte mich meine Mutter geschlagen. Ich rannte los und schloss mich in meinem Zimmer ein. Sie folgte mir und trommelte mit den Fäusten an meine Türe. Dabei rief sie immer wieder: „Du bist übergeschnappt, du wirfst dein Leben weg, komm zur

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