Schwarz wie Samt
und Salman fühlte sich in der schicken Umgebung etwas unbehaglich. Er sagte: „Wenn wir in Kairo sind, wird es einfacher sein. Du kannst afrikanische Kleidung tragen und niemand wird uns anstarren.“ Damit hatte er Recht, denn wenn ich braun gebrannt war, konnte man mich gut für eine hellhäutige Schwarze halten. Unser Leben wäre dadurch sicher einfacher. Trotzdem versuchte ich Salman klar zu machen, dass ich nicht auf ewig in Afrika leben wollte. Er musste unbedingt Deutsch lernen, damit wir später hier in Berlin bleiben konnten. Er hätte sicher die Möglichkeit über die diplomatischen Beziehungen meines Vaters eine Stelle in einem Konsulat zu bekommen. Dort wurden immer Juristen gebraucht, die sich mit den rechtlichen Bestimmungen in verschiedenen afrikanischen Staaten auskannten. Salman schaute mich bei diesem Vorschlag lächelnd an und sagte: „Erst einmal muss ich in Kairo eine ordentliche Stelle bekommen, um Geld zu verdienen, damit wir uns ein gutes Leben leisten können.“
„Da kann ich dich beruhigen“, antwortete ich, „denn mein Einkommen reicht für uns beide. Kairo ist viel billiger als Berlin und mein Hotel läuft zurzeit sehr gut.“ Salman sah mich skeptisch an und antwortete: „Es ist gut, wenn wir keine Geldprobleme haben, aber du musst schon verstehen, dass ich gerne selbst für unseren Lebensunterhalt aufkommen möchte.“ Ich hatte ganz vergessen, dass ich es mit einem stolzen Afrikaner zu tun hatte, der keine Almosen von mir annehmen würde.
Ich beruhigte Salman: „Du hast eine emanzipierte Frau geheiratet, aber ich werde mir Mühe geben, auch dein Geld auszugeben“. Salman lachte schallend, dass das ganze Lokal den Kopf nach uns verdrehte. Er sagte: „Das glaube ich dir sofort, wenn ich mir vorstelle, was du alles brauchst.“
Weil ich mit meinen neuen Schuhen nicht mehr laufen konnte, nahmen wir einen Bus, um zu meinem Auto zurückzufahren. Salman fuhr nicht gern mit dem Bus, weil er in Nairobi einmal Zeuge eines Bombenanschlages gewesen war, bei dem ein voll besetzter Bus komplett zerrissen wurde. Es hatte viele Tote und Schwerverletzte gegeben und das Unglück war in der Nähe seiner Wohnung passiert. Er saß total angespannt neben mir und presste seine Hände zusammen, dass die Knöchel weiß wurden, den Blick starr nach vorne gerichtet. Er war nur mir zu liebe eingestiegen, aber ich war der Meinung, dass er diese Angst überwinden musste, denn auch in Kairo würden wir ständig mit dem Bus fahren müssen.
Ich beschloss mit meinem Auto wieder nach Ostberlin zu fahren, denn ich hatte dort einen guten Italiener ausfindig gemacht, der Spaghettigerichte kochte, die richtig exotisch waren. Das würde Salman sicher gefallen.
Als wir spät nachts in meinem Haus ankamen, brannte im Erdgeschoss das Licht und ich konnte mich nicht erinnern, es brennen gelassen zu haben. Ich hatte etwas zu viel getrunken, denn beim Italiener waren wir nicht lange geblieben. Wir hatten das Lokal noch einmal gewechselt und den restlichen Abend in einem Westberliner Klub verbracht, wo es gute Cocktails gab. Vermutlich war es der letzte Margherita gewesen.
Salman hatte mein Auto heimgefahren, denn er mied den Alkohol. Ich ging nach oben und Salman brachte mir einen Zettel, der auf meinem Schreibtisch gelegen hatte. Darauf stand, dass meine Mutter sich am nächsten Morgen mit mir treffen wollte. Es ging um die Gerichtsverhandlung. Also war sie in meinem Haus gewesen. Am nächsten Morgen entdeckte ich auch offene Schreibtischschubladen. Sie hatte die Angewohnheit, Schubladen nicht ganz zu zuschieben, was mir schrecklich auf die Nerven ging. Anscheinend hatte sie etwas gesucht. Ich war ziemlich erbost darüber, dass sie während meiner Abwesenheit in mein Haus ging und Schubladen durchwühlte. Ich war der Meinung gewesen, dass außer mir niemand einen Schlüssel besaß.
Salman sah mich zweifelnd an, als ich auf Deutsch schimpfte, denn als Afrikaner hatte er höchste Achtung vor seinen Eltern und Kritik, wie ich sie gegenüber meiner Mutter äußerte, war ihm fremd. Er sagte dann auch etwas zynisch: „Dein Haus ist auch das Haus deiner Mutter, warum regst du dich also auf?“
Ich wusste, dass es keinen Sinn hatte, mit ihm darüber zu diskutieren, er würde es nicht verstehen. Ich konnte ihm nicht erklären, dass ich mit meiner Mutter eine ganz besondere Beziehung hatte, wir stritten uns eigentlich ständig und doch konnten wir kaum ohne einander auskommen. Obwohl sie immer versuchte, mich zu
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