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Schwarz wie Samt

Schwarz wie Samt

Titel: Schwarz wie Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trump
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Natürlichste der Welt, dass ich zu ihm kommen würde. Ich freute mich sehr darüber, dass er keine Einwände hatte. Eigentlich wäre ich lieber mit ihm in Berlin geblieben, aber vielleicht war es für den Anfang das Beste, erst einmal weg zu gehen, bis meine Eltern und der Rest begriffen hatte, dass Salman zu meinem Leben gehörte. Wir räumten gemeinsam das Frühstücksgeschirr weg, wie ein altes Ehepaar.
    Salman war nach draußen gegangen, um nach den Schwänen zu sehen. Sie hatten es sich auf meinem Grundstück häuslich eingerichtet und saßen immer an der gleichen Stelle, die inzwischen schon fast wie ein Nest aussah.
    Auf meinem Schreibtisch wartete noch immer der Brief des Gynäkologen aus Nairobi. Meine Mutter hatte ihn mitgebracht und ich hatte noch nicht den Mut gehabt, ihn zu öffnen. Bevor ich jetzt mit Salman in die Stadt fahren würde, musste ich ihn lesen. Dr. Abdella hatte ein paar persönliche Worte an mich gerichtet, die ich als Erstes las. Er kannte mich schließlich schon sehr lange und wenn er uns früher besuchte, durfte ich immer auf seinen Knien sitzen. Er schrieb, ich solle das Untersuchungsergebnis ernst nehmen und mich in Deutschland einem erfahrenen Arzt anvertrauen, aber ich bräuchte mir keine Sorgen machen. Das verstand ich nicht so recht: War das Ergebnis so schlecht, dass ich einen Spezialisten brauchte und warum sollte ich mir dann keine Sorgen machen? Ich rechnete es der Höflichkeit von Dr. Abdella zu, dass er mich zu trösten versuchte. Natürlich war der Schwangerschaftstest negativ ausgefallen, damit hatte ich gerechnet, denn Anzeichen wie Übelkeit und Spannungen in der Brust hatten sich noch nicht eingestellt. Was den Abstrich betraf, so teilte mir der Arzt mit, dass es Zellveränderungen an der Gebärmutter gab, die weitere Untersuchungen nötig machten. Den Rest der medizinischen Ausdrücke verstand ich nicht. Also musste ich wieder zum Arzt gehen. Etwas niedergeschlagen steckte ich die Papiere zurück in den Umschlag.
    Salman war aus dem Garten zurückgekommen und hatte mich dabei beobachtet, er fragte gespannt: „Hast du unangenehme Nachrichten erhalten?“ Ich antwortete ihm: „Nein, Darling, ich habe es jetzt nur schwarz auf weiß, dass ich kein Baby erwarte und ich soll noch mal eine Nachuntersuchung machen lassen.“ Von der Zellveränderung erzählte ich ihm nichts, er wäre nur beunruhigt und schließlich war diese Diagnose nicht besonders genau. Ich würde mir einen Termin bei einem Berliner Spezialisten geben lassen.
    Wir beschlossen, den Tag in Westberlin zu verbringen, denn ich wollte Salman unbedingt ein paar Sehenswürdigkeiten zeigen. Dazu fuhren wir mit meinem Auto zum Brandenburger Tor. Wir stellten es dort in der Nähe ab und begannen unseren Stadtbummel. Salman war von den breiten Straßen und den Prachtbauten sehr beeindruckt. Er kannte die deutsche Geschichte kaum und ich erzählte ihm von der Berliner Mauer, die erst vor einem Jahr gefallen war. Erst als wir vor einem Teilstück standen, das von oben bis unten mit Graffiti bemalt und besprüht war, glaubte er mir, dass diese Mauer tatsächlich mitten durch die Stadt gegangen war. Seine naiven Fragen erinnerten mich an die eines Kindes, aber in Afrika gab es andere Probleme, als sich um innenpolitische Angelegenheiten Deutschlands zu kümmern. Nur sehr wenige Informationen erreichten Nairobi und ich selbst war immer durch meine Eltern unterrichtet worden.
    Für eine Botschaftstochter war es natürlich wichtig, politisch auf dem Laufenden zu sein. Besonders mein Vater gefiel sich darin, mich gelegentlich nach Geschichtsdaten zu befragen. Bei Einladungen in unserem Hause konnte ich mich deshalb gut an Unterhaltungen beteiligen, die andere in meinem Alter eher gemieden hätten. So erteilte ich Salman Nachhilfeunterricht in deutscher Geschichte. Er hörte mir aufmerksam zu und war überrascht zu erfahren, dass es zu Zeiten der DDR nicht möglich gewesen war, meine Verwandten zu besuchen. Auch das Hotel und mein Haus waren im Osten gelegen. Noch vor einem Jahr hätten wir dort nicht wohnen können.
    Wir waren weit gelaufen und meine Füße taten mir weh, deshalb gingen wir in ein schickes Café am Kudamm. Wir bestellten uns eine „Berliner Weiße“ und Salman verzog das Gesicht beim ersten Schluck, als ob er Salzsäure zu trinken bekäme. Ich lachte ihn aus, denn als er mir zum ersten Mal ein süßsaures Joghurtgetränk gemixt hatte, war es mir genau so ergangen.
    Wir wurden von allen Seiten beobachtet

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