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Schwarz wie Samt

Schwarz wie Samt

Titel: Schwarz wie Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trump
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als sie es sich vorgestellt hatte. Natürlich war ihre Tochter im Recht, wenn sie mit Zorn und Hass reagierte. Schließlich war ihr Leben damit aus den Fugen geraten.
    Gloria hatte Arven nicht sagen können, dass auch Jacob sie am Schluss erpresst hatte, um sie wieder in sein Bett zu holen. Er hatte gedroht, Hermann die Wahrheit über seine Tochter zu sagen und sie war zu feige gewesen, es zuzulassen. Jedes Mal, wenn Gloria in den letzten Jahren ihre Tochter ins Internat gebracht hatte, war sie auch nach Berlin geflogen. Gloria hatte es aufgegeben, sich gegen seine Besitzansprüche zur Wehr zu setzen. Jacob hatte noch immer gute Beziehungen zu einflussreichen DDR-Beamten, die Glorias Einreise bewerkstelligten. Am Check-Point-Charly hatte er sie dann mit seinem alten Mercedes abgeholt und schon während der Fahrt war seine Hand zwischen ihre Schenkel gewandert. Jacob war im Alter zu einem jener Männer geworden, für die Sex der einzige Lebensinhalt war.
    Seine Frau, eine „polnische Schlampe“, wie Gloria sie einmal genannt hatte, war vor ein paar Jahren gestorben und seit dieser Zeit hatte sich Jacob sein „Schwesterchen“ wieder zurückgeholt. Sie hatte es auch genossen, so begehrt zu werden. Jacob war ein Mensch, der genau wusste, was einer Frau gefiel.
    Von Hermann war Gloria nie besonders verwöhnt worden. Er war abends oft so müde, dass er sich einfach umdrehte und einschlief, während sie noch darauf wartete, dass er ihr einen Gutenachtkuss gab. Ihr Sexualleben war im Laufe der Jahre auf ein Minimum geschrumpft und Hermann schien es nicht zu vermissen. Wenn Gloria aus Berlin zurückgekommen war, konnte sie Hermanns Gleichgültigkeit wieder lange ertragen, ohne bitter zu werden.
     

11. Kapitel
     
    Ich hörte Salmans Schritte auf dem Kiesweg, bevor er die Tür öffnete. Er rief: „Darling, ich habe etwas zu essen mitgebracht!“ Erwartungsvoll stand er unten am Treppenabsatz und sah zu mir hoch. Er erschrak, als er mich ansah und meine verweinten Augen bemerkte.
    „Was ist um Himmels Willen passiert?“, rief er, als er die Treppen heraufstürmte. Er nahm mich zärtlich in seine Arme und brachte mich zurück ins Schlafzimmer. Es war, als ob ein Siegel meinen Mund verschlossen hatte und so sehr ich mich auch bemühte, ihm zu erklären was vorgefallen war, brachte ich nur ein unzusammenhängendes Stammeln zustande. Salman sah mich mit aufgerissenen Augen an. Er hatte mich nicht unterbrochen und als ich nichts mehr sagte, massierte er mir meinen Rücken und summte eine einschläfernde Melodie. Ich entspannte mich langsam und erklärte ihm noch mal mit ruhigerer Stimme, was mir meine Mutter erzählt hatte.
    Ich hatte Angst gehabt, dass Salman mich für eine Ausgeburt der Hölle halten würde, aber seine Reaktion war erstaunlich ruhig und sachlich. Er sagte, ohne lange nachzudenken: „Ist es etwa deine Schuld, dass du einen anderen Vater hast? Du bist was du bist! In Afrika werden viele Frauen mit Verwandten verheiratet und bei uns ist es keine Schande, ein Kind des Bruders, des Neffen oder Onkels zu sein.“ Ich sah ihn ungläubig an, aber Salman bekräftigte noch einmal: „Bei uns ist die Sippe oft so groß, dass man gar nicht mehr weiß, wer mit wem verwandt ist und Hochzeiten finden trotzdem statt.“
    Vielleicht war das in Kenia so, aber in Deutschland war es eine Straftat, vom Bruder ein Kind zu bekommen. Ich versuchte Salman klar zu machen, dass ich mich für diese Sache schrecklich schämte. Aber er schüttelte nur den Kopf und sagte: „Ich glaube wirklich, dass du in Deutschland nicht richtig glücklich sein kannst. Wir gehen bald fort, dann geht es dir besser und du musst dir keine Gedanken mehr machen, von wem du abstammst.“
    „Jetzt ist unser Essen kalt“, sagte er plötzlich und zog mich vom Bett hoch. Wir gingen nach unten und aßen das indische Hühnchen mit Reis, das er mitgebracht hatte.
    Salman zeigte auf die Terrassentür. Die Schwäne waren wieder da und dieses Mal saßen sie direkt auf der Terrasse und blickten neugierig zu uns herein. „Sie sind hungrig!“, sagte Salman, indem er aufstand und den Rest des Reises mit dem Schälchen auf die Terrasse stellte. Ich beobachtete ihn, wie er leise die Türe wieder schloss und ohne sich umzudrehen sagte: „Ich habe gar nicht gewusst, dass es in Deutschland wilde Tiere gibt, die bis an die Haustüre kommen!“ Ich musste lachen, denn Schwäne sind keine wilden Tiere, schließlich leben sie in Parks und Grünanlagen überall in Berlin.

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