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Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung

Titel: Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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in Vergessenheit. Gerade Päpste, die stets beanspruchten, Nachfolger des Apostels Petrus zu sein, wirkten als Aufwiegler, Kriegshetzer, ja Anstifter schlimmster Kriegsverbrechen und Gewalttaten. Die Reihe der Gräuel, die von der Kirche und ihren Oberhäuptern zu verantworten sind, beginnt im – sonst gar nicht so finsteren – Mittelalter. Die mit diesen Untaten ausgelöste Blutspur zieht sich durch die folgenden Jahrhunderte bis in die Neuzeit, ja bis ins 20 . Jahrhundert. Und wer kann gewiss sein, dass sie damit wirklich geendet hat?
    Im Jahr 1054 war das Tischtuch zwischen der römischen und der griechischen Kirche, zwischen dem Papst in Rom und dem Patriarchen von Konstantinopel, zwischen Katholiken und Orthodoxen endgültig zerschnitten. Gegenseitig schloss man sich aus der Kirche aus, man hatte sich nichts mehr zu sagen. Bis zu diesem Zeitpunkt lebten die östliche und die westliche Kirche jeweils für sich, in anfangs respektvollem, dann zänkischem und schließlich feindseligem Nebeneinander in der Tradition der von Kaiser Konstantin 313 begründeten römischen Reichskirche. Das Verhältnis zwischen dem jeweiligen Kaiser und dem Papst oder dem Patriarchen war im Wesentlichen klar gewesen. Selbstverständlich durfte der jeweilige Kaiser auch in die Kirche hineinregieren und besaß Einfluss bei der Ämtervergabe. Ein wesentlicher Unterschied hatte sich in den langen Jahrhunderten nach dem Ende des weströmischen Reiches, nach der Völkerwanderung und der Entstehung neuer Machtzentren in West- und Mitteleuropa jedoch herausgebildet. Während im Osten der Patriarch es immer noch mit genau einem Landesherrn zu tun hatte und das Gebiet der orthodoxen Kirche weitgehend dem Byzantinischen Kaiserreich entsprach, stellte sich das Territorium der katholischen Kirche als politisch weitaus unübersichtlicher dar.
    Anders als das Patriarchat in Konstantinopel hatte sich das Papsttum in Rom ein eigenes Territorium erwerben können, in dem der Pontifex auch die weltliche Herrschaft ausübte, das sogenannte Patrimonium Petri (»Erbe des Petrus«). Sein Schutzherr, der Kaiser des neuen »Heiligen Römischen Reichs«, das sich als Fortsetzung des antiken Imperium Romanum verstand, wurde jedoch in Europa von den anderen Herrschern immer weniger als ihnen übergeordnet anerkannt. Der Kirchenstaat geriet buchstäblich in die Zwickmühle: Im Norden Italiens sah er sich mit einflussreichen Adelsgeschlechtern und den sich immer stärker emanzipierenden Städten konfrontiert, im Süden wurde er von den Normannen bedrängt. Der König von Frankreich beanspruchte gleichen Rang mit dem Kaiser, in Nordeuropa entstanden selbstbewusste nationale Königreiche, wie England, Dänemark oder Schweden. Dazu kamen im Osten Polen, Böhmen und Ungarn, im Westen entwickelten sich die spanischen Teilkönigreiche. Und hier in Spanien, an der Front des Krieges gegen die islamischen Mauren, die die Iberische Halbinsel gut drei Jahrhunderte lang beherrscht hatten, ereignete sich der erste große Sündenfall des Papsttums.
     
     

Der Sündenfall des zweiten Alexander
     
    In den südlichen Randgebirgen der Pyrenäen waren seit der Zeit Karls des Großen kleine Grafschaften unter westgotischen und fränkischen Adeligen gegen die aus Nordafrika einfallenden Muslime, aber auch untereinander in ständige Kleinkriege verwickelt gewesen. Ramiro I ., der sich seit 1035 stolz König von Aragón nannte, ein ambitionierter Haudegen, strebte nach Höherem und plante den Angriff auf das benachbarte maurische Fürstentum unter dem Emir von Saragossa, Ahmad I . al-Muqtadir. König Ramiro verfügte nur über ein kleines Land mit schwachen Kräften, aber er hatte gute Beziehungen. Über seinen Schwiegervater, Herzog Wilhelm VII . von Aquitanien, war er mit dem europäischen Hochadel und darüber hinaus auch mit dem einflussreichen Benediktinerorden gut vernetzt. Über diese Verbindungen gelang es ihm, die Unterstützung von Papst Alexander II . ( 1061 – 1073 ) für seinen Angriffsplan zu gewinnen. Und diese Hilfe war Gold wert. Der Papst ließ Prediger ausschwärmen, die vor allem in Italien, Frankreich und Burgund das fromme Volk und den Adel zum Kampf gegen die Mauren antrieben. Oberste Pflicht der Christen sei es, al-Andalus – so der Name der Araber für die von ihnen beherrschten Teile Spaniens – den Ungläubigen wieder zu entreißen, ließ der Papst verkünden. Sankt Jakobus der Ältere, der sogenannte »Maurentöter«, dessen Grabstätte im heutigen

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