Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung
Ritter ein wichtiger Geldgeber. In den USA tragen sie zum Unterhalt der Catholic University of America bei, die von der US -Bischofskonferenz betrieben wird. Eine Vicarius-Christi-Stiftung, die über ein von den Kolumbus-Rittern aufgebrachtes Kapital von 20 Millionen Dollar aufweist, stellt ihre Erträge dem Papst zur Verfügung, der sie nach seinem Gutdünken für wohltätige Zwecke einsetzen kann. Der Papst nimmt die Dienste der Ritter auch in anderer Form in Anspruch. Sowohl der aktuelle Oberste Ritter, Carl A. Anderson, als auch sein Amtsvorgänger, Virgil C. Dechant, haben leitende Funktionen in der Vatikanbank Istituto per le Opere di Religione und in weiteren Gremien des Heiligen Stuhls inne. Beide repräsentieren den Geist, der bei den Kolumbus-Rittern herrscht, sie waren dem langjährigen rechten Flügelmann der Republikanischen Partei, Senator Jesse Helms, verbunden und engagieren sich in der »Pro-Life«-Bewegung gegen Abtreibung. Nicht mehr ganz so aktuell ist die in der Nachkriegszeit verfolgte streng antikommunistische Ausrichtung.
Trotz ihrer vielleicht eher an Freimaurer erinnernden äußeren Erscheinung sehen sich die Kolumbus-Ritter in der Tradition der Kreuzritter, stets bereit zum Streit gegen Feinde der Kirche. In Mitteleuropa gibt es zwar Ansätze zu Parallelgründungen ähnlicher Organisationen, doch treffen diese hier offenbar nicht den Geschmack der Zielgruppe. Arrivierte und wohlhabende Katholiken sind in Europa eher bei Vereinigungen wie dem Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem zu finden, die den Kolumbus-Rittern an Alter, Tradition und Eleganz deutlich vorangehen, jedoch von diesen in puncto Mitgliederzahl, politischer Durchsetzungsfähigkeit und Finanzkraft um Größenordnungen übertroffen werden.
Die Zeit der Kreuzzüge inspiriert immer wieder Katholiken am konservativen Rand des innerkirchlichen Spektrums zur Gründung von Verbänden. Es hat sogar – zumindest für Europa – den Anschein, als würden in den letzten 20 bis 30 Jahren nur noch solche Verbände neu gegründet, die ganz neuromantisch den von ihnen angestrebten kirchlichen Idealzustand irgendwo in einer vergangenen, vermeintlich ruhmreicheren Epoche der Kirche finden – in Zeiten, die noch nicht vom kalten Wind des Rationalismus geprägt waren. Das Zweite Vatikanische Konzil, das 1965 zu Ende ging, ist nicht der Grund für das Aufkommen dieser neuromantischen Bewegung, es wurde für sie jedoch zu einem negativen Symbol: das geöffnete Fenster, durch das in ihren Augen nicht frischer Wind hereingelassen wurde, sondern sämtliche Unbill der Moderne über die Kirche hereinbrechen konnten. Stellvertretend für viele ähnliche Gruppen sei hier eine Gemeinschaft aus dem deutschsprachigen Raum dargestellt. Die Geschichte des Engelwerks, eine Familie verschiedener Orden und Laienvereinigungen, die heute eine Million Mitglieder zählen sollen, begann schon 1949 . In Innsbruck lebte damals eine Frau, die mystische Visionen von Engeln und Dämonen hatte. Um sie scharte sich ein kleiner Kreis von Anhängern, auch Priesteramtskandidaten, die mit Erlaubnis des Ortsbischofs eine Schutzengelbruderschaft bildeten. Ungeachtet der theologisch fragwürdigen Qualität der Lehren dieser Seherin, sie hieß Gabriele Bitterlich, wuchs die Gemeinschaft und breitete sich nach Portugal und Brasilien aus. Der Sohn der Seherin, er war inzwischen zum Priester geweiht worden, gründete auf einer verfallenen Burg im Inntal ein Kloster, dessen erster Abt er wurde. Ungewöhnlich – aber unter dem schon erwähnten Gesichtspunkt »Neuromantik« ganz passend – erscheint, dass die Gründung einen eigentlich schon seit 1903 ausgestorbenen portugiesischen Orden wiederbelebte: den der 1131 in Coimbra in Portugal gegründeten Regularkanoniker vom Heiligen Kreuz, die vor allem in der Reconquista bedeutsam waren. Der Papst segnete die »Auferstehung« dieses Ordens 1979 ab; eine alte Bestimmung des Kirchenrechts besagt nämlich, dass ein Orden erst dann völlig erlischt, wenn seit dem Tod des letzten Mitglieds 100 Jahre vergangen sind.
Dieser neue »alte« Orden hat es inzwischen zu 14 Niederlassungen mit 140 Mitgliedern gebracht. Und fast 100 Schwestern umfasst der inzwischen entstandene weibliche Ordenszweig mit Hauptsitz in Anápolis, Brasilien, wo auch das Priesterseminar des Engelwerks eingerichtet wurde. Um diesen »harten Kern« der eigentlichen Ordensangehörigen herum existieren eine Vereinigung für Weltpriester und eine für »Laien«;
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