Schwarzbuch Scientology
spricht vieles dafür, dass sich Hubbard oder sein Umfeld in den Anfangsjahren auch mit dem Vorgehen von staatlichen Geheimdiensten und deren Praktiken, die unter dem Stichwort Gehirnwäsche diskutiert wurden, auseinandergesetzt und möglicherweise für sein Theoriegebäude als nützlich erkannt hat. Anscheinend haben ihn da besonders die den sowjetischen Institutionen zugeschriebenen Methoden angesprochen.
Die Broschüre trug den Titel »Gehirnwäsche« - eine Synthese des russischen Lehrbuches über Psychopolitik, und eine Fassung wurde »als Dienst der Scientology-Kirche an die Öffentlichkeit herausgegeben« (Hubbard,wahrscheinlicherAutor,1955, Umschlagrückseite.) Die Einleitung ist angeblich eine Rede des berühmten Leiters der sowjetischen Geheimpolizei, Lawrentij Berija, an »amerikanische Studenten der Lenin Universität« darüber, wie man Gesellschaften unterminiert, indem man unter dem Deckmantel der »psychischen Heilung« auf Bevölkerungsgruppen »Psychopolitik« anwendet … Jedenfalls schrieb Hubbard über die »Gehirnwäsche«-Broschüre an seine Anhänger … und behauptete, dass
die Auditoren, »ohne Verständnis der grundlegenden Philosophie des Gehirnwäschers« Schwierigkeiten beim Umgang mit Klienten haben werden, die man diesen Verfahren unterzogen hatte.
(Kent, Stephen A.: »Gehirnwäsche im Rehabilitation Project Force [RPF]«. Hamburg, 2000, S. 15)
Der Begriff Psychopolitik findet sich in der internen Literatur immer mal wieder, und auch Scientologen, wie ein baden-württembergisches Mitglied, veröffentlichen unter genau diesem Stichwort ganze Broschüren mit der Botschaft, dass die ganze Welt seit kaum bezifferbarer Zeit diesen Methoden der Gehirnwäsche unterzogen ist und sie dieses daran hindert, eine gesunde Zivilisation zu errichten und zu gestalten. Der Kampf gilt den so verblendeten, kranken Gesellschaften überall auf diesem Globus. Aus diesen »Forschungsergebnissen« des Gründers wird dann der Absolutheitsanspruch der eigenen Organisation abgeleitet sowie der Anspruch, quasi als Recht formuliert, irgendwann den Sieg über alle Gegner zu erreichen.
Darin liegt also der totale Sieg über jede unterdrückerische Gruppe oder Gesellschaft. Nicht darin, sie fertigzumachen - sie sind schon sehr eifrig beschäftigt, das selbst zu tun -, sondern sie nur in dem Ausmaß zu handhaben, damit sie stillhalten, damit wir ihnen eines Tages mit den richtigen Run-Downs beikommen können.
(Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg [Hrsg.]: »Der Kampf der Scientology-Organisation um die Anerkennung der Gemeinnützigkeit in den USA und seine Auswirkungen auf Deutschland«. Stuttgart, 2004, S. 10)
Kampf der Psychiatrie
Mit der Definition von geistiger Gesundheit, die es in Gesellschaften zu erreichen gilt. und den Unterstellungen, gesellschaftliche Gruppen und Regierungen bedienen sich politisch der psychischen Manipulation von Menschen, befand und befindet sich Hubbard heute mit seiner Organisation mitten in politischen Debatten unterschiedlicher Coleur. Politischen Gegnern oder Kritikern einer Ideologie klares Denken abzusprechen und damit die Überhöhung der eigenen Ideologie zu rechtfertigen, ist nicht neu. Ebenso wenig die Diskussion um tatsächliche oder vermeintliche Missstände in psychiatrischen Institutionen oder bei ambulanter Behandlung von psychisch Kranken, hat vielfach zu öffentlichen Diskussionen geführt, auch mit politischem Anspruch.
Hinzu kommen die Skepsis und Angst der Menschen vor psychischen Erkrankungen. Die Tabuisierung bis heute in vielen Bereichen von psychisch bedingten Krankheiten tut ein Übriges. Es scheint leicht zu sein, sich mit dieser Thematik in der Öffentlichkeit als Verfechter von Lösungen zu positionieren.
Es ist sicherlich kein Zufall, dass Hubbard in den Jahrzehnten Anfang des letzten Jahrhunderts die Diskussion um Psychiatrie mit in sein Konzept aufnahm. Standen doch die UdSSR und der sowjetische Geheimdienst KGB immer im Verdacht, Gehirnwäsche zu praktizieren und Kritiker in psychiatrische Anstalten zu verbringen. Dass diese Vorwürfe berechtigt waren, ist inzwischen belegt.
Die politische Psychiatrisierung in der Sowjetunion und die Repression gegen protestierende Bürgerrechtler wurden dennoch jahrelang fortgesetzt. Alle Mitglieder der erwähnten illegalen »Arbeitskommission zur Untersuchung derVerwendung der Psychiatrie zu politischen Zwecken« in Moskau wurden nacheinander inhaftiert.
(Süss, Sonja: »Politisch
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