Schwarzbuch Scientology
missbraucht, Psychiatrie und Staatssicherheit in der DDR«. Berlin, 2000, S. 24)
Die Darstellung von psychischen Krankheitsbildern Außenstehender und deren Diffamierung gehört somit seit langem in die politische Auseinandersetzung, insbesondere bei fundamentalistischen politischen Systemen und deren Anhängern.
Aber nicht nur die Diskussion über Praktiken hinter dem damaligen Eisernen Vorhang sorgten immer wieder für Aufmerksamkeit. In den die gesamte Gesellschaft kritisch hinterfragenden 60er Jahren wurde auch die politische Diskussion um Psychiatrie und Psychiater erörtert. Die durchaus diskussionswürdigen Zustände in Einrichtungen, aber durchaus auch allgemeinen Behandlungsverfahren gingen in dieser Zeit über Ansätze der Reformen der Behandlung einzelner Personen hinaus und wurden zur allgemeinen Gesellschaftskritik erhoben.
Die antipsychiatrischen Autoren mit der größten Popularität in der linken Studentenbewegung Westeuropas waren die Briten Ronald Laing und David Cooper, der Amerikaner Thomas S. Szasz und der Italiener Franco Basaglia.
Laing und Cooper hatten unter Berufung vor allem auf Karl Marx und Jean Paul Sartre Geisteskrankheit zu einem Produkt des krankhaften Charakters von Familie, Gesellschaft und kapitalistischem Staat erklärt. Cooper, der sich selbst als »Anti-Psychiater« bezeichnete und diese Bezeichnung ausdrücklich als ideologischen Kampfbegriff einführte, rechnete die klinische Psychiatrie zu den Ordnungsinstrumenten des repressiven Staates (wie Justiz, Armee und Polizei). Die Antipsychiatrie sei ein wichtiger Faktor im Kampf gegen die kapitalistische Gesellschaft und ihre krankmachenden Beziehungsstrukturen … Mit der Auflösung der Unterdrückungssysteme würden schizophrene Psychosen von allein verschwinden.
(Süss, Sonja: »Politisch missbraucht, Psychiatrie und Staatssicherheit in der DDR«. Berlin, 2000, S. 33f.)
Hubbards Jünger sind bis heute im Kampf auf der gesellschaftskritischen Grundlage der damaligen linken gesellschaftskritischen Bewegung. Die Argumente von damals und die Propaganda von Scientology heute gegen die Psychiatrie sind nahezu identisch. Und der genannte Thomas S. Szasz wird in vielen Broschüren von der gegründeten Einheit von Scientology für diesen Bereich zitiert und gefeiert.
Vielleicht hat es die Scientology-Organisation deshalb häufig so leicht, aus verschiedenen politischen Richtungen Personen mindestens als Lobbyisten für sich zu gewinnen. Denn neben dem gehorsamen, gedrillten Scientology-Volk bedient sich die Organisation auch Personen des öffentlichen und auch des nicht so öffentlichen, aber durchaus einflussreichen Lebens, wie der Wissenschaft, um ihre Ziele zu erreichen. Und es scheint so, dass gerade diese Vermengung
manchmal, gerade in Kultur und Politik, zu irreführenden Schlussfolgerungen hinsichtlich des Charakters der parallelen Welt der Scientologen führt.
Die Bedeutung, die dem unter dem Stichwort »Psychopolitik« und dem nach Hubbard geistig minderbemittelten Teil der Menschheit und deren »Verführung« durch Psychiatrie und Psychiater beigemessen wird, nach innen wie nach außen, wird schon dadurch dokumentiert, dass es einen festen Bestandteil im Gesamtsystem dafür gibt, der sich einzig und allein mit dieser Thematik beschäftigt. Die Abkürzung CCHR steht in den deutschsprachigen Werken für »Bürgerkommission für Menschenrechte«. Öffentlich tritt als Verein die »Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte (KVPM)« immer wieder mit massiven »Informationsangeboten« und damit werbestrategisch in allen deutschsprachigen Städten auf. Die Begründung, warum diese Institutionen entstanden, bezieht sich einzig und allein auf genau die politisch motivierten Gründe zur geistigen Gesundheit, und auch das Gründungsjahr passt in die Diskussion der 60er Jahre.
Seit der Gründung der Scientology-Kirche haben sich ihre Mitglieder den brutalen Behandlungen, kriminellen Praktiken und Menschenrechtsverletzungen, die im Gebiet der geistigen Gesundheit alltäglich sind, unerschütterlich entgegengestellt. 1969 von der Kirche ins Leben gerufen, wurde die Bürgerkommission für Menschenrechte (CCHR) eine wirksame Kraft für Veränderungen auf diesem Gebiet.
(New Era Publications International [Hrsg.]: »Was ist Scientology?« Kopenhagen, 1998, S. 357)
Kamen die Anti-Psychiatrie-Theoretiker auch nicht aus Deutschland, war die Diskussion, die im Zusammenhang mit den Verbrechen der Nazis gegen
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