Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
Gelder fließen, verpflichtet das zu gar nichts. Beide Seiten nehmen freiwillig daran Teil und können auch wieder aufhören, wenn es ihnen nicht mehr gefällt.« Reicht denn der Moralkodex des WWF aus, um den Verlockungen des Geldes zu widerstehen? »Wir leben nun mal in einer Welt mit Weltwirtschaft, wo Geld ein normales Mittel ist. Ich weiß nicht, warum Sie das so negativ darstellen, dass Dinge auch mal etwas kosten. Also, zum Beispiel hier hinzufliegen und hier etwas vorzutragen, hat auch etwas gekostet.«
Andere Naturschutzorganisationen wie Greenpeace lehnen Industriespenden allerdings ab, um unabhängig zu bleiben. Die smarte Frau zieht bei diesem Einwand die Stirn kraus: »Andere NGOs haben dann vielleicht auch nicht diesen impact.« Auf die Frage, was sie damit meint und worin die Erfolge des WWF bestehen, gibt sie unbewusst einen Blick in die WWF-Seele frei: »Ich finde es angenehm, als NGO (NichtRegierungsorganisation) nicht nur belächelt, sondern als kompetenter Gesprächspartner akzeptiert zu werden. Wir arbeiten science-based. Wir machen immer erst eine Studie, bevor wir eine Meinung äußern und versuchen nicht, auf Emotionalität zu setzen. Mit diesen wissenschaftlich basierten Aussagen haben wir auch schon einiges bewegen können.«
Auf die Bitte, mir ein Beispiel dafür mit auf den Weg zu geben, starrt sie mich ein paar Schrecksekunden lang an – es will ihr partout nichts einfallen. Dann lächelt sie wie ein Kühlschrank und fällt statt einer Antwort ein vernichtendes Urteil über den Interviewer: »Ich glaube nicht, dass ich ein Beispiel finden kann, an dem Sie nicht herummäkeln werden.«
Sie wendet sich zum Gehen, doch ich habe noch eine allerletzte Frage auf dem Herzen: »Die HSBC-Bank in London finanziert die Palmölindustrie in ganz Asien, und sie hat dem WWF 100 Millionen Dollar überwiesen – ist das ein Honorar für Ihre Kooperationsbereitschaft?« Frau Bieler hält das Gespräch nun endgültig für beendet und verschwindet in der Menge. Später erblicke ich sie noch einmal beim Lunch. Offenbar steht sie hier mit vielen Anwesenden auf vertrautem Fuß, denn bis vor einigen Monaten war sie Assistentin der Geschäftsführung des Verbandes der Ethanol-Industrie. Zur Partnerschaftspolitik des WWF gehört auch die Zufuhr frischen Blutes.
Die philanthropische Bank
Auf der Canary Wharf hat sich die HSBC-Bank einen Palast aus Glas und Stahl zugelegt, er gilt als die teuerste Immobilie Londons. Die HSBC-Bank heißt mit vollem Namen Hongkong and Shanghai Banking Corporation, wurde 1865 gegründet und ist heute die größte Bank Europas. Sie ist das finanzielle Herz der Palmölindustrie und pumpt Milliardenbeträge in deren Blutkreislauf – und 100 Millionen Dollar hat die Bank in ein gemeinsames Klimaschutzprogramm mit dem WWF fließen lassen. Ein Schelm, wer da einen Zusammenhang sieht.
In einem der oberen Stockwerke empfängt mich der Leiter der Abteilung Nachhaltigkeit, Francis Sullivan. Die Bank hat ihn vom WWF Großbritannien übernommen, wo er bis zum Aufstieg in den HSBC-Tower Direktor für Naturschutz war. Sein Wechsel, so Sullivan mit einem Anflug von Stolz in der Stimme, habe die guten Beziehungen der Bank zum WWF »gefestigt«, denn die Partnerschaft beruhe auf »strategischen Gemeinsamkeiten«. Seine Bank sei inzwischen die »grünste« der Welt: »Der Wolkenkratzer, in dem Sie sich befinden, ist CO2-neutral.«
Keine Bank der Welt hat so viele Kredite in die neue Biospritenergie gesteckt, wie die HSBC-Bank. »Wir glauben an die regenerative Energie«, betont Sullivan »und sind bereit, die Verantwortung dafür mitzutragen.« Das Geschäft mit dem grünen Gold ist voller Risiken: Die Pflanzen müssen fünf Jahre wachsen, bevor sie erstmalig Erträge abwerfen. Die Unternehmen brauchen viel Geld, um diese Zeit zu überbrücken. Das bekommen sie von der HSBC oder von der Weltbank. Für beide Finanzinstitute ist der WWF ein strategischer Partner. Nur mit seinem guten Ansehen in der zivilen Gesellschaft können sie die umstrittene Biospritindustrie weltweit salonfähig machen.
Francis Sullivan hält diese Hypothese für »sehr gewagt«: auch die kritische Anspielung auf die Großspende an den WWF perlt an ihm ab wie Öl an Teflon: »Die 100 Millionen Dollar sind keine Belohnung für den WWF. Es handelt sich um eine ganz normale, philanthropische Spende. Gemeinsam mit dem WWF und anderen Partnern wollen wir mit dem Geld die großen Flüsse der Erde schützen, zum Beispiel den
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