Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
ihrem Dorf abgestellt. Zwei Säcke für 700 Menschen.
Unser Schiff mit den Gewaltopfern aus Sumatra nähert sich dem Industriehafen von Brake, wo der Wilmar-Konzern eine moderne Fettraffinerie betreibt. Sie stößt jeden Tag 2500 Tonnen Fett für Margarine, Kosmetika und Reinigungsmittel aus. Oben am Hauptgebäude erkennt man das Firmenlogo des Weltkonzerns. Ida kann das Schild nicht lesen, denn sie ist Analphabetin. Ihr Mann Bidin buchstabiert den Namen und zittert vor Wut: »Das ist der gleiche Name wie auf dem Schild vor unserem Dorf – mitten in unserem Wald, auf dem Land unserer Ahnen. Dann steht da noch: ›Dieses Land gehört Wilmar – Betreten verboten.‹« Er blickt den rauchenden Schornstein der Raffinerie hoch, bevor er seinen Gedanken beendet: »Und das alles nur, um hier aus unserem Wald Margarine zu machen.«
Ada, mit Kind und Ehemann Bidin auf der Weser
Schon auf der Fahrt durch die Wesermarsch hat sich der abgemagerte, zähe und sehr willensstarke Mann Gedanken über die seltsamen Wege der Globalisierung gemacht. Links und rechts der Straße sieht er satte Wiesen und aus den großen, flachen Ställen steigt der Dampf von Kuhmist in die kalte Dezemberluft. »Warum«, fragt Bidin mich, »esst ihr nicht einfach Butter, wenn es hier so viele Kühe gibt? Warum müsst ihr unbedingt Margarine essen, obwohl sie unser Leben zerstört?«
Bidin ist noch nie zuvor aus seinem Wald herausgekommen. Er friert bitterlich, als wir auf der kleinen Vegebüdel über die vom Wind gepeitschte Weser fahren. Am meisten quält ihn der Gedanke an die Zukunft seiner Kinder: »Sie können nicht mehr im Freien spielen, überall fließt die braune Brühe mit Chemikalien durch die Plantage. Wenn die Kinder etwas berühren, werden sie krank oder sterben. Ich kann ihnen nicht mehr zeigen, wie man auf einen Gummibaum klettert oder wie man Rattan-Möbel baut. Unser Wissen, das wir in Jahrhunderten gesammelt haben, geht verloren.«
Auch die Plantage, die auf Bidins Stammesland errichtet worden ist, soll bald als »nachhaltig« zertifiziert werden. Das bringt ihm den Wald nicht zurück. Wird uns die Margarine besser schmecken, nur weil dann »aus nachhaltiger Produktion« auf der Packung steht?
7. GRÜNER ABLASSHANDEL
Im luxuriösen Hotel Intercontinental in Genf findet die Welt-Ethanol-Konferenz statt. Ein paar hundert Manager der boomenden Bioenergiebranche diskutieren über neue Technologien und Vermarktungsstrategien. Zu diesem Thema haben sie Dörte Bieler vom WWF Berlin eingeladen, die in ihrem eleganten schwarzen Blazer auch optisch ins Ambiente passt. Sie erklimmt das Podium und verteilt Streicheleinheiten: »Wir sind anders als andere Naturschutzgruppen – wir sind konstruktiv.« Wer ein vom WWF abgesegnetes Zertifikat für »nachhaltigen« Biosprit erwirbt, so Frau Bieler, sei auf der sicheren Seite und könne »weiterhin glänzende Geschäfte« machen. Und sie hat noch eine »gute Nachricht«: Der WWF sei dafür, weltweit noch mehr Flächen als bislang für die Herstellung von Energie aus Pflanzen »bereitzustellen«. Das hört man gern im Saal und der Applaus ist freundlich.
Beim Lachshäppchen am reich gedeckten Buffet spreche ich Dörte Bieler auf ihren Vortrag an. Ja, sie glaubt fest an die Politik des Dialoges, nur gemeinsam mit den »globalen Playern«, könne man etwas bewegen. Ich wende ein: Während der WWF den Dialog mit den Unternehmen pflegt, machen deren Bulldozer einen Wald nach dem anderen platt, auf Borneo und Sumatra, in Malaysia und in Papua. Dörte Bieler sieht mich leicht irritiert an: »Sie sehen das zu negativ – wir unterstützen nur die gute Bioenergie, deshalb ist die Zusammenarbeit mit den Unternehmen wichtig.«
Ich lenke das Gespräch auf den 80-Hektar-Wald des WWF in Kalimantan. Ihr Gesicht hellt sich auf – sie kennt das Projekt: »Das ist zumindest ein Anfang. Wenn der WWF nicht bei diesem Projekt mitgearbeitet hätte, bin ich mit sicher, dass die Firma den ganzen Regenwald zu Plantagen umgewandelt hätte.« Als ich ihr von den beiden Orang-Utans im WWF-Wald erzähle und von deren bevorstehendem, sicheren Tod, sagt sie ungerührt: »Der sehr sichere Tod wäre ja, wenn die 80 Hektar jetzt nicht mehr da wären, dann wären sie jetzt schon tot.« Recht hat sie.
Dörte Bieler, WWF im Interview
Besteht nicht die Gefahr, dass der WWF die Geschäfte der Industrie gegen Honorar grünwäscht? Sie lächelt nachsichtig: »Der WWF hat einen sehr starken Code of Conduct. Wenn
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