Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
Yangtse.« Glaubt Herr Sullivan, dass sich die Politik des WWF von Geldspenden beeinflussen lässt? »Der WWF ist nicht käuflich, aber fragen Sie ihn selbst, ich kann nicht für ihn sprechen.«
Was die Palmölindustrie betrifft, so Sullivan, gebe es eine mit dem WWF abgestimmte Strategie: »Wir machen einen ähnlichen Job wie der WWF, wie er wollen wir, dass Nachhaltigkeit zum vorherrschenden Geschäftsprinzip wird. Wenn Kunden aus der Industrie Kredite haben wollen, raten wir ihnen dringend, die Produktion auf die Standards des Runden Tisches RSPO umzustellen. Wir nehmen unsere Verantwortung sehr ernst. Wer gegen die Regeln verstößt, bekommt von uns keinen Kredit mehr.«
Ist das schon mal vorgekommen? Dazu möchte Francis Sullivan nichts sagen – das sei Bankgeheimnis. Ob es ihn als ehemaligen Naturschützer nicht quäle, wenn die Palmölindustrie mit dem Geld seiner Bank die Wälder in Indonesien und Malaysia abfackelt, will ich wissen. Francis nickt mit vollem Verständnis für meine spitzfindigen Bedenken: »Das Zertifizierungssystem ist neu, es ist also noch nicht perfekt, aber aus unserer Sicht ein guter Anfang. Wir arbeiten dran.« Ich versuche es noch einmal: »Millionen Hektar Wald sind gerodet und abgebrannt worden, mit einem gewaltigen CO2-Ausstoß. Ihre Bank hat das finanziert. Lässt Sie das als langjährig aktiven Naturschützer wirklich kalt?« Francis Sullivan bleibt die britische Gelassenheit selbst, als er zu seiner Antwort ansetzt: »Das sind rückwärtsgewandte Fragen – lassen Sie uns lieber darüber sprechen, wie wir gemeinsam die Probleme der Gegenwart lösen können.« Ich gebe es auf. Die Metamorphose eines WWF-Direktors zum Bankmanager ist ohne Zweifel perfekt gelungen.
Aufstand auf Sumatra
Feri Irawan ist von Beruf Landvermesser und sieht mit seinen langen, wehenden Haaren ein bisschen aus wie die indonesische Version von Che Guevara. Für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die in seiner Heimat Sumatra im Namen der »Nachhaltigkeit« begangen werden, macht er zwei internationale Akteure mitverantwortlich: »Die HSBC-Bank und der WWF sichern das oft kriminelle Vorgehen der Palmölunternehmen in unserer Heimat international ab. Es ist kein Zufall, dass die Bank dem WWF 100 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt hat. Mit Hilfe des WWF ist es der Industrie gelungen, die zerstörerische Monokultur auf den internationalen Märkten als ›nachhaltig‹ zu verkaufen.«
Feri Irawan bei einem Protestmarsch in Jambi
Feri Irawan gilt als Anführer der rebellischen Bauern in der Provinz Jambi auf Sumatra. Für die Nachhaltigkeits-Rhetorik eines Francis Sullivan hat er nur ein verächtliches Achselzucken übrig: »Die HSBC-Bank sagt, dass sie den Bauern hilft, weil sie ihnen im Rahmen der Programme für Kleinbetriebe (Smallholder) Geld leiht. Das stimmt – aber die Bauern bekommen nur dann einen Kredit, wenn auch sie Ölpalmen auf ihrem Land pflanzen. Damit wird noch mehr Land für Palmöl geopfert.« Feri Irawan zeigt mir ein Foto. Darauf protestieren die Bauern seines Dorfes Karang Mendapo vor der Bank Permata, einer Tochterbank der HSBC: »Die Bank will uns das Genick brechen. Sie verlangt von uns eine Kreditrückzahlung von 88 Milliarden Rupiah.«
Umgerechnet sind das 7,5 Millionen Euro. Die Bauern sollen diesen Kredit ablösen, den nicht sie aufgenommen haben, sondern das Palmölunternehmen Sinar Mas. Mit dem Geld hat das Unternehmen eine Plantage mitten auf dem Land der Bauern seines Heimatdorfes Karang Mendapo angelegt. Das war im Jahr 2003. Das Unternehmen mit engen persönlichen und politischen Verbindungen zur Regierung hat fest damit gerechnet, dass es das Land behalten kann. Aber die Bauern kapitulierten nicht und besetzten das gestohlene Land; außerdem gingen sie vor Gericht. 2008, nach fünf Jahren Rechtsstreit, wurde das Unternehmen Sinar Mas von einem Zivilgericht dazu verurteilt, den Bauern das Land zurückzugeben.
»Der Sieg des Dorfes ist aus Sicht der Industrie gefährlich, denn er könnte überall in Indonesien Schule machen«, meint Feri Irawan, »deswegen will das Unternehmen an uns ein Exempel statuieren.« Der neue Bürgermeister Muhamad Rusdi, einer der Anführer der Bauernrebellion, wurde von gedungenen Schlägern zusammengeschlagen und musste unter Polizeischutz gestellt werden. Einige Monate später wurde er dann von der gleichen Polizei verhaftet. Sie hatte nach einem »anonymen Hinweis« einen Packen Geldscheine in seinem Büro gefunden,
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