Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
auch den WWF im Visier, der sein Büro in der teuren Avenue de Tervurenlaan betreibt, nur etwa 100 Meter entfernt von der Europavertretung Monsantos.
Die etwa 30 WWF-Klinkenputzer in Brüssel haben nach Nina Hollands Erkenntnissen direkten Zugang zu den EU-Kommissaren und zu den mächtigen Generaldirektionen für Landwirtschaft, Umwelt und Transport. Sie sind gern gesehene Gesprächspartner, weil sie als »konstruktiv« gelten. Auch bei den Konferenzen und Tagungen zu Klimapolitik, Energie, Wasser und Transport ist der WWF stets eingeladen, oft genug als einzige Umweltorganisation. Viele dieser hochkarätigen Meetings sind private Veranstaltungen, die von Industrieverbänden oder einzelnen Großkonzernen geplant und finanziert werden. Als einzige Naturschutzorganisation ist der WWF auch Mitglied in einem der wichtigsten Think Tanks Brüssels, den Friends of Europe.
Nina Holland hält den WWF für eine mächtige Lobbyorganisation auf dem Brüsseler Parkett und beobachtet seit 2004, dass er sich für die Anerkennung von Treibstoff aus Pflanzen starkmacht, insbesondere für die Zulassung von Kraftstoff aus Gensoja: »Die Konzerne hatten kein Interesse an den Basler Kriterien – das war ein Nachhaltigkeitsstandard, der Gentechnik ausdrücklich verbot. Auch der WWF hat die Basler Kriterien mit unterschrieben. Aber kaum war die Tinte seiner Unterschrift trocken, heckte er mit der Industrie eine Alternative aus, den Runden Tisch für verantwortungsvolles Soja. Das Ziel, so sieht es für mich aus, war von Anfang an auch, dem gentechnisch veränderten Soja in Europa Zutritt zum Markt für regenerative Energien zu verschaffen. Die Leute des Brüsseler WWF-Büros haben sich mit den zuständigen EU-Beamten getroffen und sie bearbeitet, damit das private Zertifizierungssystem des RTRS in der EU akkreditiert wird.«
Wir gehen die Liste mit den Mitarbeitern des Brüsseler WWF-Büros durch, darunter ist kein einziger Amerikaner, alle kommen aus europäischen WWF-Organisationen. An der Spitze steht Imke Lübbeke vom WWF Deutschland. Sie ist European Officer für Bioenergie. Für Nina Holland ist demnach klar, dass der WWF in Europa seinen Mitgliedern nicht immer die Wahrheit sagt: »Die Amerikaner haben wenig Aktien beim RTRS-Siegel für Soja. Es war von Anfang an ein Projekt für Europa. Ohne den WWF hätte Monsanto es sicherlich nicht so schnell und leicht geschafft. Ich fürchte, das ist auch nur der erste Schritt. Spätestens in zwei Jahren wird es heißen: Wenn die Monsanto-Pflanzen in Lateinamerika verantwortungsvoll und nachhaltig angebaut werden können, warum dann nicht auch in Europa?«
Am 26. Juli 2011 entscheidet die Europäische Union, das RTRS-Siegel zuzulassen. Damit gilt Biodiesel aus Gensoja als »regenerative« Energie aus »nachhaltigem Pflanzenanbau«. Die erste Schiffsladung mit RTRS-Soja trifft wenig später in Rotterdam ein. Sie stammt von der Firma Amaggi, dem größten Sojaproduzenten Brasiliens und Partner des WWF am Runden Tisch für verantwortungsvolles Soja.
Blairo Maggi, einer der Inhaber der Grupo Amaggi, war bis 2007 Gouverneur der Sojaprovinz Mato Grosso und genießt den zweifelhaften Ruf, Brasiliens größter Regenwaldvernichter zu sein. 40 Prozent aller Regenwaldrodungen in Brasilien gehen auf seine Firma zurück. Ihn selbst stört das nicht: »Diese 40 Prozent bedeuten für mich gar nichts. Ich fühle mich absolut nicht schuldig. Wir haben immer noch unberührten Wald von einer Fläche größer als die Europas; also gibt es nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste.«58
Eis essen für den Regenwald
Jason Clay personifiziert wie kein anderer die Politik des WWF für das 21. Jahrhundert. Er vertritt den Kuschelkurs mit der Großindustrie sehr viel offener und radikaler als seine Kollegen aus dem alten Kontinent, die es vorziehen, ihre Dienstleistungen dezent und in Hinterzimmern anzubieten. Wer ist Jason Clay, der gemeinsam mit Monsanto unseren Planeten retten will? Was treibt ihn an, woran glaubt er wirklich?
Alte Weggefährten erinnern sich, dass er früher ein engagierter und spindeldürrer Anthropologe war. Heute hat er beträchtlich zugenommen und sich den Duktus von Industriemanagern zugelegt. Früher verteidigte er als Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation Cultural Survival eloquent und stets mit einem Koffer voller Statistiken die Rechte der indigenen Völker. So schrieb er noch 1988: »Diese Menschen, die die tropischen Wälder seit Jahrhunderten nutzen, ohne sie zu
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