Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
durch die Regenwälder fegen. Dazu kommt ein ernstes Problem: Der Kampf der Indios wird von den großen Naturschutzorganisatio-nen des Westens untergraben, weil diese sich auf die Seite der Konzerne geschlagen haben.«
Den WWF kennt er aus der Zusammenarbeit in vielen Feldprojekten. Viele Mitglieder des WWF leisten nach seiner Erfahrung »vor Ort eine gute Arbeit«, aber sobald es zu Konflikten um die Landrechte kommt, stehe der WWF eher auf der Seite der Mächtigen. Ich lese ihm Jason Clays Satz vor, wonach er die 100 größten Konzerne der Welt »umarmen« und damit »verbessern« werde. Mac Chapin grinst: »Das ist so, als glaubte der Schwanz, er wedele mit dem Hund. Solche Unternehmen sind wie Haie, die sich alles nehmen, was sie haben wollen, und der WWF ist eine Art Putzerfisch. Er hat kaum Einfluss auf den Kurs des Raubfisches, meist schwimmt er einfach nur mit.«
Um den WWF zu verstehen, so Mac Chapin, müsse ich der Spur des Geldes folgen. Der WWF, aber auch andere große Naturschutzverbände wie Conservation International seien in Gefahr, von Zuwendungen aus der Industrie abhängig zu werden: »Es ist doch eine Ironie der Geschichte, wenn eine große Naturschutzorganisation mit Mächten kooperiert, die die letzten verbleibenden Ökosysteme der Erde gefährden und irgendwann vielleicht sogar zerstören. Auf der anderen Seite habe ich nicht den Eindruck, dass der WWF wirklich offensiv für die Belange der indigenen Völkern eintritt, die gegen diese Zerstörung kämpfen. 1989 hat die Vereinigung der Amazonasvölker den WWF aufgefordert, mit den Indios zusammenzuarbeiten. Aber der WWF hat offenbar andere Interessen.«
Mac Chapin ist ein sanfter und umgänglicher Mann, der Streit hasst. Beim WWF dürfte er trotzdem in Ungnade gefallen sein, weil er im Jahr 2004 einen kritischen Artikel im World Watch Magazine veröffentlichte: Eine Herausforderung für Naturschützer. Darin machte er öffentlich, dass die Ford-Stiftung, die viele Projekte des WWF finanziert, im Jahr 2003 eine interne Ermittlung gegen den WWF durchgeführt hatte. Chapin klärt mich auf, wie es dazu kam: »Die Organisationen mehrerer indigener Gruppen hatten sich bei der Ford-Stiftung über den WWF beklagt, er trete ihre Interessen mit Füßen. Die Stiftung ließ die Vorwürfe untersuchen und fand, dass die Klagen berechtigt waren.«
In dem nicht veröffentlichten Bericht der Ford-Stiftung wird laut Chapin eine niederschmetternde Bilanz gezogen: Wenn Indio-Völker im Amazonasbecken für ihren Wald und gegen Bergbau- und Ölkonzerne kämpfen, hüllt sich der WWF meist in Schweigen; vor allem dann, wenn er mit jenen Konzernen kooperiert. Der WWF antwortete in einer Befragung durch die Ford-Stiftung, er sei »apolitisch« und halte sich grundsätzlich aus Konflikten heraus. Einige Mitglieder im Aufsichtsrat der Ford-Stiftung setzten durch, dass der Bericht nicht veröffentlicht wurde, an vorderster Front Yolanda Kakabadse, damals Präsidentin der Internationalen Organisation für Artenschutz (IUCN). Seit Januar 2010 ist sie Präsidentin von WWF International.
Mac Chapin fürchtet, die Indios Südamerikas werden das gleiche Schicksal erleiden, wie einst die nordamerikanischen Indianer: »Ich möchte gern etwas anderes glauben, aber ich kann es nicht: Die Situation für die indigenen Völker der Erde ist hoffnungslos. Wir werden ihr Leben und ihre Ökosysteme zerstören. In Südamerika findet gerade eine Art zweiter Conquista statt.«
Der WWF spielt bei dieser Eroberung im Zeichen der Bioenergie nach Chapins Auffassung die Rolle des Kundschafters und des Moderators: Er soll die sozialen Konflikte eindämmen und dazu beitragen, dass es nicht zum gewaltsamen Widerstand kommt. Mac Chapin glaubt, dass die Manager der großen westlichen Umweltorganisationen deshalb in Wahrheit oft nicht mehr als »Handlanger« der Großkonzerne sind: »Sie arbeiten mit den smarten Managern aus der Industrie zusammen, werden von ihnen benutzt und übernehmen nolens volens im Laufe der Zeit häufig deren Wertvorstellungen.«
Weltmacht WWF
Nach WWF-Studien sind heute noch 30 Prozent der Erdoberfläche mehr oder weniger unberührte Naturräume, in denen vor allem indigene Völker leben. Um einen Teil dieser Biotope zu erhalten, geht der WWF einen Kompromiss ein. Er ist bereit, große Waldflächen zu opfern, solange ein Rest von etwa 10 Prozent der Erdoberfläche als geschützte Naturräume erhalten bleiben – in Form von Nationalparks. Diese 10-Prozent-Faustregel
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