Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
ist für die globalen Konzerne ein attraktiver Deal. Denn sie bedeutet freie Fahrt für die Eroberung der südlichen Erdhälfte. Noch gibt es dort riesige Wälder und Savannen, die nicht Nationalparks sind. In Indonesien, Brasilien oder Argentinien sind nach der Flächenmathematik des WWF noch über die Hälfte des Landes »ungenutzt«, in Papua sogar 90 Prozent. Das Agrobusiness will dieses Land haben und der WWF steht ihm dabei nicht gerade im Weg.
Als moralische Rechtfertigung der weitgehenden Kapitulation vor dem Agrobusiness dient dem WWF und anderen ein apokalyptisches Szenarium: Wenn nicht mehr Land für Nahrungsmittel und Bioenergie freigemacht wird, gibt es im Jahr 2050 Kriege um Land, Nahrung und Wasser. Wenn neun Milliarden Menschen auf dem Planeten leben, müsse die landwirtschaftliche Produktion verdoppelt werden. Diese Annahme ist jedoch falsch, wenn man bedenkt, dass die Hälfte aller produzierten Nahrungsmittel verderben oder weggeworfen werden, bevor sie den Konsumenten erreichen. Auch die Risiken einer globalisierten industriellen Landwirtschaft auf der Basis von Gentechnik und Monokultur kommen in der Rechnung des WWF zu kurz. Der Weg, den Monsanto und seine Partner gehen wollen, ist nur eine Option, aber beileibe nicht die einzige.
Seit Jahren wiederholen die Agrarexperten entwicklungspolitischer Organisationen und der Vereinten Nationen, dass die Förderung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft der bessere Weg sei, um auch in Zukunft gesunde Nahrungsmittel in ausreichenden Mengen zu produzieren. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass ihre Argumente besser sind als die von Monsanto und dem WWF, aber sie verlieren trotzdem an Boden. Das Agrobusiness ist stark, weltweit vernetzt und es kann seine Lobbyisten und Gutachter gut bezahlen. Es diskutiert nicht lange, und ehe wir uns umsehen, hat es Fakten geschaffen.
Überall auf der Welt kaufen die Agrar- und Energieriesen Land auf. Der WWF verleiht diesem Beutezug einen zivilisatorischen Anstrich. Vor allem dazu sind die Runden Tische gut: Sie verteilen kaum mehr als Persilscheine für die »nachhaltige und sozial verträgliche« Produktion strategischer Rohstoffe: Zucker, Holz, Biotreibstoff, Fisch, Fleisch, Mais, Soja, Palmöl. Das Zertifizierungsgeschäft blüht – und der WWF lebt nicht schlecht damit.
Der WWF tut beides: Er schützt Wälder und hilft gleichzeitig den Konzernen, sich Land unter den Nagel zu reißen, das ihnen vorher nicht gehört hat und auf dem Menschen leben und arbeiten. Diese Menschen stören dabei oft und müssen dann weichen. Der WWF wirbt bei den indigenen Völkern für eine freiwillige Umsiedlung mit dem Slogan: »Chancen auf ein besseres Leben«. Wenn die Indigenen mitspielen, werden sie in Reservate oder Pufferzonen von Nationalparks umgesiedelt, die menschlichen Zoos gleichen. Sie werden vom Ökotourismus abhängig und verlieren ihr überliefertes Recht, von den Früchten des Waldes zu leben. Das ist der Preis dafür, wenn man in der »nachhaltigen« Welt des WWF überleben will.
Der WWF ist auf seine Art Teil eines globalen Steuerungssystems, mit dem die neue Weltagrarordnung durchgesetzt werden soll. Er arbeitet mit den wichtigsten Lobbyorganisationen des Agrobusiness zusammen, er bekommt für seine Zertifizierungssysteme Millionen aus staatlichen Kassen, von der Europäischen Union, der Weltbank und sogar von Organisationen der Vereinten Nationen. Der WWF ist eine politische Macht geworden und zwar als Folge der Tatsache, dass die Regierungen der westlichen Länder in den 1990er-Jahren die lästige Naturschutz- und Umweltpolitik zum großen Teil an Nicht-Regierungsorganisationen abgetreten haben. Diese Privatisierung hoheitlicher Aufgaben hat auf globaler Ebene ein Vakuum geschaffen, das von den transnationalen Konzernen und einigen wenigen NGOs gefüllt worden ist.
Ein paar Dutzend Menschen, die für ihre Mission niemals gewählt wurden, betreiben in Hinterzimmern ihre eigene Weltpolitik. Es geht um die Aufteilung der letzten Landmassen, die auf der Erde noch ausgebeutet werden können. Die Protagonisten der globalen Green Economy haben sich von den Institutionen der Nationalstaaten abgekoppelt. Ein paar multinationale Konzerne, die ihre Arme um den Planeten schlingen wie Kraken, dominieren die Entscheidungsprozesse. Ihre Manager sind überall, vor Ort im Urwald und in den internationalen Gremien, in denen strategisch wichtige Entscheidungen getroffen werden. Sie sind schneller als Regierungen oder
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