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Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)

Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)

Titel: Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Huismann
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zerstören, werden jetzt selbst zerstört. Westliche Konzepte, die auf die Eroberung der Natur abzielen, haben für sie verheerende Folgen.«59
    Was hat seinen Gesinnungswandel ausgelöst? Im WWF International ist er ein mächtiger Mann. Nicht alle teilen seine Sicht der Welt, aber wer im WWF widerspricht ihm? Da ich mit ihm nicht sprechen darf und er nicht mit mir, muss ich einen Umweg über Montana machen, um zu verstehen, wie der strategische Kopf des WWF tickt.
    Am Fuße der Rocky Mountains lebt der angesehene Anthropologe Mac Chapin in einem kleinen, blauen Holzhaus. Er kennt Jason Clay aus der gemeinsamen Zeit bei Cultural Survival, wo er sich mit ihm einen Büroraum teilte: »Jason war ein brillanter Anthropologe, verantwortlich für unsere Publikationen. Er fühlte sich unterfordert und langweilte sich. Dann entdeckte er das Marketing und gründete 1989 die Cultural Survival Enterprises. Jason begann, Regenwaldprodukte zu vermarkten, um die indigenen Völker in Kontakt mit dem Weltmarkt zu bringen. 1989 lernte er Ben Cohen kennen, den Mitinhaber der Speiseeismarke Ben & Jerry. Den überredete er dazu, eine neue Geschmacksrichtung ins Programm zu nehmen: Rainforest Crunch, mit Nüssen aus dem brasilianischen Regenwald, per Hand geerntet von den Menschen des Waldes.«
     

    Mac Chapin
    Mac Chapin muss bei dieser Floskel laut und herzlich lachen. Denn so gut wie nichts an Rainforest Crunch stammte aus indianischer Herstellung: Der Zucker wurde in industriellen Plantagen angebaut, die Milch stammte von amerikanischen Farmen und selbst die brasilianischen Nüsse wurden mehrheitlich im Großhandel gekauft: »Es war ein großer Bluff, aber er wirkte.« Rainforest Crunch entwickelte sich zu einer der meistverkauften Eissorten Amerikas. Das lag nicht nur am Geschmack oder an der Verpackung mit ihren bunten Urwaldmotiven, sondern vor allem an der Botschaft: »Rainforest Crunch zeigt uns, dass der Regenwald profitabler ist, wenn seine Nüsse, Früchte und Heilpflanzen traditionell kultiviert und geerntet werden, als wenn man seine Bäume für den schnellen Gewinn fällt.«
    Einige Jahre nach der Markteinführung von Jason Clays PR-Idee fanden neugierige Journalisten des Boston Globe die Wahrheit heraus: Höchstens 5 Prozent der Nüsse stammten von der Kooperative aus dem Regenwald, die anderen 95 Prozent kaufte Ben & Jerry im Großhandel.60 Außerdem waren die Nusssammler nicht mal Indios, sondern weiße Siedler, die sich zu allem Überfluss auch noch von Jason Clay und seinen Komplizen betrogen fühlten: Kein einziger Dollar der versprochenen Gewinnbeteiligung sei bei ihnen angekommen.
    Angesichts des PR-Desasters zog Ben & Jerry die Notbremse und nahm die Marke im Jahr 1994 aus dem Programm. Ein Erfolg sei das Ganze trotzdem gewesen, behauptete die Firma, denn Rainforest Crunch habe zumindest eine »Nachfrage nach Regenwaldprodukten geschaffen«.
    Für Mac Chapin ist das ein »zweifelhafter Erfolg«. Denn der Kontakt mit dem Weltmarkt beschleunige den Zerfall indigener Gemeinschaften. Obwohl als Betrug in die Geschichte eingegangen, avancierte Rainforest Crunch zum Modell für spätere WWF-Kampagnen, die dem Spender das Geld aus der Tasche locken und ihm gleichzeitig ein gutes Gewissen geben: Wer den afrikanischen Wald retten will, kann sich mit Krombacher-Bier abfüllen oder mit LTU um die Welt fliegen; und wer den Eisbären vor dem Aussterben bewahren will, kann das tun, indem er in ausreichenden Mengen Coca-Cola trinkt. Geht es dem WWF hier wirklich um das Klima oder ums Geschäft?
    Mac Chapin hat die Metamorphose seines Kollegen Jason Clay mit große Sorge verfolgt: »Jason fand Marketing sehr sexy. Als er 1994 zum WWF ging, war ich erschrocken. Denn mit ihm an der Spitze haben die Naturschützer im WWF einen schweren Stand. Jason ist ein Machtspieler, sehr ehrgeizig und gefährlich für jeden, der sich ihm in den Weg stellt.«
    Mac Chapin liebt die Ruhe der rauen und unwirtlichen Rocky Mountains. Allein schon deshalb, weil es in dieser wilden Felsenlandschaft wahrscheinlich nie eine landwirtschaftliche Monokultur geben wird. Ein ganzes Berufsleben lang hat er mit Indios gearbeitet und unterstützt sie noch heute. Doch obwohl der Widerstand der Indios gegen die Vernichtung ihrer Wälder stärker geworden sei, hält Mac Chapin ihren Kampf für verloren: »In den 80er-Jahren entdeckte die Erdölindustrie den Regenwald. Dann folgten die Bergbauunternehmen, heute sind es die Biosprit-Konzerne, die wie ein Tsunami

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