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Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Titel: Schwarze Blumen auf Barnard Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Leman
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was an Verrichtungen vorgeschrieben war, Routineaufgaben und die Arbeiten für die Wasserleitung, die Zeit verschlangen und die ermüdeten, planmäßig. Man redete miteinander, zu oft mit gedämpfter Stimme und gleichsam hinter vorgehaltener Hand. In den Gängen wurden Köpfe zusammengesteckt, es gab Gemunkel um Dinge, die sich in Orlows Höhle abspielen sollten, und um andere in der Werkstatt Blichers.
      Judy und Blicher hatten sich zu einem Paar zusammengefunden, zu einem ausschließlichen, monogamen, die beiden waren so, sie konnten nicht anders. Rundum Lächeln zuerst, Einvernehmen, diskretes oder gönnerhaftes, je nachdem. Dann Zeichen von Rivalität zwischen denen, die es anging, von aussichtsloser Rivalität, wie Blichers Masse und Judys Geradlinigkeit klarzustellen vermochten. Man bekomplimentierte Rahel, die sich gern so bestrahlen ließ, aber geschmeidig entwischte, ehe die Dinge heiß wurden. Spannung lud verborgene Speicher auf, ohne Funken zu zünden.
      Über das Ganze flatterte Anas Fröhlichkeit. Ana überdauerte diese Tage unbehelligt. Sie nahm die Dinge wie einen Film und aus der Perspektive eines Kinosessels wahr, wie Fiktionen, die sie nicht betrafen. Man sah sie mit den Männern zusammen, sie machte kein Hehl aus intimen Verabredungen mit Tschuk oder mit Boris Orlow, sie lachte, und ihr Lachen steckte an. Wenig abseits ein Schatten, Giron, nachdenklich.
      Jermakow beschnitt den Umgang mit der Mannschaft auf Rapporte und eliminierte Unlust durch Kürze. Tschuk hatte den BECKMESSER und Blicher die Funkbrücke zur BEAGLE zeitrichtig zusammengebaut. Jermakow benutzte sie zu Berichten von lakonischer Strenge. Verzicht auf Weitschweifigkeit bekundete Plantreue.
      Nun, die Zeit hatte auch Ereignisse präsentiert: die Pracht grünbewölkter Abende, Länge und Silber der hiesigen Nacht, Römisch drei Beryll, klein und hurtig über den Himmel flitzend, gegenläufig, seltener Fakt in planetaren Systemen. Anas Bilder, Girons Erzählungen, sonderbares Klirren, das gehört worden war – steriler Abglanz verdrängter Hoffnungen.
      Ana meldete sich per Funk, nicht auf der Welle, die stillschweigend als die offizielle galt, sondern gleichsam an der Hintertür. Judy Bean fing den Ruf auf. Sie stehe vor der Schleuse, teilte Ana mit, es solle jemand herauskommen, aber schnell, sie warte.
      »Warum?« fragte Judy.
      »Macht schon!«
      »Und wer?«
      »Meine Güte!«
      »Wo lebst du?« fragte Judy ins Mikrofon. »Er läßt niemanden raus. Ohne Gründe. Einfach so.«
      Ana schnaufte. Judy schaltete ab, ehe Ana antworten konnte. Rahel Bruceaus hübsches Gesicht wurde hinter der Scheibe des Ausgucks sichtbar. Danach tappte eine Gestalt aus der Schleuse, man sah einen roten Schopf unter dem Glas. Judy Bean. Das Rollo sauste knapp hinter ihrem Rücken herab, Judy schrak zusammen, als es erneut nach oben schoß. Nun erschien Rahel, weiß, noch in voller Cleanmontur unter dem Overall. Rahel glitt sofort auf Ana zu. »Was ist?«
      »Dort!« sagte Ana.
      Rahel registrierte mit der Routine ihres Berufs, wie hoch Anas Atem ging.
      In der Distanz von fünfzig Schritt war eine Art Aufruhr im Gange, da, wo seit eh und je einer der Pulks gestielter Kohlköpfe stand, die sie schwarze Blumen nannten. Die Köpfe hatten sich entfaltet, und man hätte sie jetzt wirklich für Blumen mit zerschlitzten Blütenblättern halten können, aber die Blüten wallten auf und nieder, scheinbar schwerelos, als schmiegten sie sich in hin- und widerschwingende Strömungen eines unsichtbaren Gewässers. Nun schwangen sie heftiger, peitschten die Luft, schienen mit etwas zu ringen, und sogleich wurde die Ursache sichtbar, warum sie sich erregten: Aus der Mitte des Strudels sprang es in die Höhe, ein formloser Körper, schwarz wie Ruß und von einer Art schwarzen Aureole umgeben. Er sprang dort hoch hinaus, zwei, drei Sekunden in die Sichtbarkeit, dann stürzte er sich wieder in das wallende Bett. Eine Weile ließ er sich wiegen, sprang, die Blätter züngelten ihm lockend nach, bis er erneut in sie hinabfiel. Das Fallenlassen hatte etwas Wollüstiges an sich, die vorweggenommene Wonne des Schwimmers, der ins Wasser springt. Und man sah es den Blumen an: Das Entzücken war zweiseitig.
      Plötzlich sah alles ganz anders aus. Der Spielgefährte der Blumen schnellte im Bogen seitwärts aus den Blättern heraus und ging auf den Schiefer nieder. Ein zweiter, ein dritter. Sie schnurrten zusammen, gewannen an Kontur,

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