Schwarze Flotte 01 - Vor dem Sturm
her. Er sah aus wie ein Blinder, der sich durch ihm unbekanntes Gelände tastet.
Luke war noch nicht weit gegangen, als er plötzlich stehen blieb, zur Klippe hinaufsah und sich dann halb umwandte, um zwei aus dem Meer ragende Felsspitzen zu betrachten. Dann senkte er das Kinn auf die Brust, schloss die Augen, drehte sich langsam zweimal um die eigene Achse und blickte dann wieder zum Klippenrand empor.
»Ja«, sagte er, und der Wind riss ihm das Wort von den Lippen. »Hier ist es.«
Er setzte sich mit überkreuzten Beinen aufrecht in den Sand und legte die Fingerspitzen im Schoß zusammen. Ganz auf ein Bild in seinem Bewusstsein konzentriert, ließ Luke sein Wahrnehmungsvermögen tief in den Fluss der Macht eintauchen, der um ihn strömte. Mit Augen, die nach innen blickten, fand er, was er suchte. Seine Willenskraft griff hinaus.
Der Sand rings um ihn bewegte sich. Die Felsen bebten, verlagerten sich und hoben sich aus Meer und Sand, als würden sie von unsichtbaren Händen bewegt. Die Steine stiegen in die Hohe, suchten ihren Platz und fügten sich allmählich zu einer Form, bildeten eine zerbrochene Mauer und eingestürzte Fundamente, Teile eines Bogens, eines Tores und einer Kuppel – die Ruinen von Darth Vaders Festung. Sie schwebte über Luke in der Luft, so wie sie früher einmal auf der Klippe gestanden hatte, ein finsteres, furchterregendes Bauwerk.
In den Archiven von Imperial City existierten keine Aufzeichnungen, aus denen hervorging, ob sein Vater sich je in dieser Festung aufgehalten hatte. Aber sie war seinen Anweisungen gemäß und für ihn gebaut worden. Sie hatte leer gestanden, als sie damals – in den Tagen nach der Zurückeroberung Coruscants durch die Neue Republik – von den Blastern eines B-Flüglers zerstört worden war.
War dies der Ort, wo Vader im Dienste des Imperators seine Eroberungen geplant hatte, den er aufgesucht hatte, um sich nach einer Schlacht zu regenerieren? Hatten hier Feiern stattgefunden, selbstgefällige Vergnügungen und grausame Ausschweifungen? Luke lauschte auf das Echo alter Missetaten, ohne irgendetwas zu spüren. Doch für sein Vorhaben war dies ohne Belang. So wie er seinen Vater erlöst hatte, würde er jetzt dessen Haus in Besitz nehmen.
Wieder wirbelten Steine durch die Luft; andere, die aus dem Meer kamen oder aus der Klippe gesprengt wurden, kamen hinzu. Eine zerbrochene Kante schmiegte sich an die andere, und die dunkle Felswand wurde heller, während ihre Mineralstruktur neu angeordnet wurde. Das Gestein wurde leicht und formbar wie Ton auf der Scheibe eines Töpfers, und ein Turm reckte sich himmelwärts, bis er hoch über dem Klippenrand aufragte.
Als das Werk vollendet war, die letzte Lücke sich geschlossen hatte, und der letzte Stein umgebildet war, als Säulen aus Stein, die bis in den gewachsenen Fels reichten, den Bau stützten, holte Luke den E-Flügler und lenkte ihn in die Kammer, die er eigens dafür hergerichtet hatte. Allerdings würde kein Tor Fremden den Zugang verwehren, sondern eine massive Mauer, die nicht nur Wind und Wetter aussperrte, sondern die ganze Welt.
»Alle Systeme abschalten!«, wies Luke R7-T1 an. »Und dann gehst du in den Bereitschaftsmodus! Ich werde dich eine Weile nicht brauchen.«
Seine letzte Aufgabe bestand darin, seinen Zufluchtsort aus der Perspektive von zufällig vorüberkommenden Fremden zu betrachten. Alles war so, wie er es geplant hatte. Von oben betrachtet sah sein Werk wie ein Teil des Strandes aus, vom Meer aus wie ein Teil der Klippen, vom Strand aus wie ein Teil des Himmels und von den Klippen aus, als gehöre es zum Meer. Doch war dieser Effekt nicht bloßer Tarnung zu verdanken, sondern die Zuflucht war ein Teil des Meeres, des Felsgesteins, des Sandes und des Himmels, sie war mit der Substanz ihrer Umgebung eine enge harmonische Verbindung eingegangen.
Die letzte Probe bestand darin, dass Luke den Turm bestieg und sich prüfend umsah. Aber als er nach Osten blickte, behinderten die hochaufgetürmten Wolken die Sicht. Also wartete er, tat die Zeit ebenso leicht ab, wie er die Kälte mit einem Achselzucken abtun konnte. Er wartete, bis der Wind schließlich die Wolkendecke weggeblasen hatte und er die schneebedeckten Spitzen der Menarai-Berge sehen konnte, die das strahlende Leuchten des galaktischen Kerns beherrschten, das sich wie ein Juwel im Licht des gelben inneren Mondes vor dem Himmel abzeichnete.
»Möge dieser Anblick mich stets daran erinnern, dass die wenigen Steine, die ich
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