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Schwarze Küsse

Schwarze Küsse

Titel: Schwarze Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquín Guerrero-Casasola
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Nutte, weil es ihr Spaß machte, oder weil sie dafür bezahlt wurde?«
    »Beides. Aber mach dir keine Illusionen, das Geschäft ist knallhart. Noch härter als das der Frauen, weil uns nicht nur die Freier schlecht behandeln, oder der Bulle, der uns gegen Geld oder Sex ein Stück Bordstein zuweist, sondern weil wir uns zusätzlich untereinander bekriegen. Wir müssen unser Territorium bis aufs Blut verteidigen. Das Territorium der Straße, aber auch das Territorium unseres Körpers. Da gibt es auf der einen Seite den Schwulen, der sich schnell ein Paar Silikontitten machen lässt, und auf der anderen solche wie mich, die wirklich Frauen sind, aber im falschen Körper geboren wurden. Ich habe es dir ja schon erklärt. Der Schwule sagt, dass das nicht stimmt, dass ich auch nur eine Schwuchtel bin, aber da irrt er sich … Weißt du was, Gil? Mir kommt es vor, als sei der Mörder aus dem Hotel genau das, ein als Frau verkleideter Schwuler, und nicht eine wie ich, die sich als das verkleidet, was sie eigentlich sein müsste, aber vom Leben verwehrt bekam.«
    »Ist Roberto das? Eine Frau in einem Männerkörper?«
    Judith nickte.
    »Hast du auch Sex für Geld?«
    »Ist das eine Beschwerde oder eine Einladung?«
    »Ich will nur wissen, ob du auch auf der Straße Prügel beziehst.«
    Diese Frage wollte sie nicht beantworten. Aber ihr Gesicht wurde ausdruckslos.
    Sobald ich aus dem Haus getreten war, wählte ich noch einmal Wintilos Nummer und teilte ihm mit, dass ich neue Namen hatte. Wir einigten uns darauf, die Brüder Salmerón getrennt aufzusuchen und uns abends den Sänger aus dem Sanborns vorzuknöpfen.
    Ich blickte nach oben. Judith beobachtete mich vom Fenster aus. Etwas an ihrem Gesichtsausdruck gefiel mir nicht, aber sie war zu weit weg, um erkennen zu können, ob darin Trauer oder Verachtung lag.

 
     
     
     
     
     
    D erjenige, der mir die Tür aufmacht, bekommt zuerst meine 45er zu sehen, dachte ich, als ich einen Luftzug im Nacken spürte und mich plötzlich ein Anflug von Intuition, Vorahnung oder Aberglaube überkam – drei Phänomene, die sich sehr ähneln. Ich weiß nicht, wer schließlich die Tür des luxuriösen Praxisgebäudes öffnete, denn ich sah nur noch eine Gestalt, die sich rasch in Richtung Treppe entfernte. Sie war korpulent wie Pater Pila, und mein Magen verkrampfte sich. Ich nahm die Treppe in den zweiten Stock und klingelte an einer weiteren Tür. Durch die Sprechanlage fragte mich eine Stimme, was ich wollte.
    »Ich möchte zu Doktor Salmerón«, sagte ich.
    »Haben Sie einen Termin?«
    »Selbstverständlich.«
    Der elektrische Türöffner wurde betätigt. Eine Sekretärin saß hinter einem Empfangstisch, der ihr bis zum Hals reichte. Sie hob den Blick.
    »Ihr Name?«
    »Gil Baleares.«
    »Sie sind nicht eingetragen.«
    »Sagen Sie dem Doktor, dass ich hier bin.«
    »Doktor Salmerón ist gerade gegangen.«
    Ich hielt mich nicht damit auf, verbal herauszufinden, ob sie log, sondern ging zur angrenzenden Tür und öffnete sie. Dahinter war niemand, nur eine zweite Tür. Ich öffnete auch diese. Es war die Toilette. Die Sekretärin folgte mir.
    »Wohin ist der Doktor gegangen?«
    »Er ist verreist.«
    »Warum haben Sie mich dann gefragt, ob ich einen Termin habe?«
    »Um Ihnen einen neuen Termin zu geben.«
    »Das klingt nicht sehr überzeugend.«
    »Aber so ist es nun mal.«
    »Unsinn. Wo ist Salmerón hingefahren?«
    Sie wusste nicht recht, ob sie mir antworten sollte. Erst als ich sagte, ich sei Polizist, rückte sie mit der Sprache heraus: »Er bekam einen Anruf, und danach sagte er, ich solle alle Termine absagen, er müsse kurzfristig verreisen. Dann verließ er eilig die Praxis. Er sagte mir nicht wohin. Steckt der Doktor in Schwierigkeiten? Ich bin nämlich neu hier und habe keine Lust, in irgendetwas verwickelt zu werden.«
    »Wie viel kosten ein Paar Brüste wie die?« Ich zeigte auf ein Foto an der Wand.
    »Sind die für Sie?«
    Ihr Zynismus gefiel mir, und ich betrachtete sie genauer. Sie hatte volle Lippen und makellose Zähne, war aber ansonsten so anmutig wie ein nasser Vogel.
    Und ich hatte keine Zeit zu verlieren.
    Die Bremsen meines Autos knirschten verdächtig, also hielt ich an einer Werkstatt, wo man mir sagte, ich bräuchte neue Bremsbeläge. Die waren teurer als mein Zahnarzt, außerdem hätte ich das Auto bis zum Wochenende dalassen müssen. Ich bat den Mechaniker, eine provisorische Lösung zu finden. Das tat er, aber er garantierte nicht für mein Leben.
    Ich

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