Schwarze Küsse
Hölle!«, heulte ich.
Eine weinende Frauenstimme, Absätze, deren Echo sich rasch durch den Flur entfernte. Und viel weiter weg ein Baby, das ebenfalls zu weinen begann.
Aber es war passiert.
Als ich die Hände von der Tür nahm, blieben rote Abdrücke zurück, wie die schwarzen Küsse auf der Haut all dieser Toten. Mit dem Rücken zur Tür ließ ich mich hinuntergleiten und blieb auf dem Boden sitzen. Rhett Butler kam zu mir, um meine Wunden zu lecken. So geschah es, dass er sich in einen Vampir verwandelte. Einen Vampirkater.
Ich schluchzte auf sein weiches Fell, und er miaute sehr leise, als wäre mein Schmerz auch seiner.
Wieder war jemand an der Tür. Das Klingeln durchfuhr mich wie ein elektrischer Schlag. Ich würde aufmachen, auch wenn Saúl dann für immer von der Stadt vergiftet wäre. Letztendlich leben wir doch alle in derselben Hölle, in einem Labyrinth, in dem sich alles ertragen lässt, nur nicht, allein zu sein. Allein zu leben. Die Leere nicht teilen zu können. Sie nicht mit einer neuen Leere zu füllen. Nicht aus zwei Leeren eine einzige zu machen, groß wie ein Haus …
»Señor«, sagte ein zartes Stimmchen. »Ich weiß, dass meine Katze da drin ist. Ich höre sie, sie heißt Sherry. Geben Sie sie mir zurück!«
»Schsch!«, machte ich zu Rhett Butler. »Sei still, vielleicht geht sie wieder.«
Und die Augen des Katers zeigten mir ihre zwei tiefen Abgründe.
J oaquín Guerrero-Casasola wurde 1962 in Mexiko geboren. Nach dem Studium an der Filmhochschule in San Antonio de los Baños/Kuba, wo er Schüler von Gabriel García Márquez war, betätigte er sich jahrelang als Drehbuchautor von Telenovelas. 2005 wurde er mit dem Preis »Best Screenplay in the First World« geehrt. Sein literarisches Debüt »Ley Garrote« wurde 2007 mit dem Literaturpreis »L’H Confidencial« ausgezeichnet. »Schwarze Küsse« (»El pecado de Mama Bayou«) ist sein zweiter Roman.
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