Schwarze Orchideen Kommissar Morry
plötzlich an Janet denken. „Hat Miß Suffolk den gleichen Zug benutzt?“
„Nein, warum?“
„Es ist nur eine Frage.“
„Ich habe Bill an den Zug gebracht. Mir wäre bestimmt aufgefallen, wenn Janet Suffolk mit eingestiegen wäre.“
Kitty nahm eine Kurve so scharf, daß ich gegen ihre Schultern geschleudert wurde .„Hoppla! Befinden wir uns auf einer Rallye?“
Kitty lachte. „Zeit ist für mich Geld, Mr. Robin. Das müssen Sie verstehen.“
„Und ich hatte zu hoffen gewagt, Sie würden Vergnügen an meiner Gesellschaft finden. Wie ist das übrigens mit dem Taxifahren? Bringt es genug ein?“
„Es reicht gerade zum leben.“
„Sie müssen Ihren Vater unterstützen, nicht wahr?“
„Gewiß, aber das macht mir nichts aus.“
Ich verspürte Appetit auf eine Zigarette und stellte fest ,daß das Päckchen leer war. Automatisch streckte ich die Hand nach dem vor mir liegenden Handschuhkasten aus, weil ich dort in meinem eigenen Wagen die Zigaretten aufbewahre.
„Stop!“ rief Kitty erschreckt aus. „Was wollen Sie?“
„Eine Zigarette — mein Vorrat ist mir ausgegangen. Können Sie mir aus der Verlegenheit helfen?“
„Sie sind nicht im Handschuhkasten“, meinte sie und griff in die Innentasche des Wagenschlages. „Hier, nehmen Sie, bitte.“
Sie reichte mir eine Packung Camels. „Sie sind ohne Filter, das macht Ihnen doch hoffentlich nichts aus?“
„Nicht das geringste“, erwiderte ich. „Rauchen Sie eine mit?“
Kitty nickte und ich hielt ihr die Packung so hin, daß sie sich eine Zigarette mit den Läppen herausziehen konnte. Nachdem ich mich selbst bedient und ihr und mir Feuer gegeben hatte, fragte ich mich, was Kittys plötzliches Erschrecken verursacht haben mochte. Ich hatte nur die Hand ausgestreckt, tun die Klappe des Handschuhkastens zu öffnen. Befand sich etwas darin, was ich nicht sehen sollte?“
Kurz entschlossen streckte ich meine Hand zum zweiten Male aus und öffnete den Kasten. Das Handschuhfach besaß Innenbeleuchtung. Die nicht sehr helle Glühlampe warf ihr Licht auf ein Paket Kleenextücher, auf eine Taschenlampe, und auf eine Pistole. Ich kannte die Pistole. Sie gehörte mir. Am Morgen war sie zusammen mit meinem Koffer verschwunden.
„Welch ein frohes Wiedersehen!“ sagte ich.
Kitty lenkte den Wagen an den Rand des Bürgersteigs und hielt. Der Schein einer nahen Straßenlaterne ließ ihr Gesicht blaß und geisterhaft erscheinen.
„Was ist das?“ flüsterte sie und starrte auf die Pistole in meiner Hand.
„Haben Sie so ein Ding noch nie gesehen?“
„Eine Pistole!“ stieß sie hervor. „Wie kommt sie in meinen Wagen?“
„Wollen Sie wirklich, daß ich Ihnen diese Frage beantworte?“ erkundigte ich mich.
Kitty starrte mich an. „Sie glauben doch nicht etwa...“ Sie unterbrach sich und schwieg.
„Doch“, sagte ich. „Das glaube ich. Ich glaube, daß Sie die Pistole gestohlen haben.“
„Das ist nicht wahr!“
„Wünschen Sie, daß ich feststellen lasse, welche Fingerabdrücke sich an der Waffe befinden?“
„Nein, nein.“ Sie ließ plötzlich den Kopf auf das Lenkrad sinken und legte die Arme darum. Hemmungsloses Schluchzen schüttelte ihren Körper. Ich ließ die Pistole in meine rechte Jackettasche gleiten und nahm ein paar Züge aus der Zigarette.
Als das Schluchzen etwas nachließ, legte ich behutsam eine Hand auf ihre Schulter. „Erzählen Sie!“
Kitty richtete sich auf und warf das Haar in den Nacken. Sie griff nach dem Handschuhkasten und nahm eines der Kleenextücher heraus. Sorgfältig tupfte sie sich die Augen ab.
„Ja, ich habe den Koffer gestohlen“, sagte sie mit matter Stimme. „Als ich wußte, wer Sie sind, stand mein Entschluß fest.“
„Was wollten Sie denn mit den Sachen?“
Kitty starrte geradeaus durch die Windschutzscheibe und vermied es, mich anzublicken. „Ich wollte nur die Pistole.“
„Wie konnten Sie wissen, daß sie sich ausgerechnet in dem großen Koffer befindet?“
„Das wußte ich nicht — aber ich hatte doch Zeit, beide Koffer zu öffnen. Als ich entdeckte, daß die Waffe in dem großen Koffer war, beschloß ich ihn mit allem, was sich darin befand, an mich zu nehmen, um einen Kofferdiebstahl vorzutäuschen. Aber natürlich ging es mir nur um die Pistole.“
„Warum haben Sie mir das Theater vorgespielt?“
„Mir blieb doch keine andere Wahl!“ Sie wandte den Kopf und bückte mich angstvoll an. „Werden Sie Bill etwas darüber sagen? O bitte nicht, Mr. Robin — das würde
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