Schwarze Piste
Anwalt hatte er weggeschickt. Er wollte reinen Tisch machen. Man hatte Kaffee, Tee und einen Weihnachtsteller mit Manfreds Plätzchen auf den Tisch gestellt.
Krugger hatte von dem Überfall berichtet und dass die drei Toten vermutlich seine Entführer waren, die ihm zehn Millionen Euro gestohlen hatten. »Warum vermuten Sie das?«, fragte Wallner. »Haben Sie die Leute auf den Fotos in der Zeitung erkannt?«
»Nein. Die waren ja damals vermummt. Ich habe jemanden beauftragt, das herauszufinden.«
»Wer ist das, und was hat er herausgefunden?«
»Er nennt sich Frank. Keine Ahnung, ob das sein richtiger Name ist. Er ist … ein Krimineller.«
»Warum haben Sie einen Kriminellen angeheuert? Das ist doch ziemlich gefährlich.«
»Er sollte mir mein Geld zurückholen. Und es war mir egal, ob er das mit legalen Methoden macht. Ich hab jemanden gebraucht, der keine Skrupel hat. Und ich wollte unter allen Umständen verhindern, dass die Polizei die Leiche findet.«
»Kann es sein, dass der Mann eine unbeteiligte Zeugin fast ermordet hat? Weil sie uns eine Telefonnummer geben wollte?«
Krugger sah Wallner entsetzt an. Auch wenn er mit einigem gerechnet hatte – es jetzt konkret zu erfahren, war etwas anderes. Noch dazu, wenn es nicht um einen Verbrecher ging, wie seine Entführer es waren. »Ich weiß es nicht. Kann sein. Ich wollte gar nicht wissen, was er im Einzelnen macht.«
Mike schob Wallner einen Aktendeckel über den Tisch. Er enthielt Fotos von Straftätern. Es waren die Männer, die man verdächtigte, die Wanze in Wallners Daunenjacke plaziert zu haben. »War es einer von denen?«
Krugger brauchte zwei Sekunden, dann deutete er auf eines der Bilder. Der Mann auf dem Foto hieß Anton Schuckenrieder und war mehrfach wegen diverser Gewaltdelikte vorbestraft.
Wallner bat Janette zu veranlassen, dass eine Fahndung nach Schuckenrieder ausgeschrieben wurde. Dann wandte er sich wieder Krugger zu. »Kommen wir zum eigentlichen Anlass unseres Gesprächs. Wer die Tote ist, glauben wir zu wissen: Franziska Michalski. Ist das richtig?«
Krugger nickte.
»Wie kommt ihre Leiche in Ihren Garten, und wie ist sie gestorben?«
Bevor er mit seiner Beichte begann, nahm Krugger noch einen Schluck kalten Kaffee. Seine Hand zitterte, und er hatte Mühe, die Tasse wieder auf dem Tisch abzustellen, ohne sie umzuwerfen. »Ich hab im März Geburtstag«, begann er. »Normalerweise mach ich da nichts, weil ich hab eh nicht viele Freunde und bin nicht der Partytyp. In den letzten Jahren bin ich mit meinen Eltern zum Mittagessen gegangen. Abendessen geht nicht, weil die essen um halb sechs, und das ist mir zu früh. Im Jahr 2008 bin ich also auch mit meinen Eltern beim Essen gewesen und danach in mein Haus gefahren. Ich hab meine Sachen am Computer gemacht und mich ein bisschen gewundert, dass gar keiner anruft oder eine Mail schickt, außer einer Tante aus Kelheim. Ich hatte drei Freunde aus dem Studium. Und die drei hatten sich noch nicht gemeldet. Und dann um sechs Uhr sind sie angerückt und haben was zu trinken dabeigehabt und dieses Mädchen. Der Franz Hollmann, das ist einer von den Studienfreunden, und dem hatte ich auch das Haus abgekauft, hat gesagt, es wär eine Bekannte aus Norddeutschland. Ich hab erst später erfahren, dass sie bezahlt und eigentlich Stripperin war. Wir haben dann gefeiert, und ich hab mich mit dem Mädchen unterhalten. Sie war sehr nett zu mir, klar, war ja auch ihr Job. Sie war fasziniert, dass das Haus mir gehört und dass ich mir alles selbst an der Börse verdient hatte.«
»Hatten Sie 2008 schon so viel Geld?«
» 2004 hatte ich eine Erbschaft von zweihunderttausend Euro gemacht. Bis März 2008 war es etwas über eine Million, die ich verdient hatte. Mir war schon Anfang 2007 klar, dass die Immobilienblase in den USA platzen würde. Ich hab entsprechend mein Geld umgeschichtet und bin ein sehr hohes Risiko eingegangen. Fast mein ganzes Geld steckte in Derivaten mit großem Hebel. Das Geld hätte auch zu hundert Prozent weg sein können. Aber ich war einfach überzeugt, richtigzuliegen. Im Frühjahr 2008 war es etwas über eine Million, die ich hatte. Von dem Haus mal abgesehen. Das war sechshunderttausend wert, und das hatte ich zur Hälfte bar angezahlt.«
»Wie ging es jetzt mit dem Mädchen weiter? Franziska Michalski?«
»Sie wollte über Nacht bleiben. Und Franz hat gesagt, das würden sie nicht bezahlen. Aber sie sagte, das wäre in Ordnung, sie sollten sich keine Gedanken machen. Und
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