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Schwarze Piste

Schwarze Piste

Titel: Schwarze Piste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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schon bei der ersten Toten ein starkes Gefühl, dass es sich um ein Verbrechen handelt. Aber wer mich kennt, weiß: Ich lasse die Ermittlungsarbeit, soweit das geht, gerne in der Verantwortung der örtlichen Polizei. Deswegen habe ich mich vorgestern darauf beschränkt, meine Bedenken lediglich mitzuteilen, und nicht auf einen anderen Ermittlungsansatz bestanden. Und natürlich: Im Fall des ersten Opfers wäre fast jeder Ermittler von Suizid ausgegangen. Insofern mache ich niemandem einen Vorwurf. Aber vielleicht sollten wir daraus lernen, ein bisschen mehr Intuition und ein bisschen weniger Routine unsere Arbeit bestimmen zu lassen. Und jetzt sage ich einfach: Auf geht’s! Die Zeit drängt. Der Mörder ist irgendwo da draußen und wird keine Ruhe geben, bis wir ihn haben.«
    Der Applaus für Tischlers Rede war gedämpft. Alle waren gespannt, ob Wallner das auf sich sitzen lassen würde.
    »Vielen Dank, Herr Staatsanwalt. Freunde, ihr habt gehört, was Herr Tischler gesagt hat: Gott möge es verhüten, aber das nächste Opfer kann schon bald auftauchen. Und auch, dass der Staatsanwalt besorgt ist, wir könnten Zeit verloren haben. Ja, ich muss zugeben, ich war mir fast sicher, dass es sich bei Sophie Kramm um Suizid handelt. Aber eben nur fast. Und so habe ich beim Staatsanwalt angerufen und gefragt, wie es denn mit einer Soko aussieht. Und Herr Tischler hat mir geantwortet – ich hab mir eine Telefonnotiz gemacht, damit ich nichts Falsches erzähle …« Wallner nestelte in einigen losen Papieren herum. Schließlich fand er den gelben Vordruck mit der handgeschriebenen Notiz. »Herr Tischler hat also wörtlich gesagt: ›Sie sind ja nicht ganz bei sich. Wegen einem Suizid machen wir doch keine Soko.‹ Auf meinen Einwand, dass es ja möglicherweise doch Mord sein könnte, hat der Staatsanwalt geantwortet (ich zitiere wieder wörtlich): ›Wenn das Mord war, dann lass ich mich freiwillig an die tschechische Grenze versetzen.‹« Der letzte Satz erzeugte Heiterkeit bei den anwesenden Beamten – Jobst Tischler ausgenommen, dem sich Wallner jetzt freundlich zuwandte. »Machen Sie sich nichts draus. Ich vergess auch ständig Sachen. Meine Mitarbeiter erzählen mir manchmal Dinge, die ich gesagt haben soll – unglaublich. Trotzdem würde ich Sie am hoffentlich erfolgreichen Ende unserer Ermittlungen gern an Ihr Versprechen erinnern.«
    »Ich bezweifle, dass ich das so gesagt habe.«
    »Das wusste ich, dass Sie das sagen würden. Deshalb hab ich ja mitgeschrieben. Aber keine Angst. Ich werde Sie nicht drauf festnageln. Ihren Satz mit der Routine und der Intuition fand ich übrigens sehr schön. Kann ich voll unterschreiben.«
    Janette kam herein und steuerte direkt auf Wallner zu, trat neben ihn und flüsterte ihm ins Ohr: »Entschuldige. Aber wir brauchen dich. Auf Mike ist geschossen worden.«
    »Auf Mike? Wieso? Wer?«
    »Ist alles ein bisschen unübersichtlich. Kannst du hier weg?«
     
    Etwa zur selben Zeit zog ein Trupp Bergwachtler Anneliese Sennleitner aus ihrem Schneeloch am Wallberg, in dem sie vier Stunden festgesteckt war. Sie hatte eine leichte Unterkühlung erlitten, war aber noch so weit bei Kräften, dass sie Kreuthner eine SMS schreiben konnte, deren Ausdrucksweise selbst langgediente Zuhälter hätte erröten lassen.

[home]
    27
    M ehrere Polizeifahrzeuge standen vor dem Einfamilienhaus in Otterfing, als Wallner zum Ort des Geschehens kam. Die Verwirrung war groß. Keiner wusste recht, warum man das Feuer auf die Polizei eröffnet hatte. Mike hatte ein Streifschuss am linken Oberschenkel getroffen.
    »Keine Ahnung, was die gegen uns hat«, begann er seine Schilderung. »Ich klingel an der Tür und sag höflich, wir würden uns gern im Haus umsehen. Den Durchsuchungsbeschluss hab ich ihr gezeigt. Aber der hat sie nicht interessiert. Dann sagt sie: Einen Moment bitte. Und kurz darauf steht sie oben am Fenster und schreit, wir sollen verschwinden. Ich hab ihr gesagt, dass wir leider reinmüssen. Ja, und dann hat s’ g’schossen.« Mike verwies auf das linke Hosenbein seiner Jeans, das man hatte aufschneiden müssen, weil sonst der Verband nicht daruntergepasst hätte.
    »Hat sie getrunken?«
    »Scheint so.«
    Wallner sah hinauf zu dem Sprossenfenster im ersten Stock. Es war einen Spaltbreit offen, der Vorhang dahinter war zugezogen. Man hatte die Polizeiwagen so geparkt, dass sie nicht im Schussfeld waren. »Habt ihr mit jemandem vom KIT gesprochen?« Das Kriseninterventionsteam hatte die Aufgabe,

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