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Schwarze Piste

Schwarze Piste

Titel: Schwarze Piste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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trinken wir noch in Ruhe aus«, sagte sie. »So viel Zeit muss sein.«
     
    Als Leas Mutter Kreuthner als Geisel genommen und sich in ihrem Zimmer verschanzt hatte, war der Nervenzusammenbruch gekommen. Lea Immerknecht verwandelte sich innerhalb eines Augenblicks von einem gespenstisch gelassenen Teenager in ein schluchzendes Bündel Elend. Wallner veranlasste, dass sie nach Haar in die Nervenklinik gebracht wurde, und gab ihr Janette mit. In einem klareren Moment bat Lea, dass man auch ihre Mutter nach Haar schicken möge. Sie sei dort bereits mehrfach wegen ihrer Alkoholprobleme behandelt worden. Man kenne sie also.
    Wenig später folgte Nora Immerknecht ihrer Tochter nach. Sie war ruhig und gefasst, wenn auch etwas schwankend, mit Kreuthner aus dem Zimmer gekommen und hatte sich ohne Widerstand in einen Polizeiwagen setzen lassen. Mike und Wallner mussten zugeben, dass Kreuthner in manchen Situationen sehr brauchbar war. Kreuthner fuhr mit Nora Immerknecht nach Haar, um sie dort sicher abzuliefern. In der Innentasche seiner Uniformjacke steckte die Straßenkarte des Landkreises, die in Leas Zimmer gehangen hatte. Jemand hatte in die Karte eine Fahrtroute eingezeichnet. Und diese Route hatte Kreuthners Interesse geweckt.

[home]
    30
    G isela Burger war von einnehmendem Wesen und freundete sich schnell mit Katja an. Nach einer halben Stunde schon durfte sie die Kleine ins Bett bringen. Wallner und Vera schauten zur Sicherheit noch einmal zu Katja ins Zimmer. Aber es war alles bestens und Katja zufrieden mit der fast sechzigjährigen Dame, die künftig auf sie aufpassen sollte, wenn weder Wallner noch Vera im Haus waren.
    Der schwierige Teil des Abends stand noch bevor: Manfred. Kurz bevor Frau Burger gekommen war, hatte er unbedingt einkaufen gehen müssen. Als sie alle drei aus Katjas Zimmer zurück in die Küche kamen, saß er am Tisch und starrte Frau Burger durchaus verwundert an.
    »Hallo, da bist du ja«, eröffnete Wallner, bemüht aufgeräumt, das Gespräch. »Herr Wallner, mein Großvater. Das ist Frau Burger, von der wir dir erzählt haben.«
    Manfred sah Wallner an, als verstehe er nicht ganz.
    »Frau Burger«, sagte Wallner. Immer noch bestens gelaunt, auch wenn sich bereits ein Hauch von Ungeduld in seinen Ton verirrt hatte. »Die Dame, die sich ein bisschen um Katja kümmern wird.«
    »Ah, die!«, sagte Manfred und kniff die Augen zusammen. »Die hätt ich jetzt gar nicht mehr erkannt. Wahrscheinlich liegt’s dran, dass ich meine Brille verlegt hab.«
    »Aber du kennst die Frau Burger doch gar nicht«, sagte Vera, ebenfalls betont freundlich und fürsorglich im Ton. »Ich meine, du würdest sie auch mit Brille nicht wiedererkennen.«
    »Ist denn die Frau Burger nicht mit mir verwandt?«
    »Wieso soll sie mit dir verwandt sein?«
    »In letzter Zeit sind alle möglichen Leut mit mir verwandt, wo ich’s gar net gewusst hab.« Er beugte sich zu Frau Burger hin. »Er da«, gemeint war Wallner. »Er ist mein Enkel, haben sie mir neulich gesagt. Das hab ich gar net gewusst.«
    »Manfred! Was redest du da?« Wallner sah fassungslos zu Vera, die gleichermaßen konsterniert war.
    »Ich mein, das hätten sie mir auch vorher sagen können.«
    »Das hat man Ihnen sicher mal gesagt. Aber vielleicht haben Sie es vergessen. Das kommt vor«, sagte Frau Burger. Eine gewisse Routine im Umgang mit Demenzpatienten sprach aus ihren Worten. »Meine Mutter hat sogar vergessen, dass ich ihre Tochter bin.«
    »Das hätten Sie Ihrer Mutter sagen sollen. Dann wär’s klar gewesen. Wenn Sie heimkommen, machen Sie es gleich, gell!«
    »Meine Mutter ist leider vor einem Jahr verstorben.«
    »Macht nix«, sagte Manfred. »Irgendwann haut’s an jeden vom Stangerl. Wo ist denn jetzt meine Brille hi’kemma, zefix!« Manfred stand auf und suchte die Küche ab.
    »Ich versteh nicht, was heut mit ihm los ist«, flüsterte Wallner Frau Burger zu.
    »Ich versteh das sehr gut«, flüsterte sie zurück. »Es ist oft so, dass es die Angehörigen zuletzt bemerken. Aber das ist normal, weil man täglich zusammen ist und die Veränderung nicht so mitbekommt. Ich kann Ihnen die Nummer der Neurologin geben, die meine Mutter behandelt hat.«
    »Mein Großvater ist weit davon entfernt, Alzheimer zu haben. Das müssen Sie mir glauben.«
    »Wenn Sie es sagen. Sie kennen ihn ja besser.« Sie lächelte ihn an, und Wallner hatte den Eindruck, als würde Frau Burger auch ihn selbst wie jemanden behandeln, der Probleme mit der Realität hat. Manfred

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