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Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht

Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht

Titel: Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Amber
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erwünscht.
    Aber immerhin hatte man sie ja gebeten, vorbei zu kommen. Mutig stieg sie die Stufen empor und zog die Klingel. Es dauerte eine Weile, bis die Tür geöffnet wurde, dann erschien das Gesicht eines ältlichen Hausmädchens und fragte nach ihren Wünschen.
    „Mr. Chrestle bat mich, einmal vorbei zu schauen. Ich bin Pianistin, mein Name ist Violet Burke.“
    Die Miene des Hausmädchens zeigte unverhohlenen Unglauben, sie zog die dünnen, blonden Augenbrauen in die Höhe und erklärte Violet, dass sie warten solle. Damit schloss sich die Tür wieder vor ihr zu.
    Was für ein Empfang. Man ließ sie wie eine Bettlerin auf der Straße stehen. Violets Zuversicht sank in sich zusammen und sie überlegte, ob Mr. Barney am Ende Unsinn geredet hatte. Hatte es eine Verwechslung gegeben? Oder war die ganze Sache einfach nur eine boshafte Falle? Wollte er sie wieder auflaufen lassen, wie damals im Green Palace, wo sie für einen Hungerlohn hatte spielen müssen? Tat er das, um ihr zu beweisen, dass sie nicht in der Lage war, sich durch ihre eigene Arbeit über Wasser zu halten? Damit sie endlich auf sein hinterhältiges Angebot einging, ein Zimmer für sie zu mieten?
    „Kommen Sie bitte herein!“
    Die hohe Eingangstür hatte sich fast geräuschlos wieder geöffnet und dieses Mal war das Hausmädchen beflissen, ihrem Gesicht den Ausdruck von Freundlichkeit zu geben. Was ihr nur schlecht gelang und eher wie eine schief verzogene Grimasse aussah.
    Sie führte Violet in eine Halle, deren Fußboden mit grauem und rötlichem Marmor ausgelegt war, auch die Halbsäulen, die man an den Wänden angebracht hatte, bestanden aus dem gleichen Material. Die hohen Fenster waren mit dunkelroten Samtportieren verhängt, sodass nur wenig Licht in den Raum drang, doch Violet konnte den seidigen Glanz der Tapeten wahrnehmen und die goldgerahmten Gemälde, die vermutlich englische Landschaften und Porträts darstellten. In der Mitte des Raumes führte eine breite, mit rotem Teppich belegte Treppe in die oberen Stockwerke.
    Staunend betrachtete Violet den düsteren, geradezu königlich ausgestatteten Raum, erst als ihre Blicke dem geschwungenen Lauf der Treppe folgten, entdeckte sie auf der Galerie einen älteren Mann. Er stand unbeweglich und sah zu ihr hinunter.
    „Ich freue mich, Miss Burke. Wie schön, dass Sie unsere Bitte so rasch erfüllen konnten.“
    Seine Stimme war kräftig, doch ohne Wärme, und als er jetzt die Treppe zu ihr nach unten lief, schienen nur seine Füße sich zu bewegen, während sein Körper merkwürdig steif blieb. Sie erkannte ihn sofort wieder. Mr. Chrestle war groß und hager, sein ergrautes Haar war streng nach hinten gekämmt und die blauen Augen lagen tief in den Höhlen.
    „Oh, ich habe mich über die Komplimente Ihrer Gattin sehr gefreut und wäre glücklich, ihr einen Dienst erweisen zu können. Ich hoffe, Mrs. Chrestle ist wohlauf?“
    Er betrachtete sie so intensiv, dass sie sich unbehaglich fühlte. War etwas an ihr nicht in Ordnung? Ach, vielleicht war es das neue Ausgehkleid, das er der armen Pianistin wohl nicht zugetraut hatte.
    „Nun, meine Frau leidet hin und wieder unter melancholischen Stimmungen. Sie hat viel Kummer erlebt, Miss Burke. Aber heute geht es ihr zufriedenstellend – vielleicht liegt es an dem sonnigen Wetter.“
    „Das freut mich sehr, Mr. Chrestle. Ja, es ist wirklich schön heute.“
    Wie er wohl bemerken konnte, dass die Sonne scheint, dachte Violet. Wo doch alle Vorhänge zugezogen sind.
    „Sie wird sich sehr freuen, Sie zu sehen und – wenn möglich – ein paar Stücke zu hören. Wenn es Ihnen recht ist, dann gehen wir gleich zu ihr.“
    „Aber gern.“
    Er stieg die Treppe hinauf, und das Dienstmädchen eilte geschäftig an ihnen vorüber, um den Besuch anzumelden. Violet staunte, wie leise dieses Haus war. Die Teppiche auf dem Steinboden dämpften jedes Geräusch, keine Holzdiele knarrte, keine Treppenstufe knackte, nur die dicken Samtportieren vor den Türen im Obergeschoss bewegten sich leicht, als wehe ein unmerklicher Windhauch durch den Flur.
    Das Zimmer, in dem Mrs. Chrestle sie empfing, war ebenso düster wie die Halle, denn auch hier hatte man die Vorhänge nicht geöffnet. Es war ohne Zweifel ein Raum, der für eine Lady ausgestattet war, Violet entdeckte einen zierlich gearbeiteten, eingelegten Frisiertisch mit geschwungenem Spiegelaufsatz und eine kleine Sitzgruppe aus georgianischer Zeit. Die Wände waren übersät von Gemälden und gerahmten Fotos,

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