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Schwarze Rosen

Schwarze Rosen

Titel: Schwarze Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Giuttari
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Staatspolizei dahinterzuklemmen. Dann rannten sie mit langen Sätzen in das Gebäude, um die Räume in Augenschein zu nehmen. In der buchstäblichen Totenstille. Der Commissario hatte ihnen den Fall übertragen, der vorläufig als »Mutmaßliche Leichenschändung durch unbekannten Täter« geführt wurde.
    Beide waren sie groß und hatten eine sportliche Figur, doch Sergi hob sich auf den ersten Blick durch seinen dichten Vollbart hervor. Der Bart verdeckte eine alte Narbe, ein Andenken an einen Schusswechsel mit einigen Kriminellen von der Sacra Corona Unita, der apulischen Mafia, der sich vor beinahe zehn Jahren in einem verrufenen Viertel von Bari, Sergis vorherigem Dienstort, ereignet hatte. Pino Sergis eklatante Ähnlichkeit mit der von Al Pacino verkörperten Filmfigur hatte ihm den Spitznamen »Serpico« eingetragen.
    Die beiden Beamten arbeiteten schon seit einigen Jahren als feste Partner zusammen. Wenn es darum ging, Drogenhändler zu enttarnen, spielten sie vor den Süchtigen und Kleindealern gern den guten und den bösen Cop, wobei Sergi natürlich der böse war. Er machte dann einen auf knallhart, auf brodelnder Vulkan kurz vor dem Ausbruch, während sein Kollege mit den breiten Schultern und dem massigen Brustkorb den gutmütigen Riesen gab, der ihn beruhigte und die vorläufig Festgenommenen auf freundliche Art davon überzeugte, die Wahrheit zu sagen. Dieser alte Trick funktionierte immer wieder, es sei denn, sie hatten es mit ausgekochten Mafiosi zu tun. Denen konnte man nichts vormachen.
    Nachdem die Tatortbesichtigung abgeschlossen war, wurden sie in das Büro des für die Cappelle Verantwortlichen geführt, wo ein durchdringender Geruch nach Moder und Desinfektionsmitteln sie empfing. Eine Neonröhre an der Decke warf ein kaltes Licht auf die weißen Wände und den Linoleumboden. Die Einrichtung war spartanisch: ein abgenutzter Holzschreibtisch und ein paar Metallstühle.
    Ein kleiner, stämmiger Mann erwartete sie. Alessandro Vannucci sagte aus, dass er den Schnitt im Gesicht der Toten, die am Vortag in der onkologischen Abteilung des Krankenhauses verstorben sei, gegen sieben Uhr morgens entdeckt habe. Als die Leichenhalle um sechs Uhr am Abend zuvor geschlossen worden sei, sei kein Angehöriger der fünf zurzeit dort ruhenden Toten darin zurückgeblieben. Das Gebäude sei die ganze Nacht über, bis zu Vannuccis Ankunft am Morgen, vom Personal der vertraglich verpflichteten Sicherheitsfirma bewacht worden.
    Sergi notierte sich die Personalien der Verstorbenen, den Namen der Sicherheitsfirma sowie den der Reinigungsfirma und bat darum, sich die Aufnahmen der Überwachungskamera ansehen zu dürfen, die ihm bei der Inspizierung aufgefallen war. Sie war über der Tür angebracht, die die Büroräume von der eigentlichen Leichenhalle trennte. Doch auch das blieb ein ergebnisloser Vorstoß, denn die Kamera war nicht aktiv oder vielmehr schon seit Monaten kaputt, und niemand hatte sich bisher darum gekümmert, sie zu reparieren.
    Die beiden Kriminalbeamten gingen mit dem widerlichen Geruch in der Nase hinaus.
    Und einem Gedanken: In Florenz finden noch nicht einmal die Toten Ruhe.
    Derweil recherchierte Ispettore Riccardo Venturi eifrig am Computer. Er war das wandelnde historische Gedächtnis der Squadra Mobile und wusste trotz seiner erst zweiunddreißig Jahre bestens über alle Fälle und Vorfälle in der Stadt und über sämtliche polizeilichen Untersuchungen Bescheid. Außerdem war er ein Informatikexperte, ein wahres Genie, weshalb ihn seine Kollegen gern den »Hexer« nannten. Darüber musste er lächeln, auch wenn es ihn im Grunde mit Stolz erfüllte und er nicht oft zu Scherzen aufgelegt war.
    Als er die Neuigkeit vom Commissario erfahren hatte, hatte er sogleich an die Sommersonnenwende gedacht.
    Ein kurzes Nachforschen im Internet hatte ihm bestätigt, dass sie in diesem Jahr exakt auf null Uhr siebenundfünfzig am einundzwanzigsten Juni gefallen war.
    Ein Zufall? Er wusste, dass dies ein wichtiger, ja magischer Moment in vielen Überlieferungen und Volksbräuchen war, deren Wurzeln über die Jahrhunderte zurückreichten.
    Venturi druckte ein paar Seiten aus und fuhr mit seinen Recherchen fort.
    6
    Die Uhr auf dem Schreibtisch zeigte elf Uhr sechs an.
    Der Commissario hatte gerade Sergis letzten Bericht zu Ende gelesen und gegengezeichnet, den er anschließend an die Staatsanwaltschaft weiterleiten würde. Er nahm die Brille ab und steckte sie in die Brusttasche des Jacketts.
    »Einer

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