Schwarze Rosen
weniger, der da draußen sein Unwesen treibt«, murmelte er und fuhr sich mit der Hand durch die schwarzen Haare mit den leicht ergrauten Schläfen.
Der Bericht betraf die Festnahme eines albanischen Kriminellen, der der Zuhälterei und des Drogenhandels verdächtigt wurde. Nachdem sie ihn einen Monat lang beschattet hatten, war es ihnen endlich gelungen, ihn am gestrigen späten Abend vor einer Bar an der Piazza Santa Maria Novella auf dem Fahrrad anzuhalten. Bei der Leibesvisitation hatten sie eine halbautomatische Pistole mit ausgestanzter Seriennummer und über zweihundert Gramm reines Heroin bei ihm gefunden.
Die Operation war nach der zigsten Observation von Sergi und seiner Einheit erfolgreich abgeschlossen worden. Eingeleitet worden war sie, wie so oft, von einer vertraulichen Information aus dem Milieu. Ein junger, selbst drogenabhängiger Dealer, dessen Name sowie Hinweise auf seine Identität der Bericht sorgfältig verschwieg, hatte bei dem Ispettore »gesungen«, um Strafmilderung zu erhalten. Das klassische do ut des , auf das die Ermittler häufig zurückgriffen, um an sonst unzugängliche Informationen heranzukommen.
»Ausgezeichnete Arbeit!«, bemerkte Ferrara und fügte an Venturi gewandt, der gerade hereingekommen war, mit einem bitteren Lächeln hinzu: »Diese kriminellen Albaner haben sich jetzt auch bei uns ins Drogengeschäft eingeschaltet. Zuhälterei und Frauenhandel hat ihnen nicht mehr gereicht.«
»Tja, Commissario, wo Geld zu holen ist … Das war eigentlich zu erwarten. Hoffen wir nur, dass wir ihn nicht morgen oder übermorgen schon wieder auf der Straße sehen«, erwiderte Venturi.
Ferrara nickte nur.
In der Tat war die Ausweitung der kriminellen Interessen gewisser Banden, insbesondere der albanischen, in Florenz und anderen Städten Mittel- und Norditaliens vorauszusehen gewesen, da dort italienische Mafiaorganisationen fehlten, die ihnen einen Riegel vorschoben. Nicht umsonst waren Regionen wie Sizilien und Kalabrien immun dagegen.
»Capo, ich habe Ihnen ein bisschen Material aus dem Internet zusammengestellt«, sagte der Ispettore und legte mit der einen Hand die frisch ausgedruckten Seiten auf den Schreibtisch, während er mit der anderen einige Zeitungsausschnitte hinüberreichte. »Das sind Artikel, die ich in den Presseschauen des Präsidiums der letzten Jahre gefunden habe«, erklärte er.
Der Commissario nahm sie und legte sie beiseite. »Die lese ich später. Sag mir gleich, ob du etwas Relevantes gefunden hast!«
»Nichts, das speziell unseren Fall beträfe. Es gibt keine ähnlichen Vorkommnisse, jedenfalls nicht in den Akten. Aber ich wollte Ihnen die Berichte trotzdem zeigen, weil sie sich auf seltsame Ereignisse beziehen, von denen einige während der Sommersonnenwende passiert sind …« Er führte aus, was er erfahren hatte.
»Gut gemacht, Venturi. Doch vorläufig wollen wir an die Gegenwart denken. Sobald du von Sergi die ersten Daten über sämtliche Personen hast, die im Umfeld der Cappelle zu tun haben, werte sie schnellstens aus. Wir müssen alles über sie in Erfahrung bringen, ebenso über die Familie der Toten. Man darf noch nichts ausschließen.«
»Natürlich, Chef«, gab der Ispettore knapp zur Antwort. Es drängte ihn offensichtlich, ans Werk zu gehen.
Wieder allein, widmete sich der Commissario den laufenden Vorgängen, dem alltäglichen Papierkram. Bei einigem davon ging es um seine Mitarbeiter, um Bewertungen, Arbeitszeugnisse, Urlaubsanträge und Ähnliches. Verwaltungspflichten, die ständig aufwendiger wurden und reingar nichts mit den Ermittlungen zu tun hatten, aber von ihm als Leiter der Squadra Mobile erledigt werden mussten. Sicher, sein Sekretär, Sovrintendente Nestore Fanti, hatte jedes Formular nach Ferraras Weisungen mit gewohnter Sorgfalt vorbereitet, besonders was die Punktzahlen für die Mitarbeiterbewertung anging, doch dem Commissario oblag es, alles zu prüfen, die Begründungen zu formulieren und seine Unterschrift darunterzusetzen, mit der er die Verantwortung übernahm.
Er schwor sich, den ganzen Vormittag über nicht von seinem Schreibtischsessel aufzustehen.
7
Sie hatten fast eine Stunde gebraucht, um den Stadtteil Campo di Marte mit dem Fußballstadion zu erreichen, so dicht war der Verkehr auf den Hauptstraßen.
Gefolgt von Ricci, flitzte Sergi mit eingezogenen Schultern unter dem Regen hindurch auf eine dreistöckige Villa zu. Er klingelte, und gleich darauf schnappte die Haustür auf. Sie wurden erwartet.
Die
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