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Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
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kurz beim Einwickeln der Waffe inne und schaute stirnrunzelnd an die Decke, als durchforste sie angestrengt ihr Hirn. »Es war in einer Metallschatulle«, murmelte sie nachdenklich. »Ich wollte nicht, dass etwas drankommt, ja? Damals dachte ich ja noch, ich könnte es dir wieder zurückgeben. Das hatte ich eigentlich vor. Ich wollte mein Wort halten.«
    »Und jetzt?«
    »Die Dinge ändern sich, nicht? Ich glaube schon.«
    Glaubte ich auch. Für mich hatten sich die Dinge grundlegend geändert. In diesem ganzen Schlamassel hatte ich mich doch immer an die Hoffnung geklammert, mein Buch irgendwie wieder zurückzubekommen, und nun musste ich einsehen, dass ich mir das endgültig abschminken konnte. Das Buch war hin, unwiederbringlich, und ich Idiot hatte es selbst zerstört. Noch vor ein paar Stunden hatte ich eifrig Fluchtpläne geschmiedet. Nun musste ich fürchten, Venedig womöglich nicht mehr lebend zu verlassen.
    Gott sei Dank hatte ich meine Zigaretten. Ich weiß nicht, ob ich das alles ohne durchgestanden hätte, und Graziella schien es ganz ähnlich zu ergehen.
    Ich zog eine Zigarette aus der Schachtel und legte sie zusammen mit dem Feuerzeug mir gegenüber auf die andere Seite des Tischs. »Deine Hände zittern«, sagte ich, bemüht, das Beben in meiner Stimme zu unterdrücken, während ich an meiner Kippe zog. »Und wenn du vorhast, mich zu erschießen, dann wäre es mir lieber, wenn der erste Schuss gleich ein Treffer ist. Ich möchte nicht mehr als unbedingt nötig davon mitbekommen.«
    Ich beobachtete, wie sie meine Worte wog wie vorhin die Pistole. Misstrauisch beäugte sie die Zigarette, verzog grüblerisch die Lippen und beobachtete dann, wie mir der Rauch aus den Nasenlöchern quoll. Schließlich, wohl nachdem sie sich vergewissert hatte, dass ich nicht vorhatte, mich quer über den Tisch auf sie zu stürzen, trat sie näher und steckte sich die Zigarette in den Mund, dann nahm sie das Feuerzeug. Eine Flamme flackerte auf, mit der sie sich die Zigarette anzündete, und automatisch inhalierte sie den Rauch. Und in dem Moment wendete sich das Blatt.
    Ihre Augen wurden erst ganz schmal und dann groß und rund vor Schreck, während sie mich fragend ansah. Ein kleines Rauchwölkchen entstieg ihrem Mund. Die unangezündete Zigarette fiel ihr aus den Lippen, und mit ihr eine Kaskade weißen Pulvers, als hätte sie an einer Puderzuckerschachtel genuckelt. Sie ließ die Pistole auf den Boden fallen und fuhr sich mit der Hand an den Hals, zerrte an der Haut und stieß ein furchtbares Röcheln aus, als drohte sie zu ersticken. Dann taumelte sie nach hinten und krachte in die Küchenschränke, tastete panisch nach dem Wasserhahn, den sie aufdrehte, um sich dann gierig das Wasser in den Mund zu schaufeln.
    Das schien mir eine günstige Gelegenheit, aufzustehen und die Pistole an mich zu nehmen, was ich dann auch tat, wobei ich rasch meine Zigarette auf dem Boden austrat.
    Graziella drehte sich vor der Spüle stehend herum, mit puterrotem Gesicht, während ihr eine zähflüssige Paste aus Pulver und Wasser übers Kinn lief. Verzweifelt schnappte sie nach Luft, dann gaben ihre Beine nach, und sie schaute mich flehentlich an, als hoffte sie auf irgendeine Erklärung.
    »Ganz ruhig«, sagte ich. »Am besten atmest du durch die Nase. Das geht vorbei. Ein kleiner Muskelkrampf, hervorgerufen durch eine simple chemische Reaktion. Je eher du dich entspannst, desto schneller ist es vorbei.«
    Das schien sie mir nicht zu glauben, und ich konnte es ihr nicht verübeln. Die Zigarette, die ich ihr untergeschoben hatte, gehörte zu den Scherzartikeln aus Victorias Waffenarsenal. Ich hatte sie im letzten Moment eingesteckt, ehe ich Alfreds Hotelzimmer verlassen hatte. Womöglich war das Ding tödlich, aber das bezweifelte ich. Victorias Selbstverteidigungsaccessoires waren dazu gedacht, einen Gegner außer Gefecht zu setzen, und nicht, ihn ins Jenseits zu befördern, weshalb ich gewettet hätte, diese Zigarette bildete da keine Ausnahme.
    Wobei ich nicht die geringste Ahnung hatte, wie lange die Wirkung vorhielt, und es schien mir nicht gerade der beste Zeitpunkt, hierzubleiben und der Sache auf den Grund zu gehen.
    Schnell packte ich ihren schlaffen Arm und drückte ihr die Pistole in die Hand, wobei ich besonderen Wert darauf legte, einen rundum guten, deutlichen Abdruck zu bekommen. Ich legte ihren Zeigefinger um den Abzug, zerrte ihren Arm herum und richtete die Waffe auf die andere Seite des Zimmers. Dann drückte ich mit

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