Schwarze Schilde
nutzte seine königliche Macht skrupellos aus und nahm, was er haben wollte, ob es sich nun um Körbe, Decken oder andere Dinge handelte. Hauptsächlich jedoch verlangte er Lebensmittel. Die königlichen Beamten tobten und rauften sich die Haare, als sie sahen, wie viel die Menschen und Tiere verzehrten. Tonnenweise Mehl, Trockenfleisch und Früchte wurden aus den Vorratshäusern getragen. Erstaunliche Mengen Futter verschwanden aus den Silos. Ganze Kagga- und Quilherden wurden geschlachtet, um die hungrigen Krieger zu speisen. Hael wies darauf hin, dass diese Männer einen unbeschreiblich langen Marsch hinter sich hatten, um König Pashir zu helfen, und daher berechtigt waren, sich alles zu nehmen, was sie brauchten. Außerdem erklärte er den Beamten, dass sie sich notfalls auch mit Gewalt Zutritt zu den Lagerhäusern verschaffen konnten. Die geplagten Männer sahen das schließlich ein.
Während sie ritten, wurde das Land immer zivilisierter, dichter besiedelt und bedeutend wohlhabender. Die Städte waren von hohen Mauern umgeben, und sie überquerten die Flüsse auf breiten Steinbrücken. Die Krieger bestaunten diese Bauwerke und wollten zuerst nicht glauben, dass sie von Menschenhand errichtet worden waren. Sie starrten die Schreine an, die man den Göttern entlang der Straße errichtet hatte und glaubten, die bunt bemalten Figuren im Inneren seien winzige Lebewesen.
Schon bald gewöhnten sie sich an die fremden Eindrücke und ritten an einem riesigen Standbild vorüber, ohne auch nur ein zweites Mal hinzusehen. Und nachdem die Städter den ersten Schrecken überwunden hatten, drängten sie herbei, um diese unerwartet aufgetauchte und nicht bedrohliche Armee aus nächster Nähe zu bestaunen. Besonders die Frauen brannten darauf, sich die gutaussehenden Krieger anzuschauen.
»Die Männer sind recht unbedeutend«, sagte einer der Offiziere zu Hael. »Kein Wunder, dass die Frauen richtige Männer wie uns anziehend finden.«
»Wir haben keine Zeit zum Schäkern«, erklärte Hael. »Wenn der Kampf vorüber ist, zweifele ich nicht daran, dass sich die nevanischen Frauen so gastfreundlich erweisen, wie es sich ein heißblütiger junger Krieger nur wünschen kann.«
»Das ist einer der Gründe, weshalb wir hier sind«, sagte der Offizier, ein Amsi, der unglaublich stolz auf seine langen schwarzen Haare war, in die er winzige Silberglöckchen und kleine silberne Muscheln geflochten hatte, die Händler aus dem Süden verkauften.
»Die anderen Gründe lauteten: Kämpfen und Plündern«, setzte Hael hinzu. »Von allen werdet ihr in Kürze genug bekommen.«
Drei Tage, ehe sie Kasin erreichten, wurde Hael von einem königlichen Boten aufgehalten. Nachdem der Mann sicher war, den König der Steppe vor sich zu haben, händigte er ihm ein Schreiben aus, auf dem das königliche Siegel prangte. »Es kam gestern Morgen, mit einem der schnellsten Kutter. Wir erhielten vier Abschriften, die entlang der Wege geschickt wurden, die Ihr höchstwahrscheinlich nehmen würdet.«
»Mit einem Kutter?« wunderte sich Hael. »Also ist die Flotte ausgelaufen?«
»Schon vor vielen Tagen«, antwortete der Bote.
»Was hat das zu bedeuten?« wollte Jochim wissen, als sich der Bote entfernt hatte.
»Ich weiß es nicht. Vielleicht möchte Pashir, dass ich sofort nach Floria eile, um auf dem Landweg anzugreifen, während er vom Meer aus zuschlägt.«
»Eine Stadt belagern?« fragte Jochim. »Das haben wir doch noch nie gemacht. Wir sind gekommen, um auf dem freien Schlachtfeld zu kämpfen.«
Hael erbrach das Siegel und entfaltete den Brief.
›König Hael, lauteten die ersten Worte, ›Eure alte Freundin, Prinzessin Shazad, grüßt Euch.‹
»Wer ist das?« unterbrach ihn Jochim.
»Pashirs Tochter. Ich habe sie vor Jahren kennen gelernt.« Er las weiter.
›Mein Vater hat Eure Ankunft nicht abgewartet und die Flotte nach Norden beordert, in der Hoffnung, von späten Stürmen verschont zu bleiben. Wir liegen jetzt außerhalb des Hafens von Floria vor Anker. Gasams Krieger setzten mit Kanus von den Inseln über, und es sieht so aus, als könne unsere Flotte diese Boote nicht aufhalten. Da er lieber auf den Rat seiner Edelleute als auf den meinen hört, plant der König am morgigen Tag einen Angriff auf den Hafen und die Stadt. Ich halte das für einen schrecklichen Fehler und möchte Euch bitten, eilends hierher zureiten. Ich befürchte eine entsetzliche Katastrophe. Mein Vater und seine Ratgeber unterschätzen Gasam und die Anzahl
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