Schwarze Schilde
euch darf auch nur ein Wort über die Schlacht verlieren«, verkündete der Kapitän streng. »Der König wünscht Stillschweigen, bis er mit den höchsten Männern des Reiches gesprochen hat. Sollte einer von euch reden, und ich erfahre davon, wird er Gelegenheit haben, die Gekreuzigten zu beneiden. Sollte jemand Fragen stellen, werdet ihr antworten, die Prinzessin sei erkrankt und musste deshalb umkehren.«
Als das Schiff vertäut war, verließ der König seine Kabine und kletterte in die Sänfte, von seinen Leib Wächtern abgeschirmt. Dann gingen sie an Land, und die Bewaffneten sorgten dafür, dass neugierige Passanten auf Abstand gehalten wurden. Harakh ging neben der Sänfte her, und Pashir redete durch die geschlossenen Vorhänge beunruhigt auf ihn ein.
»Meine Tochter!« stöhnte der König. »Was ist mit meiner kleinen Shazad?« Es hörte sich an, als rede er über ein Kind.
»Sie wurde gefangen genommen«, sagte Harakh zum hundertsten Mal. »Als man sie fortbrachte, war sie anscheinend unverletzt. Zweifellos werdet Ihr bald eine Lösegeldforderung erhalten, Hoheit.«
»Ich zahle jeden Preis, um sie zurückzubekommen. Mein Kind!« Dann verlor seine Stimme den kläglichen Tonfall. »Sie war die einzige vernünftige Ratgeberin, die ich je hatte. Aber ich hörte auf die Narren! Die Götter mögen mich ob meiner Narretei verfluchen!«
Harakh fühlte sich ein wenig besser. Vielleicht war doch noch etwas von dem alten Pashir übrig geblieben.
»Nun, sie rettete Euch auf jeden Fall das Leben«, meinte er. »Vielleicht hat sie auch das Königreich gerettet. Sie hätte fliehen können, aber sie stürzte sich mitten ins Kampfgetümmel, um Euch zu helfen, und sie hatte nur die verrückten Kriegerinnen als Schutz. Mir befahl sie, Euch unter allen Umständen in Sicherheit zu bringen.« Er wusste, dass es nicht schaden konnte, den König daran zu erinnern, dass er die Prinzessin von Anfang an zu schätzen gewusst hatte – und dass sie ihm zum Dank dafür vertraute. Ihr Versprechen, ihn zum General zu machen, hatte er nicht vergessen.
»Ich muss sie zurückhaben«, wiederholte der König.
Als sie den Palast erreichten, verließ er die Sänfte und bat Harakh, auf ihn zu warten. Die Diener waren verblüfft, gehorchten aber selbstverständlich allen Anweisungen. Zuerst musste Pashir wieder sein königliches Äußeres herrichten, dann sollte der Rat zusammengerufen werden. Besser gesagt, das, was vom Rat noch lebte und nicht in Floria gefangen genommen worden war.
Während er ein Bad nahm und an dem mit Schmerzmitteln versetzten Wein nippte, dachte der König nach. Wie sollte er weitermachen? Würde Shazads List mit den Priestern noch einmal gelingen? Es war einen Versuch wert. Er wollte sie herbeirufen lassen. Wenn es nicht glückte, litt die Glaubwürdigkeit der Priester und nicht die seine.
Er war sicher, dass ein paar der hochrangigen Edelleute einen Umsturz versuchen würden, wenn sie merkten, wie schwach er war. Also musste er sie festnehmen lassen, ehe sie wussten, wie ihnen geschah. Hinrichtungen waren noch nicht erforderlich. Er durchforschte seine Erinnerung nach Männern, denen er besondere Vollmachten einräumen konnte. Es mussten Männer sein, deren Glück eng mit dem seinen verknüpft war, und die unter einem anderen König in Ungnade fallen würden. Nun, davon gab es genügend. Er würde auch Harakh in seiner Nähe behalten, denn der Mann hatte seine Treue bereits bewiesen.
Wie lange konnte er die Stimmung in der Stadt vor dem Umschlagen bewahren? Dann fiel ihm Hael ein. Befand sich der Junge schon in seiner Nähe? Er sah ihn immer noch als den jungen Burschen vor sich, der vor vielen Jahren eine Weile in seinem alten Palast gewohnt hatte. Wenn der junge König unerwartet mit seinen berittenen Wilden auftauchte, konnte das den Mut der Bürger beträchtlich anfachen. Er würde Reiter nach Südosten schicken. Wenn sie Hael begegneten, sollten sie ihn zur Eile antreiben. Wenn Hael überhaupt unterwegs war …
Vier Stunden später verließ Pashir seine Gemächer, und Harakh gesellte sich zu ihm. »Zum Sitzungssaal«, befahl der König. Jetzt, nachdem er gebadet hatte, Haare und Bart frisch gefärbt waren, er saubere Kleidung trug und eine gute Mahlzeit verzehrt hatte, wirkte Pashir fünfzehn Jahre jünger als noch vor wenigen Stunden. Harakh staunte über die Veränderung und hoffte, sie würde von langer Dauer sein. Er hatte inzwischen die Uniform der königlichen Leibgarde und einen vergoldeten
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